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Manfred Welzel: Als Schüler bei Arno Breker 1941 bis 1943

Berlin-Atelier am Käuzchensteig war internationaler Treffpunkt

"Auch Charles Despiau lobte meine Arbeit"

 

Von Manfred Welzel

 

Berlin/Stuttgart (bpb) Der Bildhauer Manfred Welzel war einer jener Schüler von Arno Breker (1900-1991) die dem europäischen Bildhauer über den Tod hinaus die Treue hielten. Welzel hatte seinen Meister auch nach Kriegsende nie verleugnet. Das Bekenntnis zu dem Bildhauer, der im Dritten Reich bei der Neugestaltung Berlins nach Plänen des Architekten Albert Speer den Skulpturenschmuck schaffen sollte, hat Welzel in der Bundesrepublik Kritik von jenen eingebracht, die Brekers einstige Schüler bis heute in Sippenhaft nehmen.

Mit seiner Schilderung widerlegt Welzel die von deutschen Kunsthistorikern nach 1945 verbreite Meinung, im Staatsatelier Käuzchensteig in Berlin habe Breker kaum gearbeitet. Der Schüler Welzel hat dieses Atelier als einen internationalen Treffpunkt bedeutendere Persönlichkeiten der Zeit erlebt. Nach Ende des Dritten Reiches ist Brekers Schüler Professor Bernhard Heiliger im Staatsatelier am Käuzchenstein eingezogen. Heute befindet sich in einem Teil des Baus aus dem Dritten Reich die Bernhard-Heiliger-Stiftung Berlin.

 

Im Jahr 2000, neun Jahre nach Brekers Tod, erinnerte sich Manfred Welzel noch lebhaft an seinen Lehrmeister. Die Niederschrift des Bildhauers hat folgenden Wortlaut:

Manfred Welzel: " Als ich das erste Mal Arno Breker erlebte, war ich noch nicht 14 Jahre alt und hatte einige kleine Tierplastiken aus Wachs angefertigt. Meine Tante hatte ihn in Berlin um ein Vorstellungsgespräch gebeten.

Bis etwa 1938 hatte Arno Breker das Atelier in Charlottenburg in der Fraunhofer Straße. Es lag neben der Rudolf-Steiner-Schule, die ich besuchte. Von unserem Pausenhof aus konnte ich in den Ateliergarten schauen.

Das Vorstellungsgespräch fand bereits in dem Atelier in der Herbertstraße in Berlin-Hallensee statt. Arno Breker war gerade an einem etwa einem Meter großen Relief-Entwurf eines fallenden Kriegers beschäftigt. Er hat sich meine Arbeiten ganz genau angeschaut und meinte dann: "Ja, der Junge muss aus der Schule. Er hat eine ganz einseitige Begabung!" Brieflich kam dann das Angebot, dass er mich selbst zur Ausbildung übernehmen würde.

An Ostern 1941 verließ ich die Realschule und begann meine Bildhauerlehre in der Herbertstraße. Dort betreute mich zunächst ein älterer Bildhauer. Ich musste Antiken-Köpfe kopieren und lernte das Gipsgießen.

1943 zog ich mit Breker um in das größere Atelier am Käuzchensteig. Hier arbeitete gerade der Bildhauer Schmiedecke an einer lebensgroßen Marmorversion der "Sinnenden", die meines Wissens als Geschenk für Adolf Hitler vorgesehen war.

 

Antiker Marmorstein als Arbeitsmaterial

Ich hatte auch dort weiterhin antike Köpfe zu kopieren. Für die Nachbildung eines Apollon Kopfes beispielsweise übergab mir Professor Breker einst einen alten griechischen Marmorrest, welcher grünlich schimmerte. Von dem ausgehauenen Kopf sagt er: "Der lebt ja richtig!"

Im Februar 1942 kam ich dann--eine große Besonderheit, die ich nur ihm zu verdanken habe--als erst Sechzehnjähriger in seine Akademie-Klasse. Wir waren dort höchstens vier bis fünf Schüler, hatten aber keinen so engen persönlichen Kontakt. Jeder arbeitete für sich. Ein männliches Modell stand uns zur Verfügung. Professor Breker kam regelmäßig einmal in der Woche zu uns. Dabei betrachtete er die Arbeiten von uns allen sehr genau und besprach sie eingehend. Damals hat er mich auch mit Professor Wilhelm Tank bekannt gemacht. Er war der führende Mann für Kunstanatomