Von Joe F. Bodenstein
Prof. Wilhelm Tank: The proportions of women and men are described with drawings in his five illustrated books on the anatomy of man.
Foto Copyright: Tank Archive, Marco-VG, Bonn
Berlin (bpb) Die Publikation "Form und Funktion: Eine Anatomie des Menschen" des Berliner Wissenschaftlers Professor Werner Tank ist als internationales Standardwerk bis heute im Jahr 2002 unübertroffen. Es ist leider vergriffen. Eine Neuauflage wäre dringend erforderlich.
Über 30 Jahre forschte Tank. Sein anatomisches Hauptwerk wurde 1957 in fünf Bänden in der DDR (Deutsche Demokratische Republik) veröffentlicht. Sein Mitarbeiter und Freund Professor Dr. Ortwin Müller ist im Band fünf genannt. Müller lehrte in der DDR nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen Tanks.
Die Qualität dieser Anatomie des Menschen liegt darin, dass sie rein wissenschaftlich und auf der Grundlage praktischer Erfahrungen verfasst wurde. Tank bedient sich einer klaren Sprache. Sie ist jedem Leser verständlich ist. Die Illustrationen stammen vom Auto. Für einige waren sein Sohn Eike Tank und seine Ehefrau die Modelle. Tank ist der führende Anatomie-Zeichner des XX. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum.
Positiv ist an dem Werk, dass Tank die Bearbeitung nicht unter politisch rassischen Gesichtspunkten vorgenommen hat. Er stellte vielmehr die Übereinstimmung der Körperfunktionen aller entwickelter Rassen heraus und betont die ursprüngliche Gleichheit des Lebewesens Mensch.
The beauty of a portrait is seen in this anatomic drawing. Left: The white man, as he lived in USA and Germany. On the right, is shown the face of the "yellow man", a Chinese. Prof. Tank valued white, yellow and black people as equal human beings of this world. The German scientist was already during World War II against racial discrimination.
Die farbigen Menschengruppen
In den Texten von Tank wird die kosmopolitische Einstellung des Wissenschaftlers und Künstlers deutlich. Er stellt nicht den "weißen Mann" als die Krönung der Schöpfung dar und spielt nicht Weiß gegen Schwarz aus. Tank spricht von den "farbigen Menschengruppen". Er untersucht die Hellfarbigen (Weißen), die Gelben und die Schwarzen als Ebenbürtige. So erscheinen in Tanks Anatomie des Menschen auch Afrikaner, Asiaten (Indien/China) und Mischlinge.
Bei der zeichnerischen Darstellung der Eigenheiten und der Schönheiten des schwarzen Menschen zeigt Tank die gleiche künstlerische Aufmerksamkeit wie beim so genannten weißen Mann. Die Erkenntnisse von Wilhelm Tank bildeten in den letzten Jahrzehnten die Grundlage für andere Anatomie-Bücher, die bunt, attraktiv und unterhaltsam aufgemacht sind. Ein Test bei jungen Leuten höherer Schulen ergab jedoch, dass die Mädchen und Jungen lieber "auf die klare und einprägsame Darstellung" Tanks zurückgreifen würden, wenn es die Bücher in ausreichender Zahl gäbe.
Die Anatomie-Bücher Tanks zeigten sich auch hilfreich für Künstler der klassischen Tradition. Der Bildhauer Arno Breker, mit dem älteren Wilhelm Tank befreundet, kannte die Arbeiten des führenden anatomischen Zeichners seiner Zeit. Breker hat seine eigenen Anatomie-Kenntnisse mit hoher künstlerischer Begabung in unvergleichlichen Skulpturen umgesetzt.
Tank selbst nannte als Inspiration für seine wissenschaftlich-künstlerische Arbeit Michelangelo, Albrecht Dürer &endash; und später dann die Bildhauer Auguste Rodin und Aristide Maillol, die mit Charles Despiau und dem jungen Arno Breker eine Bildhauergruppe mit dem Menschen im Mittelpunkt darstellen.
Copyright 2002 West-Art, Prometheus 85/2002
PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, Politics and Science.
Nr. 85, Winter 2002