Moissey Kogan: Portrait mit fragenden Augen. Kleinskulptur aus der Sammlung F.B.
Foto Copyright Kogan-Archiv/Marco-VG, Bonn
Berlin (bpb) Das Museum Gerhard Marcks-Haus in Bremen hat im Oktober 2002 eine erschreckende Meldung in das Internet gesetzt. Danach soll der jüdische Bildhauer Moissey Kogan 1943 in einem Nazi-KZ ermordet worden sein.
Museums-Kurator Ari Hartog sagte zu dieser Behauptung, man beziehe sich auf eine bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht veröffentlichte Dr.-Arbeit einer Kunststudentin. Sie will herausgefunden haben, dass der Name Moissey Kogan unter der Nummer 290 auf einer Deportationsliste in Frankreich stand. Daraus wurde gefolgert, dass der 1879 geborene Künstler auch wirklich abtransportiert wurde und gemutmaßt, dass Kogan am 13. Februar 1943 in der Gaskammer des KZ-Auschwitz umkam. Weitere Schriftliche "Beweise" oder Zeugen wUrden nicht angeführt
Die Europäische Kultur Stiftung in Berlin bittet nun herzlich alle noch lebenden Zeitzeugen und deren Nachkommen um Aufklärung des Schicksals von Kogan. Informationen über Leben und Werk werden erbeten an info@europaeische-kultur-stiftung.org
Die jetzt rund 60 Jahre nach dem mutmaßlichen Todesdatum veröffentlichte Schreckensnachricht steht im Widerspruch von Aussagen der Schweizer Kunstsammlerin Edwige Soder. Sie verkehrte als Freundin der Kunsthändlerin Jean Castell und des Malers und Bildhauers Jean Fautrier mit jüdischen Künstlern und führte ein Kogan-Archiv. Madame Soder berichtete dem politischen Korrespondenten Joe F. Bodenstein 1976 in Paris, sie habe Kogan zuletzt 1939 gesehen. "Er sagte, er will sich zurückziehen, entweder nach Süden oder nach Holland". Darin habe sie nichts außergewöhnliches gefunden. "Kogan war immer schon etwas eigensinnig, hatte kaum Geld und war auf Bekannte sowie Freunde angewiesen. Schon als junger Mensch war er nach dem ersten Weltkrieg für einige Jahre spurlos verschwunden und ängstigte Freunde." Nach Jahren sei er dann plötzlich wieder da gewesen.
Kogan war es nach Angaben Soders 1939 besonders wirtschaftlich und gesundheitlich schlecht gegangen. "Keine Aufträge, keine Käufer, nicht einmal für seine kleinen Figuren." Der "sympathische und bescheidene Mann" habe sich jedoch immer wieder als Überlebenskünstler erwiesen.
Copyright 2002 West Art, Prometheus 84/2002