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Ernst Fuchs als Autobiograph: Dali, Breker und Ich

Ernst Fuchs erinnert sich an die Freundschaft des Goldenen Dreiecks

Ein europäisches Multitalent greift zur Feder

 

Von B. John Zavrel

 

Titelseite des Fuchs-Buches Phantastisches Leben. Erinnerungen an Freunde und Widersacher

("Foto: Marco-VG/ Kindler-Verlag München)

 

Wien / München (bpb) Das Multitalent Ernst Fuchs präsentiert sich nun als Autor seiner Erinnerungen auch als ein ausgezeichneter Schreiber. ERNST FUCHS--Phantastisches Leben heißt das Buch. Beim Verlag Kindler in der bayerischen Hauptstadt München ist es erschienen. Fuchs erinnert sich darin auch an die Freundschaft des Goldenen Dreiecks, die er mit dem Surrealisten Salvador Dali (1904-1989) und dem Jahrhundertbildhauer Arno Breker (1900-1991) bildete.

Fuchs wurde am 13. Februar 1930 als Sohn eines jüdischen Vaters in Wien geboren. Die NS-Zeit überlebte er in Deutschland bei seiner Mutter. Als Kind interessierte er sich bereits für die klassischen Skulpturen von Arno Breker, den 30 Jahre älteren Künstler. Später wurden sie Freunde. Fuchs ist nun der letzte dieses Triumvirats europäischer Künstlerfreunde von internationaler Dimension. Er ist der große Malerfürst, betätigt sich auch als Bühnenbildner, Architekt, Komponist und Designer. Weltweit sorgt Fuchs immer wieder für Aufsehen und Diskussionen. Das US-Museum of European Art und die Europäische Kultur Stiftung Berlin haben Arbeiten des Künstlers in ihren Sammlungen.

 

Die Künstler des Goldenen Dreiecks: Salvador Dali, Ernst Fuchs und Arno Breker in Figueras.

(" Foto VG Marco Bodenstein)

 

 

In seinem neuen Buch schreibt er unter Erinnerungen an Arno Breker wörtlich:

 

„Ich konnte nie in das Geheul der Arno-Breker-Fresser einstimmen und möchte auch niemals die Meinung teilen, dass Politik ein Talent zunichte macht. Meine Hochachtung vor Arno Brekers Kunst nahm ich zum Anlass, seine Werke in einer Serie von Fernsehsendungen den Totenmasken-Übermalungen von Arnulf Rainer gegenüberzustellen. Ich wollte die Bandbreite des wichtigen Themas "Mensch und Schönheit" umreißen, was wiederum Gegenstand so manchen Gesprächs mit Salvador Dali wurde.

 

In diesem Zusammenhang erklärte mir Dali, dass er Breker für den besten Bildhauer des XX. Jahrhunderts halte, und er lobte besonders das Relief „Kameraden"--als treffendste Form, in der die Götterdämmerung des „Tausendjährigen Reiches"--eines falschen Welterlösers ihren Ausdruck gefunden habe.

Mir wiederum schien Brekers Erotismus in den hünenhaften Gestalten dieses Reliefs besonders auffällig hervorzutreten--und ich sah darin eine Auseinandersetzung mit einer homophilen Neigung, wie sie auch das Gesamtwerk Michelangelos kennzeichnet. Dali wollte Brekers Relief in seinem damals noch im Bau befindlichen Museo Teatro Dali an dominanter Stelle zeigen. Und er spielte mit den provokanten Aspekten einer solchen Tat, denn er kannte Brekers Ruf als Erz-Nazi und Liebling Hitlers.

Dali fand es lächerlich und beschämend, dass die Memoiren Albert Speers--eine Rehabilitierung seiner Rolle als Meisterarchitekt des Tausendjährigen Reiches--nun von allen Seiten belobigt wurden, während Arno Breker der ewig Sündenbock bleiben sollte.

Allerdings muss man in Rechnung stellen, dass Dali eine fast zwanghafte Neigung zeigte, alles Verfemte als großartig hervorzuheben. Arno Brekers „Kameraden" allerdings waren dann doch eine Schuhnummer zu groß, auch was die Kosten anbelangte, und so ist Dalis Wunsch, sie auszustellen, unerfüllt geblieben.

 

Der spanische Thronfolger Prince Felipe und Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher(rechts) 1991 bei der Enthüllung der Dali-Büste im Museum

(" Foto Marco-VG, Dali-Archiv)

 

 

Dali wollte meine Esther als Kofferraum

Damals schenkte ich Dali meine monumentale Plastik „Königin Esther", denn er dachte daran, sie im Zentrum des Hofes seines Museums in Figueras aufzustellen. Er fragte mich, ob ich es gestatten würde, das ausladende Gesäß der Esther als Kofferraum seiner Cadillac-Limousine zu gestalten. Er hatte die Idee, sie mit Scharnieren aufklappbar zu gestalten, mit dem Originalgriff des Kofferraumdeckels auf dem Gesäß angebracht.

Ich war über dieses Ansinnen nicht wenig erschrocken--merkte aber bald, dass er sich bei dieser Dalinade um eine Provokation handelte. Der Meister fand allerdings eine andere, bessere Lösung dieser ihm so wichtigen Analogie von Gesäß und Kofferraumdeckel, indem er die Skulptur auf eine hohe Säule stellte, die den Cadillac überragte, und so den Vergleich der Formen möglich machte.

