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Der polnisch-deutsche „Krieg" mit Steinbach, Westerwelle und Merkel

FDP-Vorsitzender Westerwelle wird leider als „Guido Größenwahn" belacht

Von B. John Zavrel

 

Die BdV-Präsidentin Erika Steinbach wird wegen ihres großen Engagements für Anliegen der Vertriebenen, Recht und Freiheit sowie die Völkerverständigung nach dem Zweiten Weltkrieg wegen ihres Mutes zuweilen mit der französischen Nationalheldin Jeanne d'Arc verglichen. Die blonde Deutsche mit dem strahlenden Blick ist Bundes-Außenminister Guido Westerwelle und seinen polnischen Freunden in Warschau ein „Dorn im Auge." Die aparte Frau weiß im politischen Wirken jedoch viele Millionen Deutsche auf ihrer Seite.

Foto: wikipedia

 

Berlin/Warschau (pbp) Die hitzige deutsch-polnische Debatte über ein „Zentrum gegen Vertreibung" in Berlin hat zum Jahresanfang 2010 böse Formen angenommen, die Kritiker bereits mit einem „verbalen Krieg" zwischen Polen und der Bundesrepublik Deutschland beklagen. Der heftige Streit geht darum, dass Konservative in Polen und vor allem der deutsche Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) mit allen Mitteln verhindern wollen, der CDU-Politikerin Erika Steinbach einen Sitz im Stiftungsrat zuzubilligen. Dies würde dem deutsch-polnischen Verhältnis schaden, da Steinbach in Warschau „sehr unbeliebt" sei, wird argumentiert.

Die deutsche Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach ist seit 1998 Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV). Dieser Organisation und Steinbach selbst ist es zu verdanken, dass im Jahr 2000 die Stiftung „Zentrum gegen Vertreibungen" (Wiesbaden) gegründet wurde. In einem Dokumentationszentrum soll nicht nur der Vertreibung von rund 15 Millionen Deutschen seit 1944 gedacht, sondern auch Vertreibungsverbrechen anderer Staaten dokumentiert werden. „Unrecht bleibt Unrecht, von wem immer es begangen worden sei", betont Steinbach. Eine solche Gedenkstätte soll nach dem Willen des BdV zur Vergangenheitsbewältigung und zur Versöhnung der Menschen beitragen.

 

Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigt Führungsschwäche

Die Kontroverse wirft auch ein schiefes Licht auf Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie zeigt in diesem Zusammenhang politische Führungsschwäche. Ihre bisher gepflegte Taktik des Schönredens, Ignorierens und Abwartens findet bei der deutschen Wählerschaft immer weniger Verständnis.

Hinzukommt, dass in den christlichen Parteien CDU und CSU (in Bayern) sich Politiker getrauen, den Koalitionspartner FDP wegen der Querschüsse Westerwelles zu kritisieren. Hinter der politischen Kulisse der Union ist man nach Angaben informierter Kreise sogar empört darüber, „dass sich Regierungschefin Angela Merkel vom kleinen Koalitionspartner wie ein Bär an der Nase" vorführen lasse. Der deutsche Außenminister und FDP-Chef wird wegen seiner Kampagne gegen den Bund der Vertriebenen mitunter bedauerlicher Weise als „Guido Größenwahn" belacht.

 

Tatsächlich gibt es jedoch keinen Grund zum Lachen. Der Streit schürt nämlich alte Vorurteile deutscher Bürger gegen die „Pollacken" und polnischer Bürger gegen die angeblichen „Nazis" in der Bundesrepublik. Die so genannte schweigende Mehrheit der Deutschen steht offensichtlich auf der Seite von Erika Steinbach. Deutschland, das ein solches Zentrum finanziert (weil andere Staaten wie Polen, Tschechien, Slowakei. Rumänien, Bulgarien weder Geld noch Interesse hätten) müsse auch frei entscheiden können. Eine Bevormundung der Deutschen in der Steinbach-Frage werde auch weitere negative Auswirkungen auf das Verhältnis zu den neuen Staaten der Europäischen Union (EU) haben, befürchten Befürworter einer Völkerverständigung.

 

Würde Präsident Obama sagen: „Amerika den Kubanern ?"

Zur Erinnerung: Bei der Osterweiterung der EU im Jahre 2004 wurden keine versöhnenden Vorschläge der Vertriebenen aufgegriffen. Die SPD-geführte Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder (1998 bis 2005) hatte ihr Verhältnis zu den Vertriebenen und deren Nachkommen eingefroren. So bemühte sich die BdV-Präsidentin Steinbach erfolglos, die Osterweiterung mit der Bedingung zu verknüpfen, dass die völkerrechtlich umstrittenen „Bensch-Dekrete" gegen Sudetendeutsche in der damaligen Tschechoslowakei aufgehoben werden müssten. Und dann kam die CDU-Politikerin Angela Merkel in das Kanzleramt. Sie hatte mit dem SPD-Koalitionspartner den SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier übernommen. So konnte er öffentlich ungestört, die SPD-Politik unter christlicher Kanzlerschaft und gegen die Vertriebenen fortsetzen.

Im Jahr 2010 „schießt" nun der neue Koalitionspartner FDP in der Person den Parteivorsitzenden und Bundesaußenministers gegen die Vertriebenen. Auf Mäßigungsbemühungen von Kanzlerin Merkel wartet die Öffentlichkeit vergeblich. Guido Westerwelle stellt sich auf die Seite polnischer Forderungen anstatt der Verpflichtung seines Amtseides zu folgen, Deutschland zu dienen. Das Verhalten sei so, als wenn US-Präsident Barack Obama proklamieren würde: „USA den Kubanern" statt zu sagen: „Amerika den Amerikanern", wundern sich interne Kritiker.

 

 

© PROMETHEUS 151/2010

PROMETHEUS, Internet Bulletin - News, Politics, Art and Science. Nr. 151, January 2010