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China ante Portas: Die Chinesen kommen

Ob Europa, Asien oder USA: Wohin Sie auch reisen, die Chinesen waren schon da

 

 

Der „Platz des himmlischen Friedens" in Peking mit dem Mao-Mausoleum. Eine Touristenattraktion der neuen Zeit.

Foto: China-Press

 

Interview mit Sinologin Beate von Kessel

Peking/Berlin (mea) Die Volksrepublik China ist weltweit täglich mit vielen Themen in den Medien präsent. Dabei werden Fragen der Wirtschaft, Industrie, des Handels und des „billige Wareneinkaufs" in der Bevölkerung Europas und der USA vital diskutiert. Die deutsche Sinologin Beate von Kessel hat in einem Interview mit dem US-Bulletin PROMETHEUS (News, Politics, Art and Science) China als ein für den Westen wichtiges Land bezeichnet. Es sei bedeutend im Interesse des globalen Friedens und der bilateralen wirtschaftlichen Beziehungen. Das Interview hat folgenden Wortlaut:

 

Fragen von Prometheus: China ante Portas!" Diese lateinische Redewendung möchten wir dem Gespräch vorausstellen. Der über 2000 Jahre alte „Schreckruf" galt in der Römerzeit als Warnung vor dem damals mächtigen Feldherrn Hannibal von Karthago. Heute ist das Misstrauen gegenüber China in Ländern aller Kontinente unterschiedlich. Welche möglichen Gefahr sehen Sie als Ostasien-Expertin, Sinologin und Konferenz-Dolmetscherin ?

Beate von Kessel: Allgemein gesagt liegen die Ursachen von Misstrauen und Ängsten mit darin begründet, dass sich Menschen, Staaten und Völker zu wenig kennen. Die Volksrepublik China ist heute mit über 1,3 Milliarden Menschendas Bevölkerungsreichste Land der Erde. Es grenzt an 14 Staaten und hat damit gemeinsam mit Russland die meisten Nachbarländer der Welt. In China ist seit Jahrtausenden vieles größer, mächtiger und gigantischer. Für den Westen (und ich spreche aktuell besonders die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen an) ist China in vielen Dingen immer noch ein „undurchsichtiges Land". China selbst hatte ja Jahrhundertelang auch „Angst vor dem Westen" und Eindringliche aller Art. Es ist daher nicht ungewöhnlich, dass jetzt bei uns Ängste vor dem aufstrebenden und in der Weltwirtschaft erfolgreichen China aufkommen.

 

Sinologin Beate von Kessel hat viele Jahre Erfahrungen als Dolmetscherin für Regierungen, Wirtschaft und Industrie. Sie sagt: „Der Schlüssel zum Dialog ist die Sprache."

Foto: bpb-press

 

Wie können solche Ängste abgebaut werden?

B.v.K: Der Schlüssel zum Dialog ist die Sprache. Die beste Basis des Dialogs zwischen den Staaten sind die „gemeinsamen Interessen". Das hat sich in der Geschichte gezeigt. Heute gehören zu den Hauptinteressen: die wirtschaftliche Zusammenarbeit, Handel mit Ausgleich von Ex- und Import sowie die Lösung des Problems der Zukunft: wie kann die explodierende Menschheit ernährt werden. Dies ist auch ein besonders Anliegen Chinas. Die Wirtschaft und Industrie müssen auf beiden Seiten an Problemlösungen mitwirken!

 

Erschweren nicht Sprache und Kultur den Meinungsaustausch?

B.v.K. Die starken Sprachunterschiede und die verschiedenen Kulturen sind in der Tat eine große Barriere für deutsche Unternehmen, die in China Partnerschaften eingehen wollen und im eigenen Interesse müssen. Von größter Bedeutung ist dabei, die Gespräche von bestehenden oder künftigen Handelspartnern unbedingt korrekt zu übersetzen. Das heißt in Chinesisch (und auch in Japanisch), nicht Wort für Wort zu übersetzen, sondern vor allem auch den Sinn. Es ist wichtig auch das zu verdeutlichen, was die Gesprächspartner wirklich meinten. Fachdolmetscher sind bei solch wichtigen Begegnungen daher unabdingbar. Es reicht nicht aus, vielleicht einen so genannten guten Bekannten als Dolmetscher mitzubringen. Das ist nämlich kein Job für Amateure. Im deutsch-chinesischen Gespräch und im bilateralen Dialog mit Japan auf Englisch auszuweichen hat sich nicht bewährt.

 

Sie dolmetschen auch für Regierungen und auf Konferenzen. Wie ist das ?

B.v.K.: Auch Staatsmänner und Regierungsdelegationen kommen im Dialog mit ihren Gesprächspartnern in China und Japan nicht ohne Fachdolmetscher aus. Westeuropäische Politiker und die der USA bringen meist zusätzlich ihre eigenen „Regierungs-Übersetzer" mit. Aber interne Gespräche über Wirtschaft und Politik kommen ohne subtile Übersetzungen nicht aus, w e n n es gut gehen soll.

 

Und wie ist Ihre Methode des Übersetzens?

B.v.K.: Es gibt unterschiedliche Übersetzungs-Techniken wie: Simultandolmetschen, Konsekutivdolmetschen und Flüsterdolmetschen. Die Anwendung richtet sich nach den jeweiligen Erfordernissen. Meine Auftraggeber erhalten auf alle Fälle stets ein individuelles Konzept. Mehr kann man an dieser Stelle nicht sagen. Es ist ja so: eine Spitzenköchin verrät niemals ihre berühmten Rezepte.

 

Stichwort Rezepte: Welche Rolle spielt das Essen bei Gesprächen ?

B.v.K.: Gastlichkeit und Essen gehören zum Ritual von Geschäftsgesprächen. Man darf nicht außer Acht lassen, dass China ein altes Kulturland ist. Mir kommt bei meiner Arbeit als Übersetzerin zugute, dass ich in China sowie Japan gelebt habe. Daher verfüge ich nicht nur über gute Ortskenntnisse sondern bin auch mit wichtigen Gepflogenheiten vertraut. Dieses Wissen und örtliche Kontakte kann ich bei der Arbeit im Sinne meiner Auftraggeber einbringen.

 

Welche aktuelle Bedeutung hat der Dolmetscher ?

B.v.K. Die Aufgabe des Dolmetschers oder der Dolmetscherin ist, den Dialog von Menschen unterschiedlicher Sprache korrekt zu übersetzen. Die Qualität der Übersetzung ist jeweils ausschlaggebend für besseres Verstehen und Schaffung von Vertrauen. Daher tragen Dolmetscher bei Regierungsverhandlungen und auf Konferenzen ebenso wie bei Wirtschaftsgesprächen große Verantwortung. So verstehe ich meine Arbeit, die ich aus vollem Herzen gerne leiste.

 

 

Copyright 2011 PROMETHEUS

PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 169, August 2011