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Picasso und die Nazi-Zeit in Paris

Der Bildhauer Arno Breker setzte sich immer wieder für Picasso ein

 

Von B. John Zavrel

 

 

Pablo Picasso--Ein Leben: Titelseite des Buches der US-Autorin Arianna Stassinopoulos Huffington mit Enthüllungen über die Eigentümlichkeiten des Malers.

© Foto Marco-VG

 

New York/Berlin (bpb) „Picasso--Ein Leben" ist der deutsche Titel der Biographie von Arianna Stassinopoulos Huffington, die in der Focus-Edition des Heinrich Hugendubel Verlag Kreuzlingen/München 2006 erschien. Die 1950 in Griechenland geborene US-Autorin hat dabei hinter die Kulisse des hoch gelobten Pablo Picasso geschaut. Sie verschwieg nicht die Schwächen des berühmten Künstlers, sein oft menschenverachtendes Benehmen gegenüber Freunden und Frauen und seine Fähigkeiten, politische Situationen für sich zu nutzen.

Die Schriftstellerin bringt ein wenig mehr Licht in das Dunkel der Vorteilsnahme Picassos in der Nazi-Zeit während der Besetzung von Paris durch deutsche Truppen. Positiv wird wieder und wieder der Schriftsteller Jean Cocteau genannt, der mutig und erfolgreich in der NS-Zeit nicht nur für Picasso auftrat. Seiner Vermittlung ist die Rettung des von vielen als „Kommunisten und Devisenschmuggler" benannten Malers vor der Deportation in ein deutsches Straflager durch den Bildhauer Arno Breker zu verdanken.

Auf Seite 282 des Buches schreibt die Autorin: „Auch Picasso selbst geriet während der Besatzungszeit verschiedentlich in Schwierigkeiten, sei es, weil er gerade in einem Schwarzmarktrestaurant aß, als dort eine Razzia durchgeführt wurde, sei es, weil er seine Skulpturen in ‚Bronze goss, als dies verboten war, oder, was noch schlimmer war, weil er Geld aus dem Land schmuggelte. In solchen Situationen fand sich stets jemand bereit, die Angelegenheiten für ihn zu regen. Wenn André Dubios im Innenministerium nicht helfen konnte, wandte er sich an Otto Abetz, den deutschen Botschafter. Und wenn auch Abetz machtlos war, ging Dubois zu Arno Breker, Hitlers Lieblingsbildhauer, der sich direkt an Himmlers Stellvertreter, General der SS Müller, wandte.

„Wenn Sie Hand an Picasso legen", hatte Breker damals bei dem Vorfall mit dem Geld gewarnt, „wird die Weltpresse einen solchen Wirbel veranstalten, dass Ihnen schwindlig wird." Und er (Arno Breker) fügte hinzu, dass er sich direkt an den Führer wenden werde, falls der General die Dokumente nicht unterzeichnete, die jede Aktion gegen Picasso ein Ende setzten.

 

Arianna Stassinopoulos Huffington hat offensichtlich viele ihrer Insiderinformationen von griechischen Freunden und Kennern der damaligen Zeit. Arno Brekers Frau Demetra war eine Griechin von hohem Bildungsniveau und Charme, die auch Adolf Hitler sympathisch war. So erwähnte die Autorin, dass Picasso den berühmten Bildhauer Aristide Maillol regelrecht hasste. Warum ist im Buch nicht zu finden. Ergänzend sei hier vermerkt, was Maillol seinem Freund Arno Breker über den „Egoisten Pablo" erzählte: „Picasso kam einmal als junger Mann zu mir in das Atelier. Der kleine Spanier mit den großen Kalbsaugen gab sich sehr liebenswert, er sang Volksweisen zu seinem Spiel auf der Gitarre. Ich wollte ihn vertrauen. Doch dann erfuhr ich, dass er hinter meinem Rücken meinen Gipsgießer abwerben wollte. Doch der einfache Mann zeigte Charakter und ließ den Spanier stehen."

In der Biographie „Picasso--Ein Leben" passieren eine Vielzahl berühmt und bedeutend gewordener Gestalten Revue: Marc Chagall, Salvador Dali, Fernand Mourlot, Victor Hugo, Max Jacob, Simone de Beauvoir, André Breton, Paul Cézanne, Coco Chanel, Andre Derain, Paul Klee, Dora Maar, André Malraux, Henry Matisse, Jean Miro, Paul Morand, Claude Renoir, Arthur Rubinstein, Gertrude Stein und vor allem auch Picassos jüdischer Kunsthändler Daniel-Henry Kahnweiler.

Auf Seite 414 schildert die Autorin, wie Picasso zu Frauen sein konnte. Als die berühmte Kosmetik Helena Rubinstein in Picassos Atelier kam, um sich porträtieren zu lassen, da erklärte Picasso in Anwesenheit des Hollywoodstars Gary Cooper, er zeichne nur Frauen, mit denen er vorher geschlafen habe. „Sie hatte nichts dagegen", prahlte Picasso, als er später die Geschichte erzählte. „Aber ich schon. Sie war entsetzlich, so fett…".

Alles in allem, eine sehr lesenswerte Biographie über einen Mann, der in der ganzen Welt bekannt ist, den aber nur wenige richtig kennen. (2/2007)

 

 

© PROMETHEUS 117/2007

PROMETHEUS, Internet Bulletin - News, Politics, Art and Science. Nr. 117, March 2007