Persönlichkeiten der Zeitgeschichte aus der TV-Dokumentation Deutsche Lebensläufe: Arno Breker modelliert den Schriftsteller Ernst Jünger, dessen Filmbiografie in dieser Reihe noch nicht erschien. (links). Daneben ist Winifred Wagner zu sehen, die Schwiegertochter des Komponisten Richard Wagners. Sie war mit Adolf Hitler sowie Arno Breker befreundet und leitete im Dritten Reich die Bayreuther Festspiele
Mainz (bc) Deutsche Lebensläufe" heißt eine Fernsehfolge, deren Beiträge als historische Dokumentation über Deutschland vom Kaiserreich bis nach dem Dritten Reich immer beliebter werden. Die Dokumentation gilt als ein willkommener Ausgleich zu dem Geschäft mit der Nazi-Zeit", das nach kritischen Stimmen neben Verlagen auch das ZDF mit seinem Haushistoriker Prof. Dr. Guido Knopp betreibt. In einer ZDF-Serie Hitlers Helfer" schreckte der Autor selbst vor der Rolle des Vatikans in der Hitler-Zeit nicht zurück.
Knopps Rezept wirkt einfach: alles was schlecht und böse ist darf über das Dritte Reich berichtet werden. Subjektive Interpretationen, Vermutungen und Gerüchte sind erlaubt. Der Autor scheint eigenmächtig zu agieren und erhält beste Sendeplätze. Die Attraktion für das Publikum sind die ungewöhnlichen Filmdokumente aus der NS-Zeit. Sie stammen aus Archiven, deren Eigentumsrechte mitunter umstritten sind..
Mit den privilegierten Sendeterminen der Knopp-Serie und deren Finanzierungsmöglichkeit kann die Folge Deutsche Lebensläufe" nicht mithalten. Ihre Termine auf Dritten Programmen liegen nachts zur späten Stunde. Das steigende Interesse der TV-Seher ist nach Ansicht von TV-Beobachtern auf die Qualität der Beiträge und die neutrale Recherche der Filmmacher zurückzuführen.
Am 31. Oktober 2002 gingen die Deutschen Lebensläufe" in die zweite Runde, wie der Südwest-Rundfunk (SWR) Baden-Baden meldete. Es sind Fernsehdokumentationen über:
1. den Schriftsteller Sebastian Haffner (1907-1999), der Aus Liebe zu seiner jüdischen Frau Deutschland verließ und nach 1945 in der Bundesrepublik Karriere machte.
2. über den Komponisten Kurt Weill (1900-1950), der die Drei-Groschen-Oper schrieb und über Paris in die USA ging,
3. Rudi Dutschke (1940-1979), der als selbst ernannter Berufsrevolutionär" und Leitfigur der Außerparlamentarischen Opposition (APO) in der Bundesrepublik 1968 bei einem Attentat schwer verletzt wurde
4. den Bildhauer Arno Breker (1900-1991), der international als der bedeutendste Bildhauer der Klassischen Tradition im 20. Jahrhundert gilt, aber wegen seiner Zusammenarbeit mit Albert Speer und der Staatsaufträge für die Neugestaltung der Reichshauptstadt Berlin durch Adolf Hitler kritisiert wurde.
5. den Dramatiker Arnold Bronnen (1895-1959), der seine politische und ideologische Zugehörigkeit wie kaum ein anderer wechselte. Er war nach Darstellung des Senders Kommunist, dann Nazi, dann wieder Kommunist. Er war Jude, der katholisch wurde. Zuletzt lebte Bronner in der kommunistischen DDR.
6. den Philosophen Martin Heidegger (1889-1976). Er wird bis heute auf der ganzen Welt verehrt und nicht minder heftig abgelehnt. Der Philosoph stellte die Frage nach dem Sein und dem Sinn der menschlichen Existenz. In der NS-Zeit war er zeitweise Rektor der Freiburger Universität.
Die Deutschen Lebensläufe" sind eine Kooperation der Kulturredaktionen der vier ARD-Sender SWR, SR, ORB und SFB Berlin. Der Saarländische Rundfunk beteiligt sich erstmals mit der Produktion über Arno Breker" der Berliner Regisseurin Dagmar Wittmers. Ihr ist es erstmals gelungen an bisher nicht zugängliches Archivmaterial über Breker heranzukommen. Damit wird dieser Film ein besonders wichtiges kunst- und zeitgeschichtliches Dokument..
Die federführende SWR-Redakteurin Martina Zöller erklärte zu der Filmstaffel: Wir wollen Lebensgeschichten in ihren Widersprüchen erzählen und auf diese Weise Geschichte begreiflich machen. Um Bewertungen oder gar Verurteilungen geht es uns nicht."
Die erste Staffel der Deutschen Lebensläufe" war für den Grimme-Preis 2002 nominiert worden. Sie umfasste die Filmbiografien von Wilhelm Furtwängler, Heinz Rühmann, Johannes R. Becher, Joseph Beuys, Winifred Wagner und Heiner Müller.
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