Home | Alexander Order | Coats-of-Arms | Articles | Latest News |

Art Gallery | Spiritual Corner

 

 

Josef Thorak, ein deutscher Bildhauer

Ein Schöpfer von unverkennbaren Standbildern, Skulpturen und Porträts

Von Uwe Möller

 

 Die Plastik PROMETHEUS von Josef Thorak.

Dieses Original-Gipsmodell war die Grundlage für Ausführungen in Marmor und Bronze.

Copyright Thorak-Archiv, Marco-VG, Bonn

 

München (bpb) Nie hatte er irgendwelchen Ismen gehuldigt, auch Altmetall und Bombentrümmer nie als Kunstwerke ausgegeben: Josef Thorak. Er war nicht in der Strömung getrieben, sondern ist seinen Kurs gesteuert: als Künstler, als Künder der Wesensmächtigkeit seines Volkes. Was Wilhelm von Bode in Würdigung des Schaffens des Vierzigjährigen 1929 aussprach, dass Thorak durch all die Jahre nach dem Kriege, das Elend und die Korruption der Zeit „ungeschädigt und unbeeinflusst hindurchgehen" konnte, dass er „sich gerade in dieser traurigen Zeit zu voller Eigenart durchgerungen" habe, dies hätte er auch zwanzig Jahre später--nun dem Totgeschwiegenen, dem Verfemten bezeugen können.

1914 die Österreichische Goldene Staatsmedaille, 1919 der Staatspreis des Kultusministeriums von Berlin, sowie der Rompreis 1934 für eine Christusstatue, bezeichnen neben vielen preisgekrönten Wettbewerbsentwürfen die erste Schaffensepoche des Künstlers, die ihre Krönung in der Zuerkennung des 1. Preis für den eingereichten Entwurf des Nationalgründerdenkmals der Neuen Türkei erfährt. Nicht weniger als zehn weitere Denk- und Ehrenmäler schafft der Künstler bis 1937.

Bei der ersten Gesamtausstellung 1935 in Berlin wurden die Modelle der in der Türkei geschaffenen Bauwerke gezeigt: Das Denkmal der Stadt Demirci mit dem stürmenden Reiter und dessen fünf Gefährten, das Befreiungsdenkmal in Eskisehir, das Mahnmal von Antalya, wie das Nationalgründerdenkmal Kemal Atatürks.

In der monumentalen Gruppe der zwei nebeneinanderstehenden, sich die Hände reichenden Kämpfer, den „Kameraden", hatte Thorak -- zur Eröffnung des Hauses der Deutschen Kunst (1936) in München --ein Werk geschaffen, aus dem sich die späteren Gruppen „Familie" und „Kameraden" für das Deutsche Haus auf der Pariser Weltausstellung entwickelten, Werke, denen das internationale Preisgericht den Grand Prix zuerkannte.

„Monumentaler Naturalismus": Mit diesem Schlagwort ächtet man heute das Werkschaffen von Josef Thorak. Wer sich aber auch nur einer einzigen Arbeit des Künstlers erinnert, des Pferdes--Hauptstück der Großen Deutschen Kunstausstellung 1939--in dem die naturalistische Form, fast ornamental gefasst, zur Bildschaffung gebundener Urkraft des Tieres wurde, weiß vom Ringen um Erfüllung.

Wie viele Vorstudien waren nötig gewesen, bis dieser Pferdeleib in solcher Mächtigkeit den Blick bannte! Das „Springende Pferd" war entstanden, wie die „Kämpfenden Pferde", für eine Pferdeschwemme bestimmt: Verkörperungen des Dynamischen, der entfesselten Naturkraft.

 

 DER EDLE RITTER von Josef Thorak.

Ein etwas überlebensgroßes Standbild. Das Foto entstand nach dem Gipsmodell für den Guss in Bronze.

Copyright Thorak-Archiv, Marco-VG, Bonn

 

„Königlicher Reiter" als Denkmal mit historischem Bezug

Welch gewaltige Lebensspannungen Thorak gefühlsmäßig zu entbinden vermochte, davon mögen die Werke des Jahres 1943 zeugen: Der „Königliche Reiter" Friedrich der Große--Feldherr, Staatsmann und Philosoph--als Reiter durch die Zeiten: den Arm zu weisender--und gebietender Gebärde erhoben. Das Ross aus eigenem Willen gebändigt in lebendigem Einklang mit dem Reiter. Gemessenheit und Stolz: „Man darf an nichts verzweifeln, aber man muss jedes Ereignis voraussehen und das, was die Vorsehung uns zuweist, mit ruhigem Antlitz aufnehmen, ohne Stolz über gute Erfolge und ohne sich durch schlechte erniedrigen zu lassen." Dieses, sein Wort stimmt diesen Gleichklang .

Bei Jahresende ist das „Denkmal des jungen Friedrich II." vollendet. Hier sind die Reife des Alters, das Wissen um Sieg, Hingabe und Opfer: staatsmännische Verantwortung, der jugendlichen Begeisterung, der inneren Festigkeit des Glaubens und des hieraus gefassten Entschlusses gewichen. Ein „Vorwärts" spricht aus dem Pferd, das in selbstverständlicher Unterordnung des Elementarischen unter den Willen des Führenden anspringt wie aus dem Reiter, der die Fahne voranreißend das Schwert schwingt. So verschieden der Grundakkord beider Werke: in dem jungen Friedrich sind hier schon die vor der Schlacht bei Leuthen an die verzagende Gefolgschaft, an sein entkräftetes Heer gerichteten Worte lebendig: „Nun leben Sie wohl, meine Herren; in kurzem haben wir den Feind geschlagen, oder wir sehen uns nie wieder."

In den Spannungsräumen der gewaltigsten Werke Thoraks aber entstehen besinnlich-lyrische Schöpfungen: Sei es die „Leda", eine Plastik von klassischer Formvollendung, seien es die „Zwei Menschen" in ihrer scheuen, versunkenen und verhaltenen Gebärde und Haltung von ergreifender Schlichtheit, oder die Gruppe „Letzter Flug": Ikarus--ein Denkmal dem heldischen Menschen.

"Urteil des Paris" jedoch schon zeigt, wie untrennbar lyrisches und monumentales Schaffen gebunden werden können: Die Göttinnen, Einzelgestalten innerer Bewegtheit, werden durch architektonische Einordnung zu einem Gesamtwerk. An einem rechteckigen Schwimmbecken mit den Seitenverhältnissen 2 : 3 war ihre Aufstellung gedacht, die Fertigstellung wurde durch die Kriegswirren vereitelt. An der einen Schmalseite die Göttinnen, auf der Gegenüberliegenden der urteilende Paris. Hier wurden Gebärden und Maße vom Raum bestimmt - und nicht szenisch gestaltet.

 

Thoraks Werk gehört zu dem, was blieb

Nicht ohne Erwähnung neben der freien und architekturgebundenen Plastik darf das reiche Bildnisschaffen bleiben. Von der besonders gern geübten Wachsplastik her rührt wohl das „aus-dem-Stein-treten", das Durchleuchtetsein seiner Porträts des „grauen Wolfs", Kemal Atatürk, das Hindenburgs wie das des polnischen Marschall Pilsudski , jene von Friedrich dem Großen, von Dr. Fritz Todt (dem Schöpfer der Reichsautobahnen) oder Otto von Bismarck. Es ist wohl das bestürzendste Bildnis dieses Eisnamen, der an seinem 80. Geburtstag zu 5.000 jubelnden Studenten sprach: „Das ist eben der Vorzug des germanischen Charakters unter allen übrigen, dass er seine Befriedung in der eigenen Anerkennung des eigenen Wertes findet und kein Bedürfnis nach Prestige und Herrschaft und Vorrecht hat, dass er sich selbst genügt."

In engem Zusammenhang entstanden die Bildnisse und Gestalten, die rein aus ihrer Weltprägung, ihrer inneren Persönlichkeit empfunden und alle 1943 gestaltet wurden: „Paracelsus", „Galilei" und „Kopernikus", „Grünewald" und „Fischer von Erlach", der geniale Baumeister des süddeutschen Barocks, wo uns--hier verdeckt hinter dem linken Knie, der Bildhauer selbst entgegenblickt.

In Salzburg, neben Wien und Prag, eine der Städte, der Fischer sein Wesen aufprägte, sollte Thorak seinen letzten Triumph feiern: 1950, als im Garten von Schloss Mirabell sein Lebenswerk Tausenden von Festspielbesuchern unvergessliches Erlebnis wird. Zwei Jahre später nimmt der Tod dem Künstler den Meißel aus der Faust. Im St. Petersfriedhof in Salzburg findet er die letzte Ruhe. In der Gruft steht die von ihm geschaffene Plastik „Grablegung".

Seine nach 1945 in Hartmannsberg und Großgmain geschaffenen Werke haben in seinem Schaffensraum keine Würdigung gefunden. Die „Heilige Ursula" fand in Linz, eine Mädchengestalt im Linzer Mädchengymnasium Aufstellung. Für Rauris erhielt er einen Auftrag für ein Kriegerdenkmal, für die Missionskirche in Ndanda in Südafrika schuf er die „Madonna mit Kindern".

Was aber bedeutet der Ruhm?

Josef Thoraks Leben hatte die innere Erfüllung gefunden. Und wenn in der Kunst wieder ein menschliches Antlitz, Spiegelbild einer eingeschwungenen Seele gesucht und gefunden wird, wird Thoraks Werkschaffen zu dem gehören--was blieb!

 

 

Copyright 2002 Thorak-Archiv, Prometheus 83/2002

 

 

 Keep informed - join our newsletter:

Subscribe to EuropeanArt

Powered by www.egroups.com

 

Copyright 2002 West-Art

PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, Politics and Science.

Nr. 83, Summer 2002