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Angela Merkel 10 Jahre deutsche Bundeskanzlerin

Kritik von CSU-Chef Host Seehofer auf öffentlicher Versammlung

 

Von B. John Zavrel

 

Bundeskanzlerin Angela Merkel beim CSU-Parteitag 2015 in München. Zu ihrem 10. Jahrestag bekam sie wenig lob und kaum Beifall von den delegierten. Umso heftiger war die Kritik der CSU-Führung am falschen Kurs der Kanzlerin, die gegenwärtig in weiten Teilen der Bevölkerung nur Verachtung und Ablehnung auslöst.

Foto:Press-pool

 

Berlin/München(mea) Deutschlands Streit-Thema Nr. 1 bleibt zur Weihnachtszeit 2015 weiterhin die „Flüchtlings-Problem" genannte moslemischen Massenen-Invasion von Emigranten aus Syrien und Afrika. In den deutschen Medien ist Bundeskanzlerin Angela Merkel aktuell die umstrittenste Person, weil sie durch eine autoritäre Alleinentscheidung Personen aus islamischen Ländern die freie Einreise nach Deutschland und andere EU-Staaten genehmigte. Dadurch sind im zehnten Jahr ihrer Kanzlerschaft ihr Ansehen und ihre Glaubwürdigkeit stark gesunken. Dabei hätte sich die als „mächtigste Frau Europas" in der Auslandspresse bejubelte CDU-Politikerin sicherlich Lobeshymnen im Jubiläumsjahr erwartet.

Das Gegenteil war Ende November 2015 bei Merkels Teilnahme am CSU-Parteitag in München der Fall. CSU-Chef Horst Seehofer wurde mit einem „Rekordergebnis von 87,2 Prozent der Stimmen" als Parteischef wiedergewählt. Bundeskanzlerin Merkel war mehr aus protokollarischer Pflicht als aus Freundschaft zur CSU nach München gereist. Auf offener Bühne vor allen Delegierten sowie vor dem Fernsehen und Fotografen wurde sie von Seehofer scharf kritisiert. Er hielt ihr ausführlich vor, welche politischen Fehler sie vor allem in der Emigranten-Frage gemacht habe. Mit versteinertem Gesicht hörte sie alle Rügen offensichtlich ungerührt an. Sie Antwortete darauf gar nicht. Da reagierte sogar die Presse mitleidig. Die "Süddeutsche Zeitung" und "Bild" schrieben übereinstimmend, die Regierungschefin sei „wie ein Schulmädchen" abgekanzelt worden. Ihren Machtwillen und ihre politischen Ziele hat diese demütigende Situation jedoch nicht gebrochen. Sie blieb stur und weiterhin der Forderung von Demonstranten ausgesetzte, sie solle endlich zurücktreten.

 

Seehofer bleibt von Merkels „Botschaft" enttäuscht

Seehofer steht weiterhin als einziger führender Politiker des Regierungslagers auf der Seite der Mehrheit der deutschen Bürger, die gegen eine Masseneinwanderung der Muslime nach Deutschland und Westeuropa ist. In Zeitungen von Millionen Auflagen rechtfertigte Seehofer seine Kritik an der Regierungschefin nach deren Rede auf dem CSU-Parteitag: „Zuallererst war ich nicht von der Rede enttäuscht, sondern von der Botschaft", sagte Seehofer gegenüber der Zeitung „Bild am Sonntag". Merkel habe „keinen einzigen Satz" zum Anliegen der CSU gesagt, die Zahl der Flüchtlinge mit einer Obergrenze zu reduzieren. „Kein Zeichen der Verständigung, obwohl sie meine Position kennt."

Seehofer betonte zugleich, dass es „keinen Bruch" zwischen ihm und Merkel gebe. „Wir werden trotz mancher unterschiedlicher Position weiter gut zusammenarbeiten". CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte der „BamS": „Trotz unterschiedlicher Meinungen bleiben CDU und CSU eine starke Gemeinschaft."

Andere Zeitungen schrieben, die Bundeskanzlerin sei von der kritischen Belehrung Seehofers doch so genervt gewesen, dass sie schließlich am Ende grußlos den Saal verließ. Sie habe den Tagungsort auch durch einen Nebenausgang verlassen, um nicht wartenden Journalisten zu begegnen.

