Foto: Picasso-Kunsthändler Daniel Henry Kahnweiler in seinem Pariser Büro im Gespräch mit Editeur Joe F. Bodenstein. Im Hintergrund das Picasso-Gemälde von 1968 "Im Rausch der Sinne".
Paris/Berlin (bpb) Daniel-Henry Kahnweiler ist der bedeutendst und finanziell erfolgreichste private Kunsthändler des 20. Jahrhunderts. Der deutsche Jude hatte in Paris schon in frühen Jahren feste Vereinbarungen mit Künstlern, die später dann als Repräsentanten der so genannten Klassischen Moderne zu Ruhm und Reichtum kamen. Zu ihnen gehörte vor allem Pablo Picasso und George Braque. Nachdem sich dieser mit Kahnweilers "Liebling" Picasso jedoch gar nicht verstand, trennte sich der Kunsthändler von Braque und verdiente mit Picasso bis an sein Lebensende gut und reichlich.
Als Zeitzeuge der Kulturmetropole Paris seit den 20er Jahren erinnerte sich Kahnweiler 1976: "Arnold Breker begegnete ich erstmals etwa 1924. Er kam in meine Galerie in Paris, die damals klein und bescheiden war. Mein jüdischer Kollege Alfred Flechtheim in Berlin hatte ihn mir ans Herz gelegt. Bei ihm stand Breker bereits unter Vertrag. Flechtheim sagte mir: Der Junge ist ein Naturereignis. Und so kam es ja dann auch."
Kahnweiler, der aus Deutschland nach Frankreich ging, teilte mit Breker die Liebe zu Paris. "Der Arno hat sich hier gleich gut zurechtgefunden", erinnerte sich Kahnweiler. Er interessierte sich auch für die Moderne, die Dichter und Denker. "Aber ich merkte schon, dass er zu einem ganz anderen Zirkel tendierte als die von mir Vertretenen Künstler. Es waren Rodin, Maillol und Despiau, aber auch Brancusi, Renoir, Giacometti, Isamu Nugochi, Calder, Bourdelle, Ernst Jünger, Jean Cocteau und ähnliche, die es ihm angetan hatten.
Und er war--was ich sehr beachtlich fand--dem Moissey Kogan hilfreich zugetan. Der Kogan, das war ja ein unruhiger Geist, ja ein Wandervogel. Er hatte nie genug Geld für seine Ansprüche. Aber das ist ja bei den meisten Künstlern so gewesen.
Bei Arno Breker verhielt es sich ganz anders. Er war verlässlich, hatte immer etwas auf der hohen Kante und lag niemanden auf der Tasche. Das war auch ein Grund, dass der junge Bursche bei den sich etablierenden und führenden Künstlern immer gut ankam.
Als Breker dann während der deutschen Besetzung von Paris im Louvre eine große Ausstellung hatte, strömte dass ganze offizielle Paris dorthin. Und Nazi-Gegner kamen später heimlich, denn wir verabscheuten deutsche Besatzer. Nach 1945 vergaßen die meisten ihren Besuch in der Breker-Ausstellung, denn man wollte mit der Nazi-Zeit gar nichts zu tun haben. Dabei hatte Breker sehr viel für Bedrohte getan. Er hat ja sogar Maillols Modell, die Dina Vierny, eine Jüdin, aus dem berüchtigten Pariser Gefängnis geholt. Das war mehr als mutig."
Copyright 2004 West Art, Prometheus 94/2004