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Schröder und Belka beschwören deutsch-polnische Freundschaft

Vertriebene fordern Wiedergutmachung des Unrechts an Schlesiern

 

Ernste Gesichter bei Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem polnischen Regierungschef Marek Belka in Berlin. Ihre Absage an Entschädigung für an Deutschen begangenes Unrecht und Enteignung findet bei den Betroffenen keine Zustimmung. Die Politiker trifft der Vorwurf, sie wollen die Geschichte und Vergangen schön reden. Dabei könne Unrecht nicht verjähren.

 

Berlin (bpb) Das deutsch-polnische Verhältnis ist nicht so gut, wie es Bundeskanzler Gerhard Schröder und der polnische Regierungschef Marek Belka am 27. September in Berlin beschworen haben. Vor dem Hintergrund der andauernden Diskussion um die Wiedergutmachung an der Vertreibung von Millionen Deutschen aus Polen und der Enteignung ihres Eigentums betonten beide Politiker: Deutschland und Polen lehnen Entschädigungsansprüche ab. Diese demonstrative Erklärung steht jedoch im krassen Widerspruch zu der Forderung der Vertriebenen und Flüchtlinge, die nach Jahrhunderte langer Siedlung in Schlesien endlich Gerechtigkeit verlangen.

An die Adresse der Vertriebenen warnte der deutsche Bundeskanzler Schröder, das «Wunder der Aussöhnung» dürfe nicht von «Ewiggestrigen» zerstört werden. «Für Reparationsforderungen gibt es weder rechtlich noch politisch Raum», meinte der SPD-Politiker. Der polnische Regierungschef Belka drohte den Vertriebenen, solche Entschädigungsansprüche würden die «besten bilateralen Beziehungen zwischen Polen und Deutschland in ihrer Geschichte» kaputt machen.

Die deutschen Opfer von Unrecht, Gewalt und Vertreibung sehen das jedoch ganz anders. Für sie ist die starre Haltung von Schröder und Belka kein Beitrag zur deutsch-polnischen Versöhnung. Der gegenseitige Hass vieler Polen und Deutscher im Verborgenen hat sich auch nach dem Beitritt Polens zur Europäischen Union (EU) nicht gebessert. Die Polen erinnern sich an den Überfall der Hitler-Armee und die Besetzung im Zweiten Weltkrieg. Deutsche wiederum können den Polen nicht verzeihen, dass sie nach Kriegsende in der Zeit des Kommunismus Millionen Schlesier gnadenlos vertrieben haben und weiterhin zu diesem „Verbrechen gegen die Menschlichkeit" stehen.

 

Auch Juden von polnischer Enteignung betroffen

Im Streit um Gerechtigkeit und Entschädigung an die Vertriebenen kommt hinzu, dass Polen auch Eigentum von Juden konfisziert hat. Unzählige Polen leben heute noch in jüdischen Häusern. Sie sind Nutznießer auf Grund und Boden, das einmal einer großen jüdischen Gemeinde gehörte. Das polnische Fernsehen hatte den Mut, kritische Stimmen zu senden. Danach sind polnische Bewohner von Häusern und Betrieben aus Juden-Besitz nicht bereit, diese Güter zurückzugeben. „Die Juden sollen bleiben, wo sie sind. Sie haben hier nur Unglück gebracht", ist zu hören. Das trifft natürlich so nicht zu. Immerhin war der jüdische Bevölkerungsanteil im katholischen Polen eine breite wirtschaftliche und kulturelle Kraft.

Nach 1945 hat sich kaum eine jüdische Familie in Polen niedergelassen. Dagegen war das seit Bundeskanzler Konrad Adenauer mit den USA verbündete Westdeutschland Ziel jüdischer Einwanderung.

Der Hass von Polen gegen Deutsche hatte sich auch in der katholischen Führung nach 1945 niedergeschlagen. Es ist in der Bundesrepublik Deutschland nicht vergessen, dass die katholische Kirche im Kommunismus in Polen keine Gottesdienste für die im Land verbliebenen Deutschen in deutscher Sprache zuließ. Eine solche unverständliche Haltung steht im Gegensatz zu der heute vom polnischen Papst Johannes vertretene offene Haltung zur Weltkirche.

Deutsche Vertriebene im Westen haben von je her Hilfe für Notleidende in Polen geleistet. Ihre Bereitschaft zur Versöhnung zeigt sich unter anderem auch darin, dass Vertriebene Gelder für den Aufbau kultureller Einrichtungen, Kirchen und historischer Gebäude bereitstellen. Ähnliches trifft auch für die Vertreibungsgebiete der Sudetendeutschen in der ehemaligen Tschechoslowakei zu.

 

 

Copyright 2004 West-Art, Prometheus 93/2004

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Nr. 93, Autumn 2004