Home | Alexander Order | Coats-of-Arms | Articles | Latest News |

Art Gallery | Yoga Science and Philosophy

 

Adolf Hitlers Künstler: Richard Scheibe

Vom Haus der Deutschen Kunst zur Gedenkstätte für dem NS-Widerstand

 

Gedenkstätte zur Erinnerung an Claus Schenk Graf von Stauffenberg und weitere Opfer der Hitler-Diktatur. Die Figur Jüngling in Fesseln schuf Richard Scheibe, ein Repräsentant der Bildhauerei im Dritten Reich.

Copyright Scheibe-Archive, Marco-VG.

 

Berlin (bpb) Der Bildhauer Richard Scheibe (1879-1964) gehört zu jenen Kunstschaffenden des Dritten Reiches, die zu „Adolf Hitlers Künstler" gezählt werden. Das sind all jene, die letztlich in der Gunst der Staatsführung standen. Ein Zeichen dafür war die Teilnahme dieser Künstler mit Arbeiten bei den jährlichen offiziellen Ausstellungen im Haus der Deutschen Kunst in München, die meist von Adolf Hitler selbst eröffnet wurden. Zu den führenden Kunstschaffenden dieser Epoche gehörten auch die Bildhauer Arno Breker, Josef Thorak, Georg Kolbe, Adolf Wamper, Emil Hip und andere.

Im Falle von Richard Scheibe ist das Erstaunliche eingetreten, dass ihm sein Wirken in der Nazi-Zeit später nicht zum Fallstrick wurde. Gleich 1946 begann für den damals 67 Jahre alten Berliner Bildhauer eine neue Karriere in der Bundesrepublik unter Bundeskanzler Konrad Adenauer. Scheibe wird bis zu seinem Tod mit zahlreichen Preisen und Ehrungen ausgezeichnet. Er erhält nicht nur das Große Bundesverdienstkreuz verliehen, sondern auch das Halskreuz des Großen Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Als eine Krönung seiner Künstlerkarriere im demokratischen Staat Westdeutschland wird schließlich die Aufstellung einer großen Bronze-Skulptur Junger Mann als „Ehrenmal der Opfer des 20. Juli 1944" zur Erinnerung an das Attentat auf Hitler gesehen. In Anwesendheit des im damaligen Kalten Krieg zwischen der Sowjetunion und den USA weltbekannten Berliner Bürgermeisters Ernst Reuter wird die Bronze im Bendler-Block 1953 aufgestellt. Der Bildhauer ist 74 Jahre alt.

Zum Ansehen Scheibes in der Öffentlichkeit nach 1945 haben offensichtlich gutmeinende Kunsthistoriker beigetragen, die durch Geschichtsklitterung den honorigen Künstler in die Nähe von Protest und Widerstand gegen das NS-Regime rückten. Scheibe selbst widersprach nicht. Die Legenden konnten zum Nutzen des Künstlers blühen. So ist im Jahre 2004 in der offiziellen Scheibe-Biographie des vom CDU-Bundeskanzler Helmut Kohl einst gegründeten Deutschem Historischen Museum in Berlin unter dem Jahr 1946 zu lesen: Scheibe fertigt mehrere weibliche Figuren an: "Aufsteigende", "Stehendes Mädchen", "Hockende", "Liegende" und "Flora".

 

Acht Jahre im Haus der Deutschen Kunst präsentiert

Tatsache ist jedoch, dass zumindest die Bronzen Flora und Aufsteigende aus dem Schaffen im Dritten Reich stammen. Andere Figuren dieser Periode wurden umbenannt. Der stehende Jüngling als Ehrenmal für den Widerstand gegen Hitler ist eine Variation einer Figur aus der NS-Zeit mit einem neuen Entstehungsdatum um 1952. An einem bestehenden Entwurf wurde einfach die Armhaltung verändert.

Insgesamt acht Jahre von 1937 bis 1944 war Scheibes Kunstschaffen bis zum Untergang des NS-Reiches an prominenter Stelle in den Ausstellungssälen im Haus der Deutschen Kunst in München zu sehen. Einige Exponate sind in Katalogen als Bronzen wie folgt dokumentiert: 1937: Zehnkämpfer, 1938: Nymphe und Der Denker, 1938: Jüngling, 1940: Sinnende, Kopf eines Kriegers, Aufsteigende und Flehende. Im Jahr 1942 war Scheibe mit einer ganzen Figurengruppe von 1941 und 1942 im Saal 38 vertreten. 1943 wurde Scheibes „Flora" als Zink-Guss gezeigt. Im vorletzten Kriegsjahr 1944 war die „Herabsteigende" als Zink-Guss ausgestellt, da wegen Materialknappheit Bronze-Güsse auf später verschoben werden mussten. Metalle hatten für Rüstung und Krieg Vorrang.

Am 6. Oktober 1964 starb Scheibe im Alter von 85 Jahren in Berlin. Sein meistbeachtetes Kunstwerk an einem öffentlichen Platz ist bisher der Jüngling am Ehrenmal im Bendler-Block in der deutschen Metropole, wo die Attentäter erschossen worden waren. An dieser Gedenkstätte gegen das NS-Regime legen Bundespräsidenten, Bundeskanzler und Minister der Bundesregierung (Bundesverteidigungsminister Struck) an Gedenktagen Blumen und Kränze nieder.

 

 

Copyright 2004 West-Art, Prometheus 93/2004

 Keep informed - join our newsletter:

Subscribe to EuropeanArt

Powered by www.egroups.com

 

Copyright 2004 West-Art

PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science.

Nr. 93, Autumn 2004