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Villa Massimo in Rom wurde 100 Jahre

Spurensuche nach Arno Breker, dem berühmtesten Kunst-Stipendiaten

Von B. John Zavrel

 

 

 

Bronze-Relief mit dem Porträt des Stifters Eduard Arnhold im Foyer der Villa Massimo in Rom. Breker-Editeur Joe F. Bodenstein (links) und eine Mitarbeiterin des Instituts auf Spurensuche über das Leben und Wirken deutscher Künstler in Rom vor 1933. Dazu gehörten Arno Breker, der zum berühmtesten aller Stipendiaten wurde. Sein Ateliernachbar Felix Nussbaum blieb durch sein eigenständiges Werk und sein politisches Schicksal in Deutschland unvergessen.

Foto: Ital-Press/Marco-VG

 

Rom/Berlin (mea) Villa Massimo: Happy Birthday! Die Deutsche Akademie Rom Villa Massimo, kurz genannt „Villa Massimo", ist eine deutsche Kultureinrichtung und die berühmteste ausländische Kultur-Akademie in der Ewigen Stadt. Gegründet wurde sie 1910 in der deutschen Kaiserzeit. Sie hat das Kaiserreich, die Weimarer Republik, das Dritte Reich von Adolf Hitler, das stürmisch-blutige Kriegsende und die jahrelange Enteignung durch die alliierten Sieger überstanden. Heute noch ist in der Bundesrepublik Deutschland der „Rom-Preis", die hochrangige staatliche Auszeichnung.

Zum Jubiläum hat der Kulturstaatsminister von Bundeskanzlerin Angela Merkel, der politische Beamte Bernd Neumann, eine Haushaltserhöhung um 40 Prozent zugesagt. Das bedeutet nach amtlichen Angaben einen Etat von zwei Millionen Euro im Jahr. Ferner gibt es in der Villa Massimo das höchst dotierte Stipendium der Republik. Zwölf Monate in Rom sollen junge Künstlerinnen und Künstler inspirieren. Sie erhalten 2.500 Euro steuerfrei pro Monat aus der Staatskasse in Berlin und somit vom deutschen Steuerzahler.

In 100 Akademiejahren waren nach der Statistik 729 Künstler in der "Accademia Tedesca Roma Villa Massimo" zu Gast. Der berühmteste von ihnen wurde der Bildhauer, Graphiker und Architekt Arno Breker (1900-1991). Er war 1932 dort mit dem jüdischen Künstler Felix Nussbaum. In der heute „gute alte Zeit" genannten Periode ragte der junge Breker bereits aus der Gruppe. Er verkehrte im Vatikan und hielt es lieber am „päpstlichen Hofe" als in den Tavernen von Rom oder in einem zwielichtigen Künstler-Milieu zu verkehren.

Kurz vom dem 100. Geburtstag der Villa Massimo im Jahr 2010 war Brekers Editeur Joe F. Bodenstein auf Spurensuche nach Italien gereist. Er recherchierte in Rom, im Vatikan und in Florenz Fakten für eine „Biographie Arno Breker". Der Bildhauer hatte damals in Rom die Rekonstruktion der „Pieta Rondanini" realisiert und in Florenz das „Schlüsselerlebnis", Michelangelos „David" aus Carrara Marmor im Mondschein zu bestaunen.

 

 

Die elf Ateliers im Park der Villa Massimo hatte die deutsche Regierung im Hinblick auf den 100. Geburtstag des Instituts auf Hochglanz renovieren lassen. Nachforschungen ergaben, in welchem Arno Breker wohnte und arbeitete. Die ursprüngliche Form der Ateliers mit Oberlicht und einem Großraum hat sich nicht verändert. Die Künstler-Wohnungen reihen sich in „preußischer Disziplin" aneinander. Auf dem Foto ist ein Kinderspielzeug zu sehen, was auf einen Stipendiaten mit Familie hinweist.

Foto: Ital-Press/SK

 

 

Neue Zeiten: Mit Kind und Kegel an den „heiligen Ort"

Die Villa Massimo wurde von 1910 bis 1914 von dem jüdischen Unternehmer und Mäzen Eduard Arnhold (1849--1925) errichtet und ausgebaut. Er schenkte sie zusammen mit einem Stiftungskapital von 680.000 Mark dem preußischen Staat.

Während in den ersten 20 Jahren des Bestehens ein Stipendium in der Villa Massimo in Rom für Künstler mehr wert war als ein königlicher Ritterschlag, haben sich nach 1945 die Zeiten „sehr verändert", berichten Kenner der Geschichte. Heute ist es Kunstschaffenden sogar möglich „mit Kind und Kegel" in die Ateliers der in einem Park gelegenen Akademie einzuziehen. „Dies ist ein Tabubruch, denn Künstler sollen in Rom kreativ wirken und nicht die Familienprobleme aus der Heimat in die Akademie verlegen", meinen Kritiker. Mitunter glicht der Atelierbereich einem Ferienlager deutscher Touristen mit Kinderspielsachen vor der Tür, berichten Besucher.

Der ideelle Wert eines solchen Stipendiums ist im Vergleich zu früher gesunken. Für in Deutschland brotlose Stipendiaten bietet der Aufenthalt in Rom auf Staatskosten die Möglichkeit, „wie Gott in Frankreich" zu leben. Die „Kunst-Produktion" wird in der Öffentlichkeit kaum beachtet. Von bleibender oder gar epochaler Kunst ist leider nichts zu hören.

 

 

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PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 159, September 2010