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Gegen Schmerzen: Palliativ-Versorgung für Kinder und alte Menschen

Deutsche Krebshilfe hat den Weg für die Palliativmedizin geebnet und begleitet

Von Parlaments-Korrespondent Joe F. Bodenstein

 

Alte Ziele werden wahr: Die Ärztin Dr. Mildred Scheel hatte bereits bei ihrer Gründung der Deutschen Krebshilfe in Bonn das Ziel, im Kampf gegen die Volkskrankheit Krebs auch unheilbar Kranken durch medizinische Betreuung vor allem die furchtbaren Schmerzen zu nehmen. Durch Jahrzehntelanges Wirken ist auf diesem Sektor durch das neue „Hospiz- und Palliativgesetz" 2015 des Gesetzgebers ein entscheidender Schritt erreicht. Dank des visionären Engagements von Mildred Scheel kann das Ergebnis nun auch allen alten Menschen zugute kommen.

Foto: Archiv bpb

 

Berlin/Bonn (bpb) Ohne Schmerzen zu sterben, das wünschen sich grundsätzlich alle Menschen. Umfragen haben ergeben, dass man die letzte Stunde im Leben in der Familie und möglichst in der eigenen Wohnung verbringen möchte. Doch in Deutschland stirbt fast jeder zweite ältere Mensch in einer Klinik. Diese Situation soll sich durch das neue „Hospiz- und Palliativgesetz" grundlegend ändern, das der Deutsche Bundestag 2015 verabschiedet hat. Danach soll mehr Menschen ein Sterben nach eigenen Wünschen und in Würde ermöglicht werden. Die Stiftung Deutsche Krebshilfe hat mit dem Gesetz eine weitere gesundheitspolitische Forderung erreicht, die von der Ärztin Dr. Mildred Scheel bereits kurz nach der Gründung ihrer Krebshilfe-Organisation ein wichtiges Ziel war. ( www.krebshilfe.de)

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krebshilfe, Gerd Nettekoven, bewertete das von Bundestag und Bundesrat in Berlin verabschiedete Gesetz positiv. Er betont: „Besonders vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung in Deutschland wird das Thema Palliativmedizin in Zukunft wichtiger denn je. Wir leben in einer alternden Gesellschaft und die Zahl der altersbedingten, schweren Krankheiten wird weiter ansteigen. Somit auch der Bedarf nach einer würdevollen, hochwertigen und flächendeckenden Versorgung von unheilbar erkrankten Menschen."

Eine wesentliche Aufgabe der Palliativ-Versorgung ist, den Patienten Schmerzen so weit wie es geht zu ersparen. Dass trifft nach ärztlichen Angaben grundsätzlich für alle zu, auch für Kinder mit einer unheilbaren Krankreich. Mildred Scheel hatte die erste Palliativstation in Deutschland in Köln eröffnet. „Die HYPERLINK "http://www.krebshilfe.de" \o "Opens external link in new window" Deutsche Krebshilfe hat den Weg für den Auf- und Ausbau der Palliativmedizin in der Bundesrepublik von Anfang an geebnet und begleitet", erinnert Krebshilfe-Pressesprecherin Christiana Tschoepe. Mit diesem Hinweis wird das beharrliche und erfolgreiche Wirken der Deutschen Krebshilfe erneut deutlich. Sie hat sich durch die Spendentreue der solidarischen Menschen inzwischen zur größten Bürgerorganisation gegen Krebs in Europa entwickelt. „Bis heute hat die Organisation insgesamt mehr als 70 Millionen Euro in den Aufbau palliativmedizinischer Versorgungsstrukturen, Stiftungsprofessuren, in Forschungsprojekte mit palliativmedizinischen Inhalten investiert", bestätigte Tschoepe. Dazu gehören auch Akademien für die palliativmedizinische Fort- und Weiterbildung in Deutschland.

 

Die Autorin Cornelia Scheel übergibt eine von Andy Warhol gestaltete Original-Graphik „Porträt Mildred Scheel" an TV-Moderator Jürgen Domian in Würdigung seines langjährigen Engagements für die Deutsche Krebshilfe. Sein vor Jahren verstorbener krebskranker Vater war in der Klinik-Palliativstation in Köln betreut worden. Die Ehrung für Domian erfolgte in Anwesenheit des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Krebshilfe, Gerd Nettekoven (rechts) und der Schauspielerin Hella von Sinnen (links).

Foto: Marco J. Bodenstein

 

Solidarität findet das Lebenswerk von Mildred Scheel auch bei den jüngeren Generationen und damit auch die Verbesserung der palliativmedizinischen Betreuung. Ihnen ist bewusst: „Krebs kann jeden von uns treffen" und „das Alter kommt auf alle zu".

