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Krebspatienten brauchen seelische Hilfe und Zuneigung

Deutsche Krebshilfe finanzierte wichtige Studie--Erkenntnis über psychische Probleme

Von Parlamentskorrespondent Joe F. Bodenstein

 

Die Deutsche Krebshilfe finanzierte den Kampf gegen die Volkskrankheit Krebs sowie die umfangreiche Forschungsförderung ausschließlich aus Spendengeldern. Damit blieb sie unabhängig von der Pharmaindustrie sowie der Werbung. Die Solidarität der Spender ist die Voraussetzung für das gesundheitspolitische Engagement und die individuelle Hilfe. Das Foto zeigt Krebshilfe-Hauptgeschäftsführer Gerd Nettekoven (rechts) bei einer Benefiz-Aktion des Handballs in Deutschland.

Foto: Marco-VG

 

Berlin/Washington (bpb) Kranke benötigen generell Zuneigung und Hilfe zur Förderung ihrer Genesung. Dies gilt umso mehr für Krebs-Patienten. Sie benötigen „seelische Hilfe", sagen deutsche Krebsexperten und Wissenschaftler. Grundlage dieser wichtigen Erkenntnis ist eine umfassende Untersuchung, die der Deutschen Krebshilfe (German Cancer Aid) zu verdanken ist. Die von der Röntgenärztin Dr. Mildred Scheel 1974 gegründete gemeinnützige Organisation hat die wissenschaftliche Erhebung mit 648.000 Euro gefördert. ( www.krebshilfe.de ) Damit wurden Spendengelder aus der Bevölkerung zweckdienlich eingesetzt. Doch nicht nur den Betroffenen in Deutschland und Europa nützt die Studie. Durch ihre Veröffentlichung 2014 im US-Fachmagazin „Journal of Clinical Oncology" (Boston) ist das Wissen einer breiten internationalen Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden.

Angst, Anpassungsschwierigkeiten und Depressionen: Das sind die drei häufigsten psychischen Probleme, mit denen Krebspatienten zu kämpfen haben. Jeder Dritte ist davon betroffen, fanden die Wissenschaftler heraus. In Deutschland wurden bundesweit über 4.000 Patienten zwischen 18 und 75 Jahren befragt. Krebspatienten benötigen generell auch „seelische Hilfe". Dabei spielt die Tumorart eine wichtige Rolle auch bei psychoonkologischer Behandlung.

Studienkoordinatorin war Prof. Dr. Anja Mehnert von der Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie des Universitätsklinikums Leipzig. Sie berichtet: „Durchschnittlich 32 Prozent aller von uns im Rahmen von klinischen Interviews befragten Krebspatienten benötigten psychoonkologische Hilfe." Ein Teil der Patienten habe sogar mit mehr als einer psychischen Störung zu kämpfen. Etwa sechs Prozent der Befragten litten unter zwei verschiedenen Störungen, während bei eineinhalb Prozent der Teilnehmer sogar drei oder mehr Störungen diagnostiziert wurden.

 

Wichtiger Therapie-Zweig

Die psychologische Betreuung von Krebspatienten hat sich zu einem wichtigen Therapiezweig entwickelt. Denn eine Krebserkrankung ist ein einschneidendes Erlebnis: Ängste, Hilflosigkeit, Beklemmungen und Kontrollverlust treten ein. Das Gefühl der Sicherheit sowie Vertrauen nehmen ab. Unbehandelte psychische Störungen können sich auch negativ auf den Erfolg der medizinischen Therapie auswirken.

Das Spektrum der psychologischen Belastungen von Krebspatienten ist groß. Häufigste Begleiter einer Krebserkrankung sind Angststörungen: Angst vor der Krankheit, vor der Therapie, vor der Möglichkeit des Sterbens. Jeder siebte Studienteilnehmer litt darunter. Fast jeder neunte Betroffene hatte mit Schwierigkeiten zu kämpfen, sich an die neue Lebenssituation anzupassen. Am dritthäufigsten waren depressive Störungen, jeder fünfzehnte Patient war davon betroffen. Auch körperliche Beschwerden, ausgelöst durch den Stress der Erkrankung, gehörten zum Spektrum der Störungen wie Substanzmissbrauch oder Alkoholabhängigkeit.

Besonders gefährdet waren Betroffene, die an Brustkrebs, Schwarzem Hautkrebs oder einem Tumor des Kopf- oder Halsbereiches erkrankt sind: 42 Prozent aller Brustkrebsbetroffenen benötigten psychoonkologische Hilfe, bei Kopf- oder Halstumoren waren es 41 Prozent, bei Hautkrebs 39 Prozent. Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs (20 Prozent), Magen- oder Speiseröhrenkrebs (21 Prozent) und Prostatakrebs (22 Prozent) waren vergleichsweise weniger häufig betroffen.

 

Dank und Anerkennung für Verdienste um die Krebsforschung gehören zu den Prinzipien der Deutschen Krebshilfe. Gründerin Dr. Mildred Scheel hatte vom Anfang an den Dialog der deutschen Wissenschaftler sowie die Begegnung mit internationalen Kollegen gefördert. Das Foto zeigt den Präsidenten der Deutschen Krebshilfe, Dr. h.c. Fritz Pleitgen (Mitte) bei der „Deutsche Krebshilfe Preis"- Verleihung 2014 im historischen Rathaus der Bundesstadt Bonn.

Foto: bpb-press

 

Leiter der Studie war Prof. Dr. Uwe Koch-Grumus, Dekan der Medizinischen Fakultät des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Er sagt: „Die Krebsart, an welcher der Betroffene erkrankt ist, spielt eine wichtige Rolle nicht nur bei der medizinischen Therapie, sondern auch bei der psychoonkologischen Behandlung. Auch viele andere Faktoren, wie etwa Alter oder soziales Umfeld müssen berücksichtigt werden." Daher benötige jeder Patient auch auf seelischer Ebene eine auf ihn abgestimmte individuelle Behandlung. Der Patient müsse durch Information und Beratung einbezogen werden.

Gerd Nettekoven, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe, betont: „Die psychoonkologische Betreuung ist für die Deutsche Krebshilfe ein elementarer Bestandteil einer adäquaten onkologischen Versorgung." Für eine bedarfsgerechte Versorgung fehlten in Deutschland allerdings immer noch die notwendigen Versorgungsstrukturen und deren Finanzierung. Daher seien nach wie vor Gesundheitspolitik und Kostenträger gefordert, Verbesserungen zu erzielen.

 

Hintergrundinformation: Psychoonkologie

Eine umfassende psychoonkologische Betreuung hat das Ziel, dem Betroffenen zu helfen, seine Erkrankung aktiv zu bewältigen und zu lernen, mit den Symptomen und den Therapienebenwirkungen besser umzugehen. Dabei geht es auch darum, die soziale Integration aufrechtzuerhalten oder wieder neu zu fördern. Der Krebskranke soll eine neue Perspektive für sein Leben mit oder nach Krebs bekommen. Für eine angemessene psychoonkologische Betreuung ist die enge Zusammenarbeit eines Teams von Fachkräften notwendig: Ärzte, Psychologen, Pflegende, Sozialarbeiter, Seelsorger und Physiotherapeuten. Hinzukommen sollte gegebenenfalls auch die Einbindung der Krebs-Selbsthilfe. Selbsthilfegruppen ergänzen die Leistungen des professionellen Versorgungssystems und sind unverzichtbar. Hinweis auf Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Haus_der_Krebs-Selbsthilfe

 

(4. 11. 2014)

 

 

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PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 207, November 2014