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Putin und Merkel legen in Moskau Kranz nieder

Gedenken an die das Kriegsende 1945--Deutsche als Vorbild in der Versöhnungsarbeit

Von Korrespondent B. John Zavrel

 

Russlands Präsident Wladimir Putin (rechts) und Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel am 10. Mai 2015 bei der Kranzniederlegung am Denkmal des unbekannten Soldaten an der Kreml-Mauer in Moskau. Merkel, die sich stets zum transatlantischen Bündnis bekannt hat, will jedoch auch ein friedliches und konstruktives deutsch-russisches Verhältnis. Sie hatte im der Kommunismus in Russland studiert. Daher spricht sie auch die Landessprache. Putin wiederum beherrscht Deutsch. Sprachprobleme gibt es somit nicht.

Foto: Presspool

 

Moskau/Berlin (bpb) Der Russische Präsident Wladimir Putin und Bundeskanzlerin Angela Merkel haben am 10. Mai in Moskau Kränze am Sowjet-Denkmal des unbekannten Soldaten im Moskau niedergelegt. An der monströsen Militärparade am Vortag nahm Merkel aus Protest gegen Russlands Ukraine-Politik nicht teil. Ansonsten war sie jedoch erneut bereit, 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges wieder einen Kniefall der Reue und der Bitte um Verzeihen für das zu machen, was den Deutschen von allen Siegermächten vorgeworfen wird.

An den Siegesfeiern in Moskau nahmen die USA nicht teil. Unter den Staatsoberhäuer waren ausschließlich jene Länder repräsentiert, die sich mit der kommunistischen Sowjetunion seit jeher verbunden fühlten. Darunter Kuba, China, Indien, Ägypten und Delegationen aus Ländern der gegenwärtigen Russland-Sympathisanten. Nach internationalen Medienberichten ließ Putin eine Siegesparade präsentieren, die als „„die bisher größten Siegesfeiern in Russland" bezeichnet wurde. Das Aufgebot an Soldaten, altkommunistischen Kriegsveteranen und „modernste Waffen" sei spektakulärer als in der kommunistischen Sowjetunion gewesen.

Putin hat es nach Beobachtern verstanden, durch diese propagandistische Schau die alten National-Gefühle der russischen Bevölkerung zu beleben und den Mythos der „heldenhaften, siegreichen Sowjetarmee" weiter aufzubauen. Von der internationalen Politik war weder Kritik an diesen öffentlichen Feiern zu hören noch irgendein Hinweis auf die verschwiegene Fakten: Ohne die fundmentale US-Unterstützung 1944/1945 für Stalins fast geschlagene Sowjetarmee, hätte es keine Beteiligung am Sieg gegeben. Die Amerikaner hatten nicht nur Waffenhilfe geleistet und modernstes Kriegsmaterial geliefert sondern auch Lebensmittel für die fast verhungernden Sowjetsoldaten. Von dieser erfolgreichen Waffentreue gegen Deutschland ist in Russland Putins keine Rede mehr.

 

Prachtvolle Siegesparade 2015 in Moskau: Neue Panzer für Putin. Zum Kriegsende vor 70 Jahren wurde vor allem der „siegreichen Sowjet-Armee" gedacht. Der Militärkult der kommunistischen Stalin-Zeit erlebte eine Auferstehung. Die jungen Russen, die lange nach 1945 geboren scheinen begeisterte Soldaten zu sein. Sie wollen ein großes, stolzes und erfolgreiches Russland. Und das möglichst als eine Weltmacht.

Foto: press-pool

 

 

16.000 Soldaten und Waffenschau

Bei der Siegesparade in Moskau nahmen nach Medienberichten 16.000 Soldaten teil. Unter dem gezeigten Waffenarsenal von modernster Kriegsausrüstung seien 200 Panzer, Raketenträger und ungezählte Kampfflugzeuge gewesen.

Dazu war u.a. in einer deutschen Zeitung zu lesen: „ Statt Trauer und Erinnerung an den Tod von Millionen nicht nur russischen Menschen die größte Waffenschau in der modernen Geschichte des Landes wie Spielzeugfiguren aufzufahren, dazu gehört mehr als "militärischer Stolz" oder "metaphysische Selbstbespiegelung", wie der Schriftsteller Viktor Jerofejew meint. Das ist böse und will böse sein."

Vorbild im Büssen, Kriegsgedenken und zahlen

Für Bundeskanzlerin Angela Merkel mag die Teilnahme in Moskau nicht leicht gewesen sein. Doch des lieben Friedens und der Versöhnung willen ist sie gereist. Nach in offiziellen deutschen Medien nicht veröffentlichter Meinung wohl der Mehrheit Deutscher werden die permanenten Bittgänge der Regierungschefin als eine Demütigung aller deutschen Bürger empfunden. Immerhin gehört Merkel zu einer Nachkriegs-Generationen, die nicht zu den Tätern gezählt werden kann. Die nachgeborenen Generationen sind es nach eigenem Bekunden leid, immer wieder in Sippenhaft genommen zu werden für Vorkommnisse lange vor ihrer Geburt.

Dass nach wie vor die Siegermächte (vor allem in Osteuropa) ausschließlich die Schuld an Krieg und Kriegsverbrechen den Deutschen zuweisen, kann die „schweigende Mehrheit" in der Bundesrepublik Deutschland weiterhin nicht akzeptieren. Die Millionen von Heimatvertriebenen und Flüchtlingen, die sich seit Jahrzehnten um Versöhnungsarbeit vor allem mit Polen, Tschechen, der Slowakei und Russland bemühen sind auf diesem Gebiet ein Vorbild. Sie sind auch ein Vorbild darin, die große Mitschuld der NS-Zeit immer wieder zu bekennen und zu bedauern. Mehr noch: Die finanziellen Wiedergutmachungsleistungen an durch NS-Deutschland geschädigten Menschen geht in die Milliarden. Das Bemühen deutscher Heimatvertriebener ist, dass das 21. Jahrhundert ein „Jahrhundert der Versöhnung und Aussöhnung aller an den zwei Weltkriegen in Europa beteiligten Völker" wird. 70 Jahre ohne Kriege in Europa solle ein richtiger Anfang für eine europäische Zukunft ohne Kriege sein. Das möge auch der Auftrag aller Völker an ihre Staatsmänner sein: nicht mit dem Dämon Krieg zu spielen.

 

(Moskau, 11. Mai 2015)

 

 

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PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 213, May 2015