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Erzherzog Karl von Habsburg fordert mehr Schutz für Welt-Kulturgüter

EU-Politiker diskutierten Maßnahmen gegen Plünderung und Vernichtung

 

Von bpb-Korrespondentin Sandrine Woelffel

 

Weltkulturerbe für immer verloren: Die größte der beiden riesigen Buddha-Statuen von Bamiyan (Afghanistan) vor und nach der Zerstörung. Das linke Foto ist aus dem Jahr 1963, das rechte aus dem Jahr 2008. Sie war 53 Meter.

Foto: Wikipedia

 

Straßburg (bpb) Einen verstärkten Schutz von Welt-Kulturgütern gegen Plünderung und Vernichtung haben EU-Politiker auf einem Treffen im Europa Parlament in Straßburg gefordert. Die Gruppe war aus Anlass der Paneuropa-Sitzung am 8. September 2015 zusammengetroffen, um der Frage nachzugehen „Geschichte und Kultur: Konfliktstoff oder Bindeglied ?" Übereinstimmend forderten sie eine effektivere internationale Zusammenarbeit bereits bei der Verhinderung von Konflikten, die letztlich zur Vernichtung des kulturellen Erbes der Menschheit führen.

Auf Einladung von Österreichs EU-Abgeordneter Paul Rübig debattierten Erzherzog Karl von Habsburg-Lothringen in seiner Eigenschaft als Präsident von „Blue Shield" und Präsident der Paneuropabewegung Österreich und der Bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle vor geladenen Gästen. Karl von Habsburg-Lothringen stellte die Frage: Warum ist Kultur so umstritten?" Vor dem 2. Weltkrieg sei das Hauptziel klar gewesen: „Es ging um Eroberung von Grenzen und Territorien". Seither habe sich das „Primärziel" gewandelt. In der Gegenwart stünden sowohl interkulturelle und inter-ethnische als auch inter-religiöse Streitgegenstände im Mittelpunkt. „Das „Primärziel" beschränkt sich in der Vernichtung der Identität des Gegners durch die Zerstörung seines (Welt)erbes, seiner Kultur und seines Glaubens", betonte Karl von Habsburg, Der Sohn des letzten Kronprinzen der österreichisch-ungarischen Monarchie und Enkel des letzten Kaisers von Österreich.

 

Raubkunst in internationalen Auktionshäusern

Der Bayerischer Kultusminister Ludwig Spaenle zog eine Parallele zwischen NS- und DDR-Regime, die jeweils versucht hätten „alle historischen Räume auszulöschen". Es handle sich, um „Selbstfindung: die Affirmation seiner eignen Position in Raum und Zeit". Spaenle griff das generelle Thema der kriegsbedingten Raubkunst auf. Dabei erinnerte er auch an Kunstwerke, die „NS-verfolgungsbedingt entzogen" wurden.

In der Diskussion kam zum Ausdruck, dass mit Raubkunst nach wie vor auch international Geschäfte gemacht würden. Auch damit werde sie der Öffentlichkeit entzogen. Scharfe Kritik wurde daran geübt, dass eine zunehmende Anzahl von Beutekunst über große Auktionshäusern verkauft wird. Dieser Zustand sei untragbar. Dringend sei daher ein die Grenzen überschreitender „Verhaltenskodex im Bereich von Kunstverkauf", forderte Karl von Habsburg.

 

Erzherzog Karl von Habsburg sorgt sich in der Tradition seines Hauses um den Erhalt der Weltkulturen, unabhängig von Religion und Ideologie. Der Enkel des letzten österreichischen Kaisers fordert bei einer Verastaltung im Europa-Parlament mit weiteren europäischen Politikern mehr Schutz für bedrohte Welt-Kulturgüter.

Foto: Sandrine Woelffel

 

Ein Thema von brennender Aktualität

Erzherzog Karl von Habsburg und seine NGO „Blue Shield" setzen sich weltweit ein für den Schutz der materiellen sowohl wie der immateriellen Kulturgüter vor den Auswirkungen von Kriegen, bewaffneten Konflikten und Katastrophen. Die wichtigsten Aktivitäten sind dabei die Unterstützung der internationalen Zusammenarbeit sowie von lokalen und regionalen Aktivitäten im Bereich des Kulturgutschutzes. Für das „Blaue-Schild-Komitee" leitete der Kaiserenkel wiederholt „Fact Finding Missionen". Sie führten unter anderem in den Nahen Osten, um Zerstörungen und Plünderungen während der dortigen Revolutionen zu dokumentieren.

Beispiele der Vernichtung von Welterbe sind immer wieder aus den Medien zu erfahren. Dazu gehörten Sprengungen der Buddha Figuren von Bamiyan in Afghanistan, die Verwüstungen in Bagdad und jüngst in der antiken Oasen-Stadt Palmyra. Diese Zeugen der Weltkultur seien unwiederbringlich verloren, beklagte Karl von Habsburg.

Glücklicherweise wurden einige Kulturgüter rechtzeitig gerettet, wie damals die Sammlung des Nationalmuseums in Kabul, die in der Schweiz zeitweise Asyl gefunden hatte. Daraus stellt sich eine weitere Frage: soll man oder nicht Kulturgüter Dritten anvertrauen? Das kann nämlich ganz schnell problematisch werden. Dies traf den Fall der Rückgabe von Gegenständen der Synagoge von Dubrovnik, der ältesten Sephardischen Synagoge der Welt. Die Stücke waren 1993 in New York ausgestellt und konnten erst nach einem sechsjährigen Gerichtsprozess nach Dubrovnik zurückkehren. Schließlich trat 1998 eine internationale Regelungen des Auffindens von Raubkunst und Restitution an die Eigentümer oder Erben in Kraft, entsprechend der so genannten Washingtoner Erklärung.

 

(10. September 2015)

 

 

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PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 217, September 2015