Voller Bewunderung sah ich, mit welch einmaligem Scharfsinn Dali die Bilder- und Formensprache der Kunst zu verstehen wusste. In seiner Gesellschaft gab es immer etwas zu lernen. Niemand hat so wie er meine Fähigkeit, Bilder „zu lesen" erweckt und geformt. In diesem Sinne verdanke ich ihm Viel.

 

Dali bat Breker um ein Porträt

Als ich seinen Wunsch vernahm, von Arno Breker porträtiert zu werden, teilte ich dies Breker sofort per Telephon mit; und sehr bald sollte ich die Früchte meiner Vermittlungsrolle sehen: Brekers schönste Porträtbüste.

Nun sind ja Brekers Porträts ohnehin das beste in dieser Kunstform im XX. Jahrhundert--und immer wieder stehe ich bewundernd im Museum (Schloss Nörvenich bei Bonn) vor den Büsten Gerhart Hauptmanns, Jean Cocteaus, Max Liebermanns und Ezra Pounds. Bei allem Realismus, der sie auszeichnet, ist eine Überhöhung spürbar, die mich in die Porträtkunst der Antike und der Renaissance erinnert. Dieser Aspekt scheint mir das bedeutendste Merkmal Brekerscher Kunst zu sein."

Ernst Fuchs schildert in seinem Buch „Erinnerungen" dann auch eine Gemeinsame Reise mit Breker zu Dali nach Spanien. Bei traten die Reise in Wien an. Fuchs schreibt:

 

Auch Breker war von Dali begeistert

„Wir traten die lange, für den um Jahrzehnte älteren Kollegen beschwerliche Reise von Wien aus an.

Im Patio des Dalischen Ateliers begann Breker, den Hausherrn auf einigen großformatigen Bögen zu skizzieren. Ich wiederum hatte ein Kamerateam aus Wien mitgebracht, das diese Vorgänge und mein Interview mit den beiden Künstlern für den ORF aufzeichnete. Das waren auf- und anregende Tage, und manches Ereignis ist mir unvergesslich geblieben. So wollte Dali unbedingt den ganzen Tag über im Fond meines Rolls-Royce sitzen und die „Jupiter-Sinfonie" von Mozart hören--von Herbert von Karajan dirigiert, ertönte sie aus einer famosen HiFi-Anlage. Verzückt saß Dali im Wagen und klopfte mit dem Spazierstock, den er immer bei sich trug, den Takt; dazu sang er mit brummig dröhnender Stimme--atonal begleitende Töne, die einen seltsamen Zusammenhang mit dieser Musik hatten.

Dali liebte berauschende Musik, vor allem von Richard Wagner, und es gehörte zu den verrückten Eigenheiten seiner Arbeitsmethode, dass er während des Zeichnens und Males ständig sang. Meist waren es katalanische Volkslieder, aus seiner Kindheit, die von einer polternden Fröhlichkeit waren.

 

Arno Breker war begeistert; das Treffen mit Dali hatte ihn zu neuem Leben erweckt, und neue Hoffnung auf seine Rehabilitierung erwachte in ihm. Er war wie verwandelt. Die Büste, die er von Dali schuf, ist ein beredtes Zeugnis dieses neu erwachten Optimismus und gehört zum Schönsten, was Breker gemacht hat.

 

Porträt Salvador Dali von Arno Breker.

("Foto VG Marco Bodenstein, Bonn)

 

 

Ich malte ein Ölporträt von Breker

Mein Zahnarzt Dr. Frank Braun aus Düsseldorf, der zu den Verehrern Brekers zählte, war ein Mann, dessen Kennerschaft ich sehr schätze. Er sprach mich einige Male darauf an, ich möge ein Porträt von Arno Breker malen. Während der Sitzungen sollte ein Dokumentarfilm gedreht werden.

Auf ähnliche Weise hatte ich bereits Edward Teller, den Erfinder der Wasserstoffbombe, und den deutschen Kaiserenkel Louis Ferdinand porträtiert.

Ich malte Brekers Porträt mit größtem Vergnügen. Breker war alt geworden, sehr alt und gebrechlich. Er arbeitete damals an einem Denkmal Alexander des Großen--seinem letzten großen Werk. Nicht lange nachdem ich sein Porträt gemalt hatte, starb der Meister. Mein Bildnis zeugt von dem Gram, der sein Gesicht zerfurchte--infolge der unzähligen Beleidigungen, die er zu ertragen hatte.

 

Trotz aller Bemühungen und Richtigstellungen kompetenter Fachleute ist Breker der Sündenbock für die Verbrechen der Hitlerzeit geblieben, und alle, die sich für sein Werk einsetzen, wurden mit ihm verfemt. Dass gerade er der Erfinder des sportlichen Schönheitsideals (im Sinne der nationalsozialistischen Gesellschaft und ihrer Olympiade) sein sollte, ist sicher kein Zufall. Viel Feind, viel Ehr ? In der Schmiede des Schicksals wird oft härter zugeschlagen, als es manch einer vertragen kann. Sehr junge Menschen, selbst wenn sie begabt und den Künsten zugeneigt sind, wissen oft nichts von diesen verhängnisvollen Facetten des Schicksals."

 

("Copyright Prometheus 82/2002)

 

 

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Nr. 82, Spring 2002