Home | Alexander Order | Latest News


 

Staat gibt mehr Geld für Bayreuth und die Wagner-Fans

Eva Wagner-Pasquier und Katharina Wagner wollen den „Musikladen" umkrempeln

 

Von B John Zavrel

 

Neues Gespann in Bayreuth: Die beiden Halbschwestern Eva Wagner-Pasquier und die jüngere Katharina Wagner (rechts) wollen neue Wege gehen. Sie haben die Führung in Bayreuth von ihrem Vater Wolfgang Wagner übernommen.

Foto:press-pool

 

 

Bayreuth/Berlin/New York (mea) Mehr staatliches Geld für den Richard-Wagner-Kult in Bayreuth ist in Sicht. Die deutsche Bundesregierung und der Freistaat Bayern wollen ihre Finanzzuschüsse für die wohl Welt bekannteste Musik-Festspielstadt erhöhen. Bei einem glanzvollen Empfang in der Bayerischen Landesvertretung in Berlin verkündete Bundeskanzlerin Angela Merkels Kulturstaatsminister Bernd Neumann im Juni, dass der Bund seine Zuschüsse für Bayreuth 2010 auf 2,3 Millionen Euro erhöhen werde. Auch Bayern will die bisherige Förderung des „Grünen Hügels" merklich steigern.

Neumann meinte, der als „grüner Hügel" weltweit bekannte Ort sei der „deutsche Olymp" und müsse auch von denjenigen erpilgert werden können, denen „der Geigenbogen nicht in die Wiege gelegt wurde". Wohlwollende Zuhörer beim Festakt waren Bayerns Kulturminister Wolfgang Heubisch (FDP) und die junge Intendantin Katharina Wagner. Gemeinsam mit ihrer Halbschwester Eva Wagner-Pasquier will sie im Zweiergespann neuen Wind in das Projekt Wagner bringen. Nach 57 Jahren ist die Ära Wolfgang Wagner zu Ende. In Bayreuth fand der Generationswechsel statt. Die Frage, ob es künftig mehr Eintrittskarten für alle gibt, bleibt weiter offen. Vor allem US-Amerikaner würden gerne nach Bayreuth pilgern, wenn es nur Eintrittskarten zu erschwinglichen Preisen gäbe.

 

Wie sich das Verhältnis der beiden Wagner-Halbschwestern letztlich entwickeln wird, ist ungewiss. Skeptiker befürchten, dass sich das blonde Duo „zu Kriemhild und Brunhild" entpuppen könnte. Offen ist auch die Frage, wer welchen Part spielen wird. Das Rumoren hinter den Kulissen von Bayreuth ist jedoch eine Begleitmelodie, seit es die Festspiele gibt.

 

Eindrucksvolle Büste von Cosima Wagner in Bayreuth. Arno Breker hat das Meisterwerk geschaffen. Künftig soll ein Schild unter der Bronze auf die angeblichen „Verstrickungen Arno Brekers" in der Nazi-Zeit hinweisen.

© Foto wikipedia

 

Und immer wieder NS-Vergangenheit

Mit der Deklaration von Kulturstaatsminister Neumann ist zunächst einmal der Mantel der Geschichte etwas über die Nazi-Vergangenheit der Festspiele gedeckt worden. Dass Adolf Hitler größter Förderer in der Geschichte Festspiele und Helfer von Winifred Wagner war, soll vergessen sein. Das gilt auch für die „Führer-Treue" der einstmals „hohen Frau von Bayreuth". Ebenso vergessen soll sein, dass das Musik-Genie zu den großen Antisemiten seiner Zeit gezählt habe.

Doch kein Wagner-Spektakel ohne Widersprüche. Trotz allem Willen zu einem Neuanfang unter weiblicher Intendanz, soll es diesmal einem ganz unschuldigen Künstler an den Kragen: nämlich dem Bildhauer Arno Breker. Er hat die grandiosen Büsten von Richard Wagner, Cosima Wagner und Franz Liszt gestaltet, die im öffentlichen Park um das Festspielhaus stets Bewunderung der internationalen Gesellschaft finden. Zur NS-Vergangenheitsbewältigung des jungen Wagner-Clans ist geplant: „Kleine Schildchen an den Bayreuther Richard- und Cosima-Büsten von Hitlers Liebling Arno Breker sollen ab diesem Sommer auf die nationalsozialistische Verstrickung des Bildhauers hinweisen", berichteten deutsche Medien. Dabei gibt es von Breker im Gegensatz zu Wagner keinerlei antisemitischen Äußerungen. Außerdem möchten sich die Festspiele in Zukunft um eine „lückenlose Dokumentierung" ihrer Geschichte kümmern. In dieser Frage stünden bei ihrem Vater Wolfgang und bei ihr „alle Türen offen", sagte Katharina Wagner. Diese blieben in 50 über Jahren der Intendanz von Wolfgang Wagner geschlossen.

 

Internationale Bewunderung findet auch die Büste Franz Liszt von Arno Breker in Bayreuth. Der berühmte Komponist aus Ungarn war Schwiegervater Wagners. Das öffentliche Kunstwerk soll künftig durch ein „Hetzschild" gegen den Bildhauer verunglimpft werden.

© Foto wikipedia

 

Wie dem auch sei: Eröffnet werden die 98. Richard-Wagner-Festspiele am 25. Juli mit Christoph Marthalers "Tristan und Isolde" von 2005. Hierzu werden erneut zahlreiche Männer und Frauen aus Politik, Showbiz und Wirtschaft erwartet. Bundeskanzlerin Angela Merkel zählt zu den Stammgästen. Für Sie sind stets Freiplätze reserviert", heißt es Backstage.

Die Opposition im Deutschen Bundestag zieht kräftig mit. Es ist auch im Wahljahr immer gut, sich bei nationalen Kulturereignissen sehen zu lassen. Für Bayerns Staatsführung ist Präsenz bei den Festspielen Pflicht, schon aus touristischen Gründen. Auch Bundespräsident Horst Köhler wird in Bayreuth erwartet. Die NS-Zeit endete auch für das deutsche Staatsoberhaupt 1945, also vor 64 Jahren.

Des Weiteren auf dem Spielplan in Bayreuth: "Die Meistersinger von Nürnberg", "Parsifal" sowie die Tetralogie "Der Ring des Nibelungen", ebenfalls in Wiederaufnahmen. Eine Neuinszenierung steht erst 2010 wieder auf dem Programm. Dann will Hans Neuenfels den "Lohengrin" neu in Szene setzen.

 

 

© PROMETHEUS 144/2009

PROMETHEUS, Internet Bulletin - News, Politics, Art and Science. Nr. 144, June 2009