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Sonnensucht, Solarien, Jugendliche und Haut-Krebs

Nettekoven: Gefahren erkannt, Ratschläge jedoch weltweit kaum befolgt

 

Von bpb-Korrespondent Joe F. Bodenstein

 

Ein gespenstisches Foto: Junger Mann mit UV-Schutzbrille im Solarium. Falscher Schönheitswahn und Sucht nach sonnengebräunter Haut bringen immer mehr Jugendliche in die Gefahr an Hautkrebs zu erkranken.

© Foto DKH/Marco-VG

 

 

Berlin/Bonn (bpb) „Solarien und Krebs" ist ein internationales Problem in den Industriestaaten. Die Gefahren von UV-Strahlen bei Sonne und künstlicher Bestrahlung im Sonnenstudio wird zwar erkannt, Ratschläge werden jedoch kaum befolgt. So steigt die Gefahr von Hautkrebs der verschiedenen Arten ständig. Dies gilt nicht nur für Deutschland, sondern in allen westeuropäischen Staaten und den USA. In der Bundesrepublik hat von den rund 14 Millionen Solariennutzern zwischen 18 und 45 Jahren mehr als ein Viertel bereits im Alter von 10 bis 17 Jahren mit dem künstlichen Bräunen begonnen.

Das hat eine aktuelle bevölkerungsbezogene Umfrage zur Solariennutzung in Deutschland, die „SUN-Study 2008", ermittelt. Sie wurde im Auftrag der Deutschen Krebshilfe und der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention (ADP) e. V. durchgeführt. Eine bittere Erkenntnis: Von den Benutzern wird das Hautkrebsrisiko in Kauf genommen. Daher ist es verständlich, dass bei Gesundheitspolitikern der Ruf nach einem Verbot der Solarien für Jugendlich immer stärker wird.

„Vielen Solariennutzern scheint gebräunte Haut offenbar so wichtig zu sein, dass sie wissentlich ein erhöhtes Hautkrebsrisiko in Kauf nehmen", erklärt Gerd Nettekoven, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe e.V, bei der Vorstellung der Studie an 26. November 2008 in Berlin. Professor Dr. Eckhard W. Breitbart, zweiter APD-Vorsitzender, warnt: „Wer vor dem 35. Lebensjahr mit der Solariennutzung beginnt, verdoppelt nahezu sein Risiko, später an dem gefährlichen ‚Schwarzen Hautkrebs' zu erkranken."

Die Umfrage zeigt nach Angaben von Nettekoven: Der Aufklärungsbedarf zum Thema UV-Schutz in Solarien ist nach wie vor hoch." Um die Jugendlichen zu schützen, fordern die Deutsche Krebshilfe, die APD und die Strahlenschutzkommission gemeinsam ein gesetzliches Solarien-Nutzungsverbot für unter 18-Jährige." Kontrollen des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) der letzten Monate zeigen: Auf freiwillige Vereinbarungen mit den Sonnenstudios ist kein Verlass. Für unter 18-Jährige gibt es nach wie vor Zugang zu den Studios. Eine Beratung über Hauttyp und UV-Risiken finde kaum statt, wird beklagt.

Unbeirrt von der Uneinsichtigkeit vieler Frauen und Männer informieren und beraten die Deutsche Krebshilfe und die ADP weiter. „Wir möchten insbesondere junge Eltern über die Risiken der UV-Strahlung aufklären, denn diese Generation ist bereits selbst mit dem Sonnenstudio aufgewachsen", sagte Nettekoven. „In Zukunft werden wir dabei insbesondere die Kinderärzte aktiv mit einbinden. Denn sie genießen bei den Eltern ein hohes Vertrauen."

„Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir Eltern gut für die Gesundheitsvorsorge bei ihren Kindern gewinnen können, wenn wir an ihre Vorbildfunktion appellieren", ergänzt Dr. Herbert Grundhewer, Mitglied des Ausschusses für Prävention und Frühtherapie des Berufsverbandes der deutschen Kinder- und Jugendärzte. „Wir wollen deshalb gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe und der ADP die Eltern direkt in der pädiatrischen Praxis auf das Thema Hautkrebs-Prävention ansprechen." Konkret ist auch die Entwicklung eines ärztlichen Fortbildungsprogramms zum Thema „Hautkrebs-Prävention von Anfang an" geplant.

 

Europäisches Engagement wird fortgesetzt

Die Deutsche Krebshilfe wird das internationale Engagement gegen den Krebs verstärken. Bisher setzen die Krebshilfe, die ADP, das BfS und das Bundesumweltministerium der deutschen Bundesregierung (BMU) darauf, dass eine Vereinbarung auf freiwilliger Basis mit den Vertretern der Solarienindustrie zu einem Umdenken in den Sonnenstudios führen würde. „Aber auch fünf Jahre nach Erstellung der freiwilligen Vereinbarung werden die Mindeststandards in den meisten Sonnenstudios immer noch nicht erfüllt", bedauerte Dr. Rüdiger Greinert, Generalsekretär der europäischen Gesellschaft zur Prävention von Hautkrebs (EUROSKIN).

Die Grundlage für die freiwillige Regulierung von Sonnenstudios in Europa ist der von internationalen Experten erstellte „Code of Practice for Artificial Tanning". Als Mindeststandards zur Sicherheit für die Nutzer gelten ein Verbot der Nutzung von Solarien für unter 18-Jährige, eine Beschränkung der Bestrahlungsstärke in Sonnenstudios, der Schutz vor Sonnenbränden, ausgebildetes Personal, das Verbot von Münz-Solarien, ein Verzicht auf Bräunungsbeschleuniger und keine Werbung mit möglichen biopositiven Effekten.

Zu therapeutischen Zwecken darf UV-Strahlung nur in Kliniken oder in ärztlichen Praxen eingesetzt werden. Zudem weist der „Code of Practice" darauf hin, dass die Deckung des Vitamin-D-Bedarfs nicht durch den Besuch von Sonnenstudios gewährleistet werden soll. „Diese Mindeststandards können aus unserer Sicht in Deutschland und Europa nur auf gesetzlichem Wege verankert werden", so Greinert. Die zusätzliche UV-Exposition in Solarien ist aus medizinischer Sicht ein großes Problem: „Wir können uns heute schon ausrechnen, wie viel mehr Hautkrebsfälle wir in den nächsten Jahren sehen werden, wenn wir jetzt nicht reagieren", warnt Breitbart.

Die Pressesprecherin der Deutschen Krebshilfe. Dr. Eva M. Kalbheim wies auf die umfangreichen kostenlosen Informationsangebote der Krebshilfe hin. Dazu gehören auch Ratgeber, Präventionsfaltblätter und Plakate zu den Themen „Solarien" und Hautkrebs-Prävention und Hautkrebsfrüherkennung", sagte die Ärztin. Sie können bei der Deutschen Krebshilfe e. V., Postfach 1467, 53004 Bonn, oder im Internet unter www.krebshilfe.de kostenlos bestellt werden.

Früherkannt ist Hautkrebs fast zu 100 Prozent heilbar, erklärte Kalbheim. Jedes Jahr erkranken in Deutschland rund 140.000 Menschen neu an Hautkrebs, mindestens 22.000 davon am besonders gefährlichen Malignen Melanom, dem so genannten Schwarzen Hautkrebs. Dieser führt bei rund 3.000 Betroffenen jährlich zum Tode. Die sehr viel häufigeren auch als „weißer Hautkrebs" bezeichneten Hautkrebserkrankungen (das Basalzellkarzinom und das spinozelluläre Karzinom) bilden selten. Metastasen und sind früh erkannt heilbar.

 

Tag und Nacht in Deutschland: Krebsforschung. Der führende private Geldgeber für die Forschung ist die Deutsche Krebshilfe. Sie leitet die Spenden der Bürger an die einst von Mildred Scheel gegründete gemeinnützige Organisation zielgerecht und schnell an Projekte von Forschung und Praxis weiter.

© Foto DKZ/Marco-VG, Bonn

 

Deutsche Krebshilfe fördert Forschung mit 2,8 Millionen Euro

Die Präsidentin der Deutschen Krebshilfe, Prof. Dr. Dagmar Schipanski, sorgt dafür, dass es nicht nur bei guten Ratschlägen und Warnungen bleibt, sondern Krebskranken direkt geholfen und die Forschung zur Überwindung von Krebs vorangetrieben wird. So fördert die Deutsche Krebshilfe allein einen neuen nationalen Forschungsverbund in Deutschland mit 2,8 Millionen Euro aus Spendengeldern der Bürger. Forschungsziel sind neue Therapieverfahren gegen den schwarzen Hautkrebs. Forschungsergebnisse stellt die Krebshilfe auch für die Internationale Zusammenarbeit bereit.

Im Rahmen des bundesweiten Verbundprojekts „Molecular Mechanisms of Development and Progression of Malignant Melanoma" wollen die Wissenschaftler diejenigen Mechanismen in den Krebszellen identifizieren, die für die Tumorausbreitung und das anschließende Anwachsen gestreuter Tumorzellen verantwortlich sind. Denn gerade diese Metastasen machen den schwarzen Hautkrebs so gefährlich. „Nur wenn wir die grundlegenden zellulären Regulationsmechanismen verstehen, ist es möglich, neue Medikamente zu entwickeln, um das Krebswachstum dauerhaft zu stoppen", erklärt Frau Professor Dr. Anja Bosserhoff vom Institut für Pathologie der Universität Regensburg. Sie ist Sprecherin des Forschungsverbunds.

Im Rahmen dieses Projekts werden elf universitäre Kliniken und Institute in Berlin, Bonn, Essen, Heidelberg, Jena, Köln, Lübeck, Regensburg, Rostock, Tübingen und Würzburg eng zusammenarbeiten. „Alle Arbeitsgruppen sind seit langem in der Melanom-Forschung aktiv und haben bereits maßgeblich zu neuen Erkenntnissen auf diesem Gebiet beigetragen", sagte Bosserhoff. (10.12.08)

 

 

© PROMETHEUS 138/2008

PROMETHEUS, Internet Bulletin - News, Politics, Art and Science. Nr. 138, December 2008