 

Pressestimmen zur Kontroverse in der Koaltion

Der "Tagesspiegel" (Berlin) beschreibt die Situation auf dem Münchner Parteitag sehr anschaulich: "Horst Seehofer hat die Rede mit verschränkten Armen verfolgt. Er steht auf und geht langsam, sehr langsam hoch zu der Frau im roten Blazer auf dem Podium. Der CSU-Chef weiß, dass er jetzt nur noch eine Möglichkeit hat. Er löst den offenen Eklat aus: 'Es geht nicht ohne Begrenzung.'

Merkel steht die ganze Zeit neben ihm. Die Kanzlerin ist ja deutlich kleiner als der CSU-Chef, sie muss zu ihm hochgucken. Ihre Nase wirkt deshalb noch trotziger erhoben, als sie vielleicht gemeint ist. Die Merkel-Raute wechselt zu verschränkten Armen." 

Für die "Bild"-Zeitung war das ein Affront. "Das kann sich Merkel nicht bieten lassen!", meint ihr Kommentator Béla Anda. "Wie ein Schulmädchen hat Horst Seehofer die Bundeskanzlerin auf seinem CSU-Parteitag behandelt. Im Verhältnis von CSU und CDU ist das ein epochales Ereignis. Angela Merkel kann sich diesen Affront nicht bieten lassen. München ändert alles!"

Auch die "Süddeutsche Zeitung" (München) fühlt sich bei Seehofers Auftritt an unangenehme Schulszenen erinnert. Souveränität sehe anders aus.  

"Seehofer hat sich nach der wackeren Rede Merkels um die Regeln der Höflichkeit nicht geschert. Er hat die Kanzlerin bei seinen langen Dank- und Mahnworten neben sich stehen lassen, als sei er der Lehrer und sie das Schulmädchen - der nun "der Angela" mitzuteilen hat, was an ihrem Referat gut war und was nicht.  

Für den Nachrichtensender n-tv ist Seehofers Kritik an Merkels Rede nicht einfach nur ein Streit zwischen Schwesterparteien, sondern deutlich mehr. Es herrsche eisige Anti-Merkel-Stimmung, stellt der Sender fest.   

Seehofer habe damit an den Machtverhältnissen gerüttelt, glaubt die "Deutsche Welle" (Berlin): Die Kanzlerin habe ihm zu folgen.  

"Seehofer saß während Merkels Rede im Saal beim Parteivolk. Als er ans Rednerpult trat, ließ er, groß gewachsener Oberlehrer, die Kanzlerin wie eine Schülerin neben sich stehen. Fast 15 Minuten lang. Auch die bewährte Raute verlor da mal den Halt.

Sie habe Großes geleistet für Deutschland und Europa, sagte Seehofer. Nur um dann klar zu machen: Merkel habe ihm zu folgen. 'Damit die Standpunkte klar sind: Integration gelingt nicht auf Dauer, wenn wir nicht zu einer Obergrenze für die Zuwanderung kommen,' sagte Seehofer und fuhr fort: 'Wir sehen uns zu diesem Thema wieder."

Die "Neue Osnabrücker Zeitung" (Osnabrück) spricht nach dem Vorfall von einem Bruch auf offener Bühne. Die Autorität der Kanzlerin werde damit angegriffen."

"Dieser CSU-Parteitag war eine schwere Niederlage, für die Flüchtlingskanzlerin und für die Christsozialen. Sie haben die CDU-Vorsitzende Angela Merkel derart eisig und geradezu ungehörig empfangen, dass man von einem Bruch auf offener Bühne sprechen kann.

CSU-Chef Horst Seehofer bestand auf Taten bei der Reduzierung des Flüchtlingszustroms. Sein Appell kam einem Ultimatum gleich. Geschmeidig hatte Merkel dem Konflikt ausweichen wollen, es hat nicht funktioniert. Aus Possen, Posen und Provokationen der CSU ist ein böser Eklat geworden. Der wird kein Intermezzo bleiben, sondern die Autorität der Kanzlerin beschädigen."  

Die Zeitung "Der neue Tag" (Weiden) aus der Oberpfalz: "Horst Seehofer im Stimmungshoch, die Kanzlerin im Umfragetief, verlassen auch von Teilen der eigenen Gefolgschaft: So verfestigt sich die Kanzlerdämmerung. Und Merkel kann nicht einmal darauf hoffen, dass die Zeit für sie arbeitet."

 

(1. Dezember 2015)

 

 

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PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 220, December 2015