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Gerhart Hauptmann und sein 150. Geburtstag

Eine großen Deutscher und sein Leben von der Kaiserzeit bis zum DDR-Kommunismus

 

Von B. John Zavrel

 

Gerhart Hauptmann und seine Ehefrau Margarete im Jahr 1932. Er bereitete sich in Berlin für seine USA-Reise vor. Anlass war das Goethe-Jahr zum100 Todestag. Hauptmann hielt in USA Vorträge. Er erfuhr hohe Aufmerksamkeit Die Columbia University verlieh Hauptmann während dieses Besuches die Ehrendoktorwürde.

Foto: History archive/mea

 

 

Berlin/New York (mea) Gerhart Hauptmann: sein 150. Geburtstag wurde am 15.November 2012 begangen. Der Literatur-Nobelpreisträger von 1912 gehört wie Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller zu den großen Deutschen. Seine Karriere und seinen Ruhm verdankte er ausschließlich seiner eigenen Leistung. Diese Leistung erbrachte er kontinuierlich in einem Jahrhundert mit zwei Weltkriegen in Europa.

Geboren wurde er am hat am 15. November 1862 als Sohn eines Gastwirts in Ober Obersalzbrunn in Schlesien. Er starb am 6. Juni 1946 in seinem Haus in Agnetendorf in Schlesien. Ein Jahr zuvor überrollte die Roten Armee das Land. Es wurde polnischer Machtbereich.

Zu Hauptmanns Vorfahren gehörten Handwerker, Landwirte, Beamte und Kirchenmusiker. Von Haus aus war Hauptmann sehr erdverbunden. Mit 16 Jahren begann er eine landwirtschaftliche Lehre auf dem Gutshof eines Onkels. Er interessierte sich damals schon für Kunst und Literatur. Als er 18 Jahre war begann er eine Ausbildung zum Bildhauer. Zugleich begann zu schreiben und fühlte, dass dies seine Berufung sei. Bereits als Jugendlicher fühlte sich Hauptmann zur Literatur hingezogen. Er galt als sehr belesen. In seiner Bibliothek standen Bücher von Platon, Schiller, Goethe bis Bernard Shaw.

 

Beliebt auch in USA und Russland

Kurz gesagt: Gerhart Johann Robert Hauptmann wurde im 20. Jahrhundert der bedeutendste deutsche Vertreter des "Naturalismus". Als er den Nobelpreis erhielt, war Hauptmann 50 Jahre. Er erfreute sich großer Popularität im Ausland, auch in Russland. Man sah ihn als den Repräsentanten der deutschen Literatur.

Im Jahr 1932 ging Hauptmann wegen des Goethe-Jahres auf eine Vortragsreise durch die USA. Er fand viel Beachtung. Die Columbia University verlieh ihm die Ehrendoktorwürde. In den 84 Jahren seines Lebens erhielt er zahlreiche Ehrungen. Es war angefüllt mit viel Freude, viel Erfolg und auch viel Leid und Trauer.

Zum 150. Geburtstag dieses Meisters des Wortes soll nicht längst Bekanntes erneut gesagt werden. Vielmehr gilt es, an dieser Stelle an etwas an zu erinnern, das meist übergangen oder sogar todgeschwiegen wird. Man muss sich einmal vorstellen, dass Hauptmanns Leben über vier politische Systeme reichte. Er hat daher auch die größten politischen Umwälzungen in Europa miterlebt. Geboren wurde er in der Kaiser-Zeit in Deutschland und war zu höchstem Ruhm gelangt. Dann erlebte er den Ersten ‚Weltkrieg und die turbulente „Weimarer Republik" mit dem Versuch einer demokratischen Staatsform. Es folgte das „Dritte Reich", in dem er als führender Literat nicht nur Ehrungen erfuhr sondern auch Anfeindungen und Kritik von Politikern. Dazu gehörte unter anderen Adolf Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels. Damals gestaltete der mit Hauptmann befreundete Bildhauer Arno Breker in Berlin und Schlesien das Porträt des Dichters, begleitet von Zeichnungen und Skizzen des markanten Kopfes.

Schließlich erlebte Hauptmann den Untergang des NS-Staates mit der gnadenlosen Bombardierung der Stadt Dresden (vom 13. bis 15. Februar 1945) durch US-Luftwaffe und der britischen Royal Airforce. Die Angriffe erfolgten, als der Sieg der Alliierten bereits sicher war und die Deutschen sich nicht mehr wehren konnten. Bei diesem infernalen Bombardement kamen nach Angaben von Historikern mindestens 250.000 Zivilpersonen kurz vor der deutschen Kapitulation noch ums Leben.

Über das Bomben-Inferno des Tag und Nacht Luftkrieges der West-Alliierten klagte der schwerkranke Gerhart Hauptmann: „Wer das Weinen verlernt hat, lernt es wieder beim Untergang Dresdens. Ich stehe am Ausgangstor meines Lebens und beneide meine toten Geisteskameraden, denen dieses Erlebnis erspart geblieben ist."

 

Die Polen „vertrieben" auch den Leichnam des Literatur-Nobelpreisträgers

Dieses Leid war im Schicksal Hauptmanns noch nicht groß genug. Hauptmann erlebte das Kriegsende in seinem Haus „Wiesenstein" in Agnetendorf. Nach dem Sieg der Alliierten und die Aufteilung deutscher Gebiete auf osteuropäische Mit-Sieger-Staaten wurde Schlesien polnisch. Der weitere Verbleib Hauptmanns in seinem Haus in der Heimat war durch einen Schutzbrief nur vorübergehend möglich. Die kommunistischen polnischen Machthaber waren nämlich voller Hass auf Deutschland und unerbittlich. Sie begannen rasch mit der Vertreibung von Millionen Deutschen aus ihrer angestammten Heimat und mit dem Raub ihrer Häuser und des Besitzes. Am 7. April 1946 wurde dem kranken Hauptmann von der sowjetischen Kommandantur mitgeteilt, dass die polnische Regierung auch auf seine Austreibung bestehe.

Am 6. Juni 1946 starb der Literaturnobelpreisträger an einer Bronchitis-Erkrankung. Sein Leichnam wurde nach Angaben von Zeitzeugen in einem Zinksarg gelegt und im Arbeitszimmer seines Hauses abgestellt. Dort stand er über vier Wochen. Die Polen verweigerten die Beisetzung in Heimaterde, wie es Hauptmann gewünscht hatte. So „vertrieben" die Polen selbst einen Leichnam. Sie erteilten vier Wochen nach Hauptmanns Tod die Genehmigung zur „Ausreise und konfiszierten seinen Besitz. Der Sarg wurde mit einem Zug in das von Sowjet-Russen besetzen Mittel-Deutschland geschafft, wo sich die kommunistische DDR formierte. Auf einer Trauerfeier in Stralsund sprach von der damaligen kommunistischen Führungsriege der sowjetischen Besatzungszone Wilhelm Pieck, der später erster Präsident der DDR wurde. Am frühen Morgen des 28. Juli wurde Hauptmann 52 Tage nach seinem Tod auf dem Friedhof in Kloster auf der Ostsee-Insel Hiddensee bestattet. Bei der eigenartigen Zeremonie vor Sonnenaufgang mischte die Ehefrau des Dichters, Margarete Hauptmann, ein Säckchen Erde aus dem Riesengebirge mit Sand der Ostsee.

 

 

 

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PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 184, December 2012