Berlin (bpb) Bundeskanzler Gerhard Schröder hat den deutschen Milliardär Friedrich Christian Flick im Bundeskanzleramt Berlin empfangen und öffentlich dafür gedankt, dass er seine moderne Kunstsammlung im Wert von 125 Millionen Euro in Berlin ausstellen will. Vorher hatte die Schweiz es abgelehnt, die Sammlung des Flick-Erben anzunehmen. Der Vorwurf steht im Raum: Die Flick-Dynastie hat ihr Milliarden-Vermögen in der Hitlerzeit durch günstigen Kauf jüdischen Besitzes und Ausbeutung von Sklavenarbeitern aus Konzentrationslagern zusammengetragen. Im Streit sah man in der Schweiz Parolen an den Wänden wie: Nazi-Flick hau ab".
Flick suchte daraufhin persönlichen Kontakt zu SPD-Bundeskanzler Schröder. Bei dem Empfang im Bundeskanzleramt war der alte jüdische Kunstsammler Heinz Berggruen dabei. Für Kritiker diente er als Aushängeschild dafür, dass der Bundeskanzler einen Schlussstrich unter die Nazi-Vergangenheit der Flick-Familie ziehen möchte. Jüdische Kreise in New York sehen diese Entwicklung mit großem Argwohn.
So leicht wird es jedoch nicht werden. Flick verweigert sich nach wie vor, in den Entschädigungsfonds der deutschen Wirtschaft für jüdische Zwangsarbeiter Geld zu zahlen. Dabei wäre er als Miterbe des in der Nazi-Zeit zusammengetragenen Milliardenvermögens moralisch verpflichtet, etwas von den Verbrechen an hilflosen KZ-Häftlingen gut zu machen.
Die Ehrbezeugung durch den SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder gegenüber Flick in Anwesenheit von Film und Fernsehen hat auch Protest und Kritik gefunden.
Es gilt als unverständlich, wie der Kanzler ein Mitglied einer durch die NS-Zeit schwer belasteten Familie so umwerben kann, während gleichzeitig rechtschaffene Künstler der NS-Zeit durch das Verhalten der Regierung diffamiert und von öffentlichen Museen ausgeschlossen werden.
In konservativen jüdischen Kreisen wird Berggruen vorgeworfen, er lasse sich von der Politik missbrauchen und fühle sich offensichtlich im Kreis von Staatsmacht und Geld wohl. Die ARD-TV-Sendung Panorama berichtete kritisch über das Ereignis. Flick selbst lehnte eineTV-Stellungnahme ab. Dabei wären die Äußerungen des Miterben des wichtigsten Rüstungslieferanten von Adolf Hitler sehr erwünscht, um Klarheit über seine Absichten zu erhalten.
Festzustehen scheint, dass Flick seine Kunstsammlung nicht in eine Stiftung umwandeln will, wie es etwa der berühmte Kunstmäzen und Museums-Stifter Professor Dr. Peter Ludwig (Köln/Aachen) getan hat. Flick will nach eigenen Angaben seine alleinige Verfügungsgewalt über die 2.500 teils monumentalen Kunstobjekte nicht verlieren. «Ich habe gesagt, dass ich in Zürich weitermachen möchte. Aber es gibt eine gewisse Schmerzgrenze, und wenn die erreicht ist, dann überlege ich mir Alternativen», sagte Flick. Als Zukunftsmöglichkeiten nannte er auch als Standorte seiner Sammlung Dresden, Venedig, Monte Carlo.
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