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Bronzen von Arno Breker gingen als Beutekunst nach Potsdam

 

Suche nach Beutekunst der Nazis brachte es an den Tag

15 Bronzen verschleppt - Sowjetische Truppen machten Schießübungen

 

Berlin/New York (bpb) Auf der Suche nach Beutekunst der Nazis sind Forscher im Jahr 2002 auf ein bisher einmaliges Dokument gestoßen. Es erhellt einen Teil des Kunstraubes in den Nachkriegswirren, dessen Opfer der Bildhauer Arno Breker (1900-1991) wurde.

 

Die Zeugenaussage über Ereignisse zwischen 1945 und 1949 in Wriezen an der Oder und im jetzigen Bundesland Brandenburg mit der Landeshauptstadt Potsdam hat das Museum of European Art in USA (MEAUS) archiviert. Diese gemeinnützige Einrichtung zur Förderung der Kulturbeziehungen unterstützt das Bemühen von Bundeskanzler Gerhard Schröder und seines Kulturstaatsministers Julian Nida-Rümelin, "Beutekunst" der Nazis und der Siegermächte sowohl ehemaligen jüdischen Besitzern als auch anderen Opfern auf beiden Seiten im Zweiten Weltkrieg gegen Hitler-Deutschland zurückzugeben.

"Das Dokument über Breker kam in unsere Hände auf der Suche nach Kunstgegenständen, die deutsche Juden vor der Emigration durch Notverkäufe abgeben mussten", sagte Museumsleiter John Zavrel. "Wir wollen vor allem jüdischen Opfern helfen, ihren Besitz zu finden." Wenn dabei andere Dokumente auftauchen so wolle man diese nicht verheimlichen.

 

Nach einer Aufzeichnung des früheren Leiters des Oderbruch-Museums in Bad Freienwalde/Oder, Hans Ulrich Engel, waren 1949 in Brekers Atelier und Park Jäckelsbruch bei Wriezen lagernde Bronzen nach Potsdam gebracht worden. Beim Vorrücken sowjetischer Truppen auf Berlin hatten die Rotarmisten an den überlebensgroßen Bronzen des Bildhauers Genickschüsse geübt.

"Bisher waren Historiker davon ausgegangen worden, dass die meisten Werke Brekers nach Kriegsende in die Sowjetunion gebracht wurden", sagt Zavrel. Dort war immerhin der Diktator Josef Stalin ein Verehrer des in Deutschland favorisierten Künstlers. Die Kunst-Beute in Deutschland wurde nach geschichtlichen Erkenntnissen aufgeteilt: Bilder und Zeichnungen gingen in die USA, schwere Bronzen transportierte man auf dem Landweg in die Sowjetunion.

Obwohl der Zeitzeuge Engel am 18.Oktober 1951 schreibt, Brekers Bronzen seien in Potsdam 1950 auf Anweisung der DDR-Behörden eingeschmolzen worden, können sich Kunsthistoriker auch andere Möglichkeiten vorstellen. Es gilt als möglich, dass zumindest einige Breker-Bronzen vergraben oder geklaut wurden und so in private Hände kamen. Diesen Spuren nachzugehen wäre Aufgabe der Landesregierung Brandenburg mit Ministerpräsident Manfred Stolpe an der Spitze.

 

Wortlaut der Erklärung.

Die Erklärung von Hans-Ulrich Engel hat folgenden Wortlaut:

 

"In meiner Eigenschaft als ehemaliger Leiter des Oderbruch-Museums zu Bad Freienwalde/Oder und Bergungsbeauftragter für die Brandenburger Oderkreise Angermünde, Oberbarnim und Lebus (jetzt Seelow) bescheinige ich durch Unterschrift folgendes:

Im Zuge der Bergungsaktion wurde das Atelier des Herrn Prof. Arno Breker von der Landesregierung Brandenburg in den Jahren 1946/49 in Jäckelsbruch (Kreis Oberbarnim) verschiedentlich bereist.

1949 gingen die in Jäckelsbruch lagernden Broncen--nach meiner Schätzung fünfzehn verschiedene Ausführungen--mittels Lastkraftwagen, der von der Landesregierung gestellt wurde, nach Potsdam.

Die ausschließlich figürlichen Arbeiten waren sämtlichst völlig unbeschädigt. Lediglich eine männliche Plastik wies eine einen Fingernagel große Einschussstelle an der linken Schläfe auf.

Ebenfalls 1949 wurde ein sehr großes Bronce-Relief vom Atelier Wriezen an den Fugstellen zerlegt und nach Potsdam überführt. Auch das Relief war völlig erhalten.

Die Arbeiten wurden in Potsdam zunächst im Magazingelände von Sanssouci aufbewahrt, später aber nach dem Bauhof Potsdam überführt. Dort lagerten bereits zahlreiche figürliche Bronzen, die einerseits aus der Bergung stammten, zum anderen ehemals den Schmuck der Stadt Potsdam darstellten. Unter den Plastiken befand sich auch das bekannte aus amerikanischer Hand gestiftete Steuben-Denkmal.

Die Plastiken sollten zunächst auf Dringen der potsdamer Kunstsachverständigen vor willkürlicher Vernichtung geschützt werden. Deshalb wurde ein Teil der Arbeiten eingegraben bzw. mit Erde zugeschüttet, da angeblich kein geeigneter Magazinraum zur Verfügung stand. Kurze Zeit darauf--im Herbst 1950--legte man sämtliche Broncen frei und eine bevollmächtigte "Kunstkommission" besichtigte das vorhandene Kunstgut. Die Kommission stand unter der Leitung des Herrn Prof. Nehrlich. Mitglied der Kommission war unter anderem auch Herr Prof. Kurth. Nach eingehender Besichtigung beschloß die Kommission, die vorhandenen Broncen der sogenannten "Friedenswirtschaft" zu übertragen, da sie einerseits keinen Kunstwert verkörperten, zum anderen Überbleibsel Feudalistischer Zeiten darstellten.

Die Broncen wurden im Spätherbst 1950 sämtlichst eingeschmolzen.

Die Vorstehenden Angaben schreibe ich teilweise aus der persönlichen Anschauung und Erinnerung nieder, oder habe sie durch vertrauenswürdige Gewährsmänner bestätigt, fixiert.

Ich versichere, dass die Angaben voll der Wahrheit entsprechen.

Hans-Ulrich Engel

Berlin-Hallensee, am 18. Oktober 1951"

 

Diese jetzt aufgefundene Erklärung stellt die bisher erste Kunsthistorikern zugänglich konkrete Schilderung über den Verbleib von Breker-Skulpturen nach 1945 dar. Brekers gesamte Besitz in Westberlin und in der DDR war enteignet worden. Er wurde weder entschädigt noch hat er nach der Deutschen Einheit bis heute etwas von seinem Eigentum in Wriezen, in Jäckelsbruch und im Oderbruch sowie in Berlin zurückerhalten. In Brekers Atelier in Berlin ist nach 1945 sein ehemaliger Meisterschüler Bernhard Heiliger eingezogen, der bei Kriegsende zuletzt in Wriezen und Jäckelsbruch war. Heute befindet sich in einem Teil des Atelier-Gebäudes in Berlin die gemeinnützige Heiliger-Stiftung.

Ende

(© Prometheus 82/2002)

 

 

 

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PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, Politics and Science.

Nr. 82, Spring 2002