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Deutscher Ex-Präsident Christian Wulff auf dem Weg zum Multimillionär

Statistiker sagen: 20 Millionen Euro für ein lebenslanges Spazierengehen

 

Von B. John Zavrel

 

Bundeskanzlerin Angela Merkel (Mitte) zeigte sich gut gelaunt bei der Vorstellung „ihres" Favoriten Bundespräsident Christian Wulff. Wulfs zweite Ehefrau Bettina (links) konnte sich als „First Lady" eine große Zukunft ausrechnen. Sie plante schon Umbauarbeiten vor dem Einzug in das historische Schloss Bellevue, berichteten Medien. Doch ehe es dazu kam, war das schöne Paar „vom Volk verjagt" worden.

Foto: Presspool

 

Berlin/Washington (mea) Die Deutschen werden ihre Präsidenten nicht mehr los. Zwar ist der durch öffentlichen Druck zurückgetretene Bundespräsident Christian Wulff nicht mehr im Amt, aber er ist auf dem fragwürdigen Weg, bis zu seinem Lebensende insgesamt 20 Millionen Euro Steuergelder rechtschaffener deutscher Bürger zu kassieren. Wie Medien in diesem Streit um den „falschen Präsidenten" berichten, stehen einem deutschen Präsidenten nach Ausscheiden aus dem Amt folgende Zahlungen zu: jährlich rund 200.000 Euro cash als Ehrensold. Hinzu kommen noch Unkosten von 300.000 Euro für ein offizielles Büro als Alt-Bundespräsident, mehrere Mitarbeiter, Dienstwagen und Sicherheitsschutz.

Das sind nach aktuellem Stand von 2012 insgesamt 500.000 Euro in einem Jahr. Der am 19. Juni 1959 in Osnabrück geborene CDU-Politiker war im Jahr seines erzwungen Ausscheidens 52 Jahre. Bei einer Lebenserwartung von mindestens 92 Jahren würde Wulff Anspruch haben auf vier mal fünf Millionen Euro, also somit 20 Millionen Steuergelder. Die öffentliche Empörung der Bürger in Deutschland ist aus der Sicht der minderbemittelten Mehrheit verständlich. Aber selbst Kritiker meinen: „Wulff kann über den Frust der Menschen eigentlich nur lachen. Gesetzlich steht ihm das Geld zu. Noch nie hat ein Politiker für Nichtstun so viel Geld zu erwarten gehabt." Spazierengehen lohnt sich somit für Wulff. Warum sollte er arbeiten?

 

Der Hintergrund: Würdelose Beschimpfung eines Bundespräsidenten

Wulf war mit Hilfe und auf ausdrücklichen Wunsch von Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Bundespräsidenten gewählt worden. Im Gegensatz zu den USA wird in Deutschland der Präsident nicht vom Volk gewählt, sondern von Delegierten der im Parlament vertretenen Parteien. Ob Wulff von vielen „als Marionette" der Macht orientierten Regierungschefin Merkel angesehen wird oder nicht, das interessiert die Politiker nicht. „Eine Krähe hackt der anderen Krähe kein Auge aus", heißt ein Sprichwort.

Nach Medienberichten ist Wulf in mehreren „Affären" verwickelt: Ein Hauskauf durch Kreditaufnahme bei „Freunden", Bedrohung der Pressefreiheit gegenüber der „Bild-Zeitung des Medienkonzerns Axel Springer (der sich seit Jahrzehnten als treuer Freund des Staates Israel beweist), angebliche kostenlose Urlaubsreisen und persönliche Nähe zu Wirtschaftsbossen. Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen Ermittlungen gegen Wulff wegen des Verdachts der Vorteilsannahme aufgenommen. Das Ende ist noch offen.

In Protesten vor dem Präsidenten-Amtssitz Schloss Bellevue in Berlin hatten Demonstranten zur Amtszeit von Wulff den Politiker als „Verbrecher, Betrüger sowie als schamlos" beschimpft. Noch würdelosere Worte sollen an dieser Stelle nicht genannt werden benutzt. So etwas hat es im demokratischen Deutschland noch nie gegeben.

 

Mit widerwärtigen Beschimpfungen und Beleidigungen haben Bürger ihrer Verachtung des Bundespräsidenten (und der Politiker generell) Luft gemacht. Das Foto zeigt einen Ausschnitt aus der Protestaktion vor dem Schloss Bellevue in Berlin. Auch Immigranten hatten sich daran beteiligt.

Foto: Presspool

 

Keine moralische Instanz

Der als christlich geltende Wulff hatte sich scheiden lassen und war mit seiner neuen jungen blonden Frau in das Bundespräsidialamt eingezogen. Für die Mehrheit der Deutschen war er nie eine „moralische Instanz". Er habe vielmehr in die Personalpolitik der aus der ehemaligen DDR stammenden Bundeskanzlerin Angela Merkel gepasst. Sie hatte bereits Wulffs Vorgänger, Horst Köhler, auf diesen Posten gebracht. Köhler trat freiwillig zurück. Auch ein Novum in der unter Konrad Adenauer begründeten Demokratie in Deutschland.

Ob die gezeigte „Verachtung" von Christian Wulff im Volk berechtigt ist oder nicht, sei dahingestellt. Als Argumente gegen Wulff werden auch angeführt: seine gezeigte Freundlichkeiten gegenüber dem Islam und der kritisierten Formulierung: „der Islam gehört zu Deutschland", die Hofierung der Türkei sowie die Immigrationspolitik, die Millionen moslemische Familien nach Deutschland brachte, und dem Sozialstaat zum Nachteil deutscher Bürger zur Last fallen.

 

The soap opera will go on

Bundeskanzlerin Merkel hat gegen den Willen der Mehrheit der deutschen Bevölkerung den beschimpfen Christian Wulff als ausgeschiedenen Bundespräsidenten mit einem abschließenden „Großen Zapfenstreich" der Bundeswehr geehrt. Die Altbundespräsidenten Walter Scheel und Richard von Weizsäcker haben--entgegen alter Tradition--nicht an diesem höchsten militärischem Zeremoniell teilgenommen. Sie wollten offensichtlich mit dem in Ungnade gefallenen Wulff nichts mehr zu tun haben.

Merkel und ihr ebenfalls aus der ehemaligen kommunistischen DDR stammende Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière zeigten sich beim Festakt so, als sei überhaupt nichts Peinliches passiert.

Daraufhin hat der inzwischen neu gewählte Bundespräsident Gauck sich stolz mit seinem „vertriebenen" Amtsvorgänger Wulf zum Abschiedsfoto vor dem Schloss Bellevue fotografieren lassen.

Mit dabei war die so genannte Lebensgefährtin von Gauck, die ehemalige Journalistin Daniela Schadt. Gauck ist noch verheiratet mit seiner ersten Frau.

Premiere für die im Volksmund als „Präsidenten-Geliebte" bezeichnete offizielle Lebensgefährtin des Staatsoberhauptes Joachim Gauck war am 29. März 2012. Das gewöhnungsbedürftige Paar im Präsidialamt hat als ersten Staatsbesuch den Präsidenten der Mongolei, Tsakhia Elbegdorj, und seiner Ehefrau Khajidsuren Bolormaa in Deutschland empfangen. Am Abend gaben der Bundespräsident und Frau Schadt ein Staatsbankett mit rund 130 Gästen in Schloss Bellevue. Es war zugleich der erste Staatsbesuch des mongolischen Präsidenten in Europa.

 

Wie es weitergeht wird sich zeigen, vor allem wenn der US-Präsident im Weißen Haus den Präsidenten der Bundesrepublik und dessen „Geliebte" offiziell empfängt.

Wie heist es: The show must go on. Und es gilt als sicher: The German soap opera will go on. Wie sich die Verschiebung der Moral auf die politische Verlässlichkeit deutscher Regierungen bei den Verbündeten auswirken wird, ist noch völlig offen.

 

 

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PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 177, April 2012