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Wilhelmine Lübke: Arno Breker war ein Frauenschwarm

 

 

Deutschlands „First Lady" Wilhelmine Lübke mit dem Bildhauer Arno Breker (rechts) und dessen jüngeren Frau Charlotte nach 1945 bei einem Empfang im Bonner Hotel Königshof. Dort residierten die ersten Staatsgäste der jungen Bundesrepublik während der Kanzlerschaft von Konrad Adenauer.

© Foto Marco Bodenstein /Marco-VG, Bonn

 

 

Berlin / Bonn (bpb) Arno Breker war nicht nur der führende Bildhauer der klassischen Tradition des XX. Jahrhunderts in Europa, sondern wurde von Frauen auch verehrt wie ein Star. Der Künstler war ein regelrechter „Frauenschwarm" erinnerte sich nach 1945 Deutschlands „First Lady" Wilhelmine Lübke, die Ehefrau von Bundespräsident Heinrich Lübke (1894-1972). Das Ehepaar lebte in der NS-Zeit bis 1945 in Berlin. Sie erinnerte sich später über Arno Breker: „Junge Frauen sammelten sich nicht selten vor seinem Staatsatelier in Berlin-Grunewald, um den feschen Künstler zu sehen, ihm die Hand zu schütteln oder gar mit ihm zu sprechen."

Ähnliche Bemerkungen über den Charme, den Geist und das gute Aussehen des jungen Breker sind von Josefine Baker und Marlene Dietrich überliefert. Zeitzeugen wissen, dass Breker vor allem maßgeschneiderte Anzüge und Schuhe trug, sonst jedoch Bescheidenheit zeigte. Die Verehrung von Frauen waren für den Künstler nie Anlass, Aufsehen zu machen.

Wilhelmine Lübke schätzte Breker als „großen Bildgestalter". Sie selbst war wohl die intelligenteste Frau eines deutschen Bundespräsidenten. Im sozialen und karitativen Bereich war sie absolutes Vorbild. In dieser Tradition schuf später Mildred Scheel als Frau des Bundespräsidenten die Hilfsorganisation Deutsche Krebshilfe.

Wilhelmine Lübke, geborene Keuthen (* 9. Mai 1885 in Ramsbeck im Sauerland bis 3. Mai 1981 in Bonn) war die Ehefrau des deutschen Bundespräsidenten Heinrich Lübke. Die frühere Studienrätin nahm mit ihrem Mann Repräsentationspflichten für Deutschland wahr.

Während der Amtszeit ihres Mannes übernahm sie den Vorsitz des von ihrer Vorgängerin Elly Heuss-Knapp gegründeten Müttergenesungswerkes, war Gründerin und Ehrenpräsidentin des Kuratoriums der deutschen Altershilfe (Wilhelmine-Lübke-Stiftung e.V.) und wirkte in der Aktion Gemeinsinn und in der UNICEF mit. Bis zu ihrem Tod im 96. Lebensjahr war ihr Prinzip: "Wer sich um andere kümmert, hat keine Zeit, alt zu sein..." Dieser Einstellung treu arbeitete sie noch im hohen Alter an bestimmten Tagen in der Klinik der Universität Bonn als Krankenpflegerin.

 

Englisch mit Kennedy und Russisch mit Ostpolitikern

Wilhelmine Lübke war zuerst Volkshochschullehrerin. Sie studierte ab 1911 in Münster Mathematik, Germanistik und Philosophie und unterrichtete dann als Studienrätin am Franziskus-Oberlyceum in Berlin. Wilhelmine Keuthen und Heinrich Lübke lernten sich in Berlin kennen. Sie heirateten 1929. Die Ehe blieb kinderlos. Wilhelmine Lübke war sehr sprachgewandt. Sie beherrschte englisch, französisch, spanisch, italienisch sowie russisch und wurde oft als treibende Kraft hinter ihrem Mann gesehen. Ihre sehr guten Russischkenntnisse kamen besonders der Regierung unter Willy Brandt zugute, wo sie häufig bei Gesellschaften mit sowjetischen Diplomaten und Politikern eingeladen war. Diese ungewöhnlich Frau parlierte mit US-Präsident John F. Kennedy am Tag der Gründung des Deutschen Entwicklungsdienstes am 24. Juni 1963 in Bonn ebenso perfekt in Englisch wie sie sich mit Ostpolitikern in Russisch unterhielt. Der anwesende Bundeskanzler Adenauer sagte: „Da kann man nur staunen."

An der Seite des Bundespräsidenten repräsentierte Frau Lübke trotz aller Kritik und Angriffe in Medien die Bundesrepublik im In- und Ausland erfolgreich. Sie war stets eine gepflegte und modisch gekleidete Dame. Sie trug nach der Etikette von Protokolldame Erica Pappritz meist einen Hut. Frau Lübke war wie später auch Präsidententochter Prof. Dr. Uta Ranke-Heinemann für ihr mutiges Eintreten gegen Ungerechtigkeit bekannt. Frau Lübke gehörte zu den Wenigen, die sich nach dem Rebellen-Sturz des Äthiopischen Kaisers Haile Selassie für dessen Freilassung und menschenwürdige Behandlung eingesetzt hatte. Sie konnte das traurige Schicksal dieses Monarchen, der als erstes ausländisches Staatsoberhaupt nach 1945 Deutschland einen offiziellen Besuch abstattete, jedoch nicht abwenden.

 

 

© PROMETHEUS 114/2006

PROMETHEUS, Internet Bulletin - News, Politics, Art and Science. Nr. 114, December 2006