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Die Villa Massimo in Rom heute und gestern

EKS-Delegation in Italien auf den Spuren der Antike

 

Von B.John Zavrel

 

Die Villa Massimo in Rom liegt in einer gepflegten Parkanlage mit altem Baumbestand. Das dichte Blätterdach sorgt im heißen italienischen Sommer für wohltuende Kühle. Unser Bild zeigt eine Teilansicht des Hauptgebäudes.

© Foto Marco, Bonn

 

Rom/New York (bpb) Die Villa Massimo in Rom hat einen legendären Klang. Die heutige Kultureinrichtung der Bundesrepublik Deutschland ist für junge bildende Künstler nach wie vor eine höchstbegehrte Adresse dafür, dort eine Zeit als staatliche Stipendiaten zu leben. Das Haus hat eine bewegte Geschichte. Heute ist es schwerer denn je, in diesem Institut einen Studienplatz zu erhalten. Es untersteht im Auftrag von Bundeskanzlerin Angela Merkel dem Auswärtigen Amt in Berlin. Für die breite Öffentlichkeit ist das mit Millionen Euro geförderte Projekt jedoch nicht so bekannt, wie es die Villa Massimo verdienen würde.

Im Rahmen der Informationsreisen „Auf den Spuren der Antike" der Europäischen Kultur Stiftung hat eine EKS-Delegation im März die Villa Massimo in Rom besucht. Die Einrichtung geht auf eine Stiftung des jüdischen Geschäftsmannes und Mäzen Eduard Arnhold aus Berlin zurück. Er erwarb im Jahr 1910 das 36.000 qm große Gelände aus dem ehemaligen Besitz der Fürstenfamilie Massimo. Bis 1913 ließ Arnhold das Haupthaus, eine weiträumige, repräsentative Villa, sowie zehn moderne Ateliers erbauen. Die reich mit antiken Skulpturen und Replikaten ausgestattete Anlage schenkte er dem preußischen Staat.

Diese Ateliers mit Wohnungen für die jährlich jeweils zehn Stipendiaten sind in ihrer ursprünglichen Form noch vorhanden. Ihnen galt das besondere Interesse der EKS-Gäste, zumal dort Künstler wie Gerhard Marcks (Köln), Hermann Blumenthal, Felix Nussbaum, Arno Breker (Paris), Karl Schmidt-Rottluff, Max Pfeiffer-Wattenphul, Ernst-Wilhelm Nay, Hans-Jürgen Kallmann, Mathias Padua und Waldemar Grzimek in den 30er Jahren vorübergehend lebten.

Auch heute, im Jahr 2009, bewohnt jeder Stipendiat wie ursprünglich geplant ein im Reihenhaus-Stil gebautes Atelier. Im Rahmen der umfassenden Renovierung der Villa Massimo vor dem Amtsantritt 2002 des derzeitigen Akademie-Direktors Dr. Joachim Blüher wurden die Gebäude auf Hochglanz gebracht. Die geräumigen Ateliers mit Oberbeleuchtung sind viele Jahrzehnte nach ihrem Entstehen noch als sehr modern anzusehen. Sie sind zweckmäßig ausgestaltet in einer Qualität, die sich die jungen, noch unbekannten Stipendiaten nach ihrer Rückkehr in die Heimat kaum werden leisten können.

Die Accademia Tedesca Roma Villa Massimo ist mit Mythen und Legenden verwoben. Der italienische Diktator Benito Mussolini habe dort Boccia gespielt, erzählen alteingesessene italienische Bewohner dieses Viertels. Der „Duce del Fascismo" („Führer des Faschismus") hatte es von seinem prächtigen Wohnpalast nicht weit in die Villa Massimo.

 

Vize-Direktorin Ute Brunn von der Akademie Villa Massimo in Rom (rechts) mit EKS-Kurator Sigurd K. Kuepper vor dem Hauptportal der Villa Massimo. Der Besuch im März in Rom fand bei strahlendem Wetter unter südlicher Sonne statt.

© Foto: Marco, Bonn

 

Der bekannteste Stipendiat wurde der Bildhauer Breker

Wer als junger Künstler in der Villa Massimo vor 1945 ein Stipendium erhielt, musste höchste qualitative Anforderungen erfüllen. Die Aufnahme als Stipendiat war in der deutschen Kunstwelt gleichzusetzen wie etwa mit der Anerkennung, die heute Hollywood-Stars mit der Verleihung eines Oscars erzielen.

Von den Stipendiaten, darunter auch einige Frauen, wurde der Bildhauer Arno Breker der bekannteste Künstler des 20. Jahrhunderts. Seine Meisterschaft in der klassischen Tradition der bildnerischen Darstellung erregte bei den Mächtigen seiner Zeit großes Interesse von Generalissimus Franco in Spanien (ein Freund von Salvador Dalí), über Mussolini in Italien bis zum kommunistischen Diktator Josef Stalin in Moskau. Sie alle wollten den „deutschen Michelangelo" mit Aufträgen in ihren Hauptstädten bedenken. Doch Breker blieb nur einem Auftraggeber treu: Adolf Hitler.

 

Ein Spielball der Politik

Die Villa Massimo hatte wiederholt unter der politischen Entwicklung in Europa zu leiden. Im Zusammenhang mit dem ersten Weltkrieg war das Institut ab 1915 bis1928 geschlossen. Eine Blüte erlebte das Haus unter Prof. Herbert Gericke von 1928 bis 1938 und seinem Nachfolger Dr. F. Willis. Von 1942 bis Mitte 1943 wurde die Anlage Sitz und Offizierscasino der Deutschen Luftwaffe von Reichsminister Hermann Göring.

Im Kriegsjahr 1943 wurde die Villa Massimo nach der Invasion von US-Soldaten beschlagnahmt. Die Alliierten fühlten sich im Gebäude offensichtlich wohl. Sie stellten es unter ihre Verwaltung und enteigneten damit die Deutschen. Erst 1956, in der Amtszeit des ersten deutschen Bundeskanzlers Konrad Adenauer, wurde die Akademie wieder frei gegeben. Der einstige Stipendiat Arno Breker schuf eine eindrucksstarke Bildnisbüste von Adenauer. Ein Exemplar steht in der Konrad-Adenauer-Stiftung, die als politische Stiftung mit staatlicher Hilfe sich um Festigung und Verbreitung der Demokratie bemüht.

 

Sachkundige Führung durch Vize-Direktorin

Die EKS-Delegation wurde in Rom von der Vize-Direktorin Frau Ute Brunn geführt. Das Interesse galt der aktuellen Arbeitsweise der Institution sowie der Kulturpolitik. Andererseits informierten die Gäste über das Wirken der privat finanzierten Europäischen Kultur Stiftung und des Museums Europäische Kunst Schloss Nörvenich (Kreis Düren) im Bevölkerungsreichsten Bundesland Nordhrein-Westfalen. EKS-Vorstandssprecher Joe F. Bodenstein kündigte an, dass künftig in Museums-Vorträgen die Besucher von Schloss Nörvenich über die Villa Massimo informiert würden. „Das persönliche Erleben vor Ort befähigt viel besser dazu, über Existenz und Wirken dieser hoch angesehenen Institution zu berichten", sagte Bodenstein.

 

 

© PROMETHEUS 142/2009

PROMETHEUS, Internet Bulletin - News, Politics, Art and Science. Nr. 142, April, 2009