Von Joe F. Bodenstein
Breker bittet für Hermann Blumenthal. Auszug aus dem Brief von Arno Breker an die Reichskulturkammer aus dem vom 15. Januar 1943. Geldzuschuss für Güsse verlangt.
Berlin (bpb) Der deutsche Bildhauer Hermann Blumenthal (1905 bis 1942) starb als Soldat der Deutschen Wehrmacht nicht im Kampf gegen die Kommunisten an der Ostfront, sondern durch Kugeln sowjetischer Partisanen in Russland. Diese Tatsache war Eingeweihten schon lange bewusst. Zeitzeugen berichteten bereits während der NS-Zeit, dass sich der 37-Jährige Blumenthal auf einem Zug auf der Heimreise befand. Durch Einfluss von Gönnern in Berlin hatte er Heimaturlaub erhalten. Die Freude war jedoch nur kurz.
Unglücklichweise traf in der Schuss aus dem Hinterhalt. Diese Tatsache wird durch einen Brief bestätigt, den Berlin Document Center der Amerikaner in den Nachkriegswirren retten konnte. Darin setzt sich der Bildhauer Arno Breker in einem Schreiben an den Generalsekretär der NS-Reichskulturkammer Hans Hinkel für Blumenthals Witwe Maria, geb. Scholz ein. Leider hat eine Partisanenkugel aus dem Hinterhalt seinem Leben ein jähes Ende bereitet", schreibt Breker in dem vom 15. Januar 1943 datierten Brief. Als offizielles Todesdatum Blumenthals wird der 17. August 1942 genannt.
Die Reichskulturkammer war im Dritten Reich die zentrale staatliche Stelle, die über die Reinheit der Kultur" im Sinne der Nationalsozialisten zu wachen hatte. Breker bat Hinkel um eine Finanz-Hilfe von 4.500 Reichsmark für die Witwe, um zwei Arbeiten Blumenthals zu gießen. Dies war der ausdrückliche Wunsch Maria Blumenthals, die in finanzieller Not lebte.
Um den Tod von Blumenthals haben Kunsthistoriker und Kunsthändler nach 1945 bis heute ein Mysterium gemacht. Bei ihrer Darstellung Blumenthals als Widerstandskampfer und Opfer des NS-Regimes" werden Fakten verschwiegen, die leicht nachweisbar sind. Es wird vor allem die Nähe Blumenthals zu so genannten entarteten Künstlern der NS-Zeit herausgehoben. Die Beziehungen und der Einsatz Arno Breker für Blumenthal oder andere Künstler wie Käthe Kollwitz, Gerhard Marcks wird systematisch übergangen und somit totgeschwiegen.
Tatsache ist, dass Hermann Blumenthal auch in der Weimarer Republik und ihren sozialdemokratischen und kommunistischen Politikern keine Staatsaufträge bekam. Blumenthal war ein begabter, jedoch nicht gefragter Künstler. Seine Formenwelt entsprach nicht dem Schönheitsideal staatlicher Auftraggeber. Glücklicherweise konnte Blumenthal in der NS-Zeit ungehindert privat weiter arbeiten. Er war an Ausstellungen beteiligt, beendete im Olympia-Jahr 1936 die Figuren Sterngucker" und Großer Stehender" hielt sich bis 1937 wiederholt in Italien auf. Außerdem gehörte er der Ateliergemeinschaft Klosterstraße in Berlin an, wo während der NS-Zeit Künstler wie Käthe Kollwitz und Gerhard Marcks unbehindert arbeiten konnten.
Albert Speer, der Architekt Hitlers, berichtete nach seiner Haftentlassung aus dem Kriegsverbrechergefängnis in Spandau, Breker habe sich im Hintergrund auch schützend für diese Ateliergemeinschaft eingesetzt. Breker auf keinen Fall, dass die Künstler davon erfahren, dass er die Sicherung ihrer Ateliers betreibt." Im übrigen habe ihn Breker zu oft genervt", weil er ihn auch für seine Hilfsmaßnahmen einspannte", erinnerte sich Speer.
In einer Ausstellung mit dem Titel "Taking Positions" hat das Henry-Moore-Institut in Leeds/England Skulpturen von Arno Breker und Hermann Blumenthal gezeigt. Kuratorin Dr. Penelope Curtis hat als erste ausländische Kunsthistorikerin 2001 diese Präsentation gewagt. Die Ausstellung war anschließend im Kolbe-Museum Berlin und im Museum Gerhard-Marcks-Haus Bremen gezeigt worden.
Das Kolbe-Museum bemüht sich um das Andenken an Blumenthals wer. Der Kunsthandel ermöglicht durch Nachgüsse der Blumenthal-Skulpturen den Kauf von Bronzen Jahrzehnte nach dem Tod des Künstlers.
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