 

Was ist Palliativmedizin ?

Zu den Pionieren der Palliativmedizin gehört die Uniklinik Köln. Nach ihren Angaben gründete die Deutsche Krebshilfe bereits 1983 gemeinsam mit der Klinik für Chirurgie am Universitätsklinikum „Deutschlands erste Palliativstation". In dieser aus Spendengeldern der Bürger finanzierten "Station für Palliative Therapie" konnten die ersten Patienten stationär behandelt werden. Diese Muster-Einrichtung wurde beispielgebend für Gründung nachfolgender Stationen und ähnlicher Einrichtungen in verschiedenen Bundesländern.

Der Begriff „Palliativmedizin" klingt für die meisten Bürger fremdartig und noch nicht geläufige. Der Fachausdruck wird von Medizinern so erklärt: „Palliativmedizin ist ein Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung konfrontiert sind. Dies geschieht durch Vorbeugung und Linderung des Leidens mittels frühzeitiger Erkennung und korrekter Beurteilung sowie der Behandlung von Schmerzen und anderen Beschwerden körperlicher, psychologischer und spiritueller Art."

Das neuartige Hospit- und Palliativgesetz hat breite Zustimmung bei Fachorganisationen und betroffenen Familien gefunden. Dies betrifft auch die Forderung des Bundesrates, die Leistungen nach dem Gesetz weiter zu verbessern. Palliativversorgung gehöre flächendeckend in die Regelversorgung. Das neue Gesetz sei „ein wichtiger Schritt für Deutschland!" erklärt Prof. Dr. Lukas Radbruch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP). Trotz der bisher positiven Entwicklung gebe es Lücken in sämtlichen Bereichen der Palliativversorgung, die dringend geschlossen werden müssten. „Schwerstkranke und sterbende Menschen müssen sich auf allen Stationen eines Krankenhauses ebenso wie zuhause, im Hospiz oder Altenpflegeheim auf eine qualitativ hochwertige Palliativversorgung verlassen können", fordert der Mediziner."

 

Im Zyklus des Lebens gehören Alt und Jung zusammen. Das liebevolle Halten der Hände einer alten Patienten durch eine Familienangehörige auf dem Foto vermittelt symbolisch den schützenden und helfenden Sinn der Palliativ-Medizin. Sie umfasst auch, in der letzten Lebensphase quälende Schmerzen beim Patienten zu lindern oder sie ganz zu überwinden.

Foto: W.Grubitzsch/bpb

 

Der DGP-Vizepräsident Prof. Dr. Christoph Ostgathe sieht noch einen sehr großen Ausbildungsbedarf in Deutschland, wenn Palliativmedizin flächendeckend erfolgen solle. In den Bundesländern hätten bis 2015 lediglich etwa 9.000 Ärzte die Zusatzqualifikation „Palliativmedizin" erworben. Dies seien weniger als drei Prozent der insgesamt rund 365.000 berufstätigen Ärzte, erklärte Ostgathe, der eine Palliativstation im Uniklinikum Erlangen leitet. „Neben der Vermittlung palliativmedizinischer Fachkenntnisse müssen Ärzte ebenso wie Patienten und Angehörige darüber aufgeklärt werden, dass nach aktueller Rechtslage kein medizinischer Eingriff und auch keine lebensverlängernde Maßnahme gegen den Willen eines Patienten erfolgen darf", wies Ostgathe darauf hin.

Die DGP hat sich als konstruktiver Partner der Stiftung Deutsche Krebshilfe in dem bemühen erwiesen, die flächendeckende medizinische Versorgung auf diesem alle Altersgruppen der Bevölkerung einschließenden Gebiet zu erreichen. Als wissenschaftliche Fachgesellschaft für die interdisziplinäre und multiprofessionelle Vernetzung will sie umfassende Kooperation erreichen. Ihre 5.200 Mitglieder aus Medizin, Pflege und weiteren Berufsgruppen engagieren sich daher für eine Palliativ- und Hospizversorgung in enger Zusammenarbeit mit allen Beteiligten. DGB und Deutsche Krebshilfe haben gemeinsam die bestmögliche medizinische, pflegerische, psychosoziale Behandlung und Begleitung schwerstkranker und sterbender Menschen zum Ziel. Ein zentrales gemeinsames Anliegen ist es, für weitgehende Linderung der Symptome und Verbesserung der Lebensqualität zu sorgen.

 

(2. Januar 2016)

 

 

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PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 221, January 2016