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China und die Wirtschaft des Westens: Kooperation interessant und wichtig

Beate von Kessel: Im Dialog die richtigen „Töne" treffen: höflich, respektvoll und verlässlich

 

Sinologin Beate von Kessel mit der Büste „Alexander der Große", der auf seinen jahrelangen Weltzügen nur bis Indien kam, nicht jedoch nach China. Viel einfacher ist es heute im 21. Jahrhundert für Politiker, Unternehmer und Touristen in dieses fernöstliche und immer noch „geheimnisvolle Reich" zu gelangen. Moderner Flugverkehr macht es möglich. Das Interview mit der China-Expertin führte Consul B. John Zavrel.

Foto: bpb-Press

 

Peking/Berlin/Washington (bpb) China und die Wirtschaft des Westens bleiben auch im zweiten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts relevante Themen für die USA, Deutschland und die gesamte Europäische Union (IEU). „Dabei müssen Gesprächspartner Chinas die Realität erkennen, dass die Volksrepublik China heute eine Weltmacht ist", sagt die Sinologin Beate von Kessel in einem Interview mit PROMETHEUS; dem Internetbulletin für Wissenschaft, Wirtschaft, Kunst und Kultur.

Der beiderseitige Dialog über wirtschaftliche Zusammenarbeit diene letztlich auch dem gemeinsamen Anliegen der n globalen Sicherung des Friedens, erklärte die deutsche Sinologin. Nach Studium sowie langen Aufenthalten in China und Japan hat sich die Sinologin als Fachdolmetscherin für Konferenzen sowie Regierungs- und Wirtschaftsdelegationen profiliert. Trotz der modernen Kommunikationstechnik im Medienzeitalter seien persönliche Begegnungen mit Politik und Wirtschaft in diesen Ländern unverzichtbar. Dabei sei es im persönlichen Dialog wichtig, „den richtigen Ton" in der Wahl der Sprache und beim Umgang mit Gastgebern in den besuchten fernöstlichen Staaten zu treffen, vermerkt die Sinologin auf Grund ihrer reichlichen Erfahrungen. „Sachkundige Dolmetscher und Dolmetscherinnen sind dabei unerlässlich, um einen Gesprächserfolg zu erziele", betont Frau von Kessel. Dies gelte für Politik und Wirtschaft.

 

Das Mausoleum Mao Tse Tung (1893-1976) in Peking ist ein begehrtes Fotomotiv für China-Besucher aus aller Welt. Der kommunistische „große Führer" war der weltbekannteste und führende Politiker der Volksrepublik China im 20. Jahrhundert. Das „modernen China" ehrt das Vermächtnis Maos als bedeutender Revolutionär weiterhin. Sein Porträtbild ist auch am „Tor des himmlischen Friedens" angebracht, wo er am 1. Oktober 1949 die Volksrepublik China proklamiert hatte.

(Foto: Beate von Kessel)

 

Das Interview hat folgenden Wortlaut:

 

Prometheus: Man hat manchmal den Eindruck, das wichtigste Reiseland für deutsche Politiker und Wirtschaftsleute sei derzeit China. Wie erklärt sich das?

Beate von Kessel: Es sind natürlich auch die USA einzubeziehen, die immerhin größter Handelspartner dieses Landes sind. Der Dialog ist sehr erfreulich. Dabei müssen Gesprächspartner die Realität erkennen, dass die Volksrepublik China heute nicht nur eine Staatsmacht ist, sondern auch eine Weltmacht darstellt. China hat sich beharrlich als Weltmarkt mit Zukunft etabliert: Es spielt nicht nur als Einkaufsland eine Schlüsselrolle, sondern entwickelt sich gerade zum Land mit der höchsten Kaufkraft.

 

P.: Ist die steigende Produktivität Chinas nicht auch eine Gefahr auf dem Weltmarkt für die traditionellen Industriestaaten des Westens?

K.: Das ist ein komplexes Thema auch für die Wirtschaftspolitik. Doch ich möchte hier festhalten: China ist bereits heute eines der bedeutendsten strategischen Absatzzentren. Als bevölkerungsreichstes Land der Erde mit rund 1,4 Milliarden Menschen ist China nicht nur produktiv, sondern es stellt auch einen boomenden Verbrauchermarkt dar. Man bedenke: die Einwohnerzahl ist höher als die von Nordamerika und Europa zusammen.

 

Prometheus: Das ist ja riesig! Es ist für die meisten Bürger in Europa und Amerika kaum vorstellbar.

K.: Ja, in China ist alles etwas größer: die Jahrtausende alte Kultur, die Landfläche, der politische Einfluss in Asien und die Menschenmassen. Eine neue Elite von ihnen ist ideenreich und fleißig. Sie nimmt die Herausforderung auf dem Weltmarkt ernst.

 

Prometheus: Und wie sollte die Reaktion des Westens auf diese „Weltmacht China" sein?

K.: Die Politik und die Wirtschaft reagiert seit langem darauf: mit Dialog und wirtschaftlicher Zusammenarbeit. Wie dies genau geschieht wird nicht spektakulär an die Öffentlichkeit getragen. Das bewährt sich in der Praxis. Unabdingbar ist, dass auch Vertreter der Wirtschaft und des Handels in China vor Ort Geschäftsgespräche führen und Kooperationen oder durchaus mögliche Partnerschaften erörtern.

 

Prometheus: Spricht man in China bei Verhandlungen Englisch?

K.: In China spricht man am liebsten Chinesisch, um es einfach auszudrücken. Daher sind substantielle Gespräche von Politikern oder Wirtschafts-Repräsentanten ohne Dolmetschen nicht effektiv. Die chinesische Sprache ist bekanntlich nicht einfach zu erlernen und zu handhaben. Sie umfasst tausende chinesische Schriftzeichen, die es schon vor Jahrtausenden gab. Es ist damit das älteste noch in Gebrauch befindliche Schriftsystem.

Prometheus: Welche Rolle fällt dabei einem Dolmetscher oder einer Dolmetscherin zu. Haben Sie Einflussmöglichkeiten bei den Gesprächen?

B.: Dolmetscher haben aus meiner Sicht eine dienende Rolle. Sie müssen Gespräche originalgetreu übersetzen. Ist dies Wort für Wort nicht möglich, weil in den Sprachen verschiedener Kulturkreise einfach die genauen Begriffe fehlen, dann muss man sinngemäß dolmetschen.

 

Prometheus: Kommen Ihnen dabei das Studium sowie längere Aufenthalte in China und in Japan zugute?

K.: Glücklicherweise ja! Meine praktischen Lebenserfahrungen in diesen Ländern kommen bereits der Situation beim gegen seitigen Kennenlernen der Gesprächspartner oder Delegationen zugute. Schon im Vorfeld biete ich Beratung meiner Auftraggeber über Sitten und Gebräuche an. Dazu gehört auch das Thema „Wie benehme und verhalte ich mich richtig in China und Japan".

 

Prometheus: Es ist den Medien zu entnehmen, dass das bilaterale Verhältnis der USA und seines Verbündeten Deutschland mit China sich in der Amtszeit von Präsident Barack Obama und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel gebessert habe. Nun die Nachfrage: mögen die Chinesen die US-Wirtschaftsbosse lieber als die deutschen Geschäftsleute?

K.: So etwas lässt sich den „lächelnden Gesichtern" Asiens nicht entlocken. Aber ich habe den Eindruck, dass die Deutschen in China und das „Made in Germany" einen guten Namen haben. Das gilt auch für die CDU-Bundeskanzlerin Merkel. Wie chinesische Konferenzteilnehmer mir wiederholt sagten, wird in Merkel die „willensstarke Politikerin" bewundert, die mit lächelndem Gesicht Politik zu machen verstehe.

 

Prometheus: Zurück zur Wirtschaft mit einer Frage: Es war zu hören, dass unter Staatspräsident Huj Jintao und Regierungschef Wen Jiabao der Wirtschaftsdialog mit dem Westen leichter geworden sei. Welchen Eindruck haben Sie als Konferenz- und Delegations-Dolmetscherin in letzter Zeit bei den Gesprächen in Fernost gewonnen?

K.: Die politischen Konstellationen kann ich weniger beurteilen, da dies nicht meine Aufgabe ist. Aber jeder politische weg der Vernunft und eine auf Respekt und Achtung basierende freundliche Kooperation kann den Menschen in den Partnerländern nur nutzen.

 

Prometheus: Wir danken für das Gespräch Frau von Kessel. Ihrer Arbeit für die Verständigung mit China und Japan wünschen wir weiterhin Erfolg.

 

(Das Prometheus-Interview führte Consul B. John ZAVREL; New York, 2012)

 

 

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PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 182, October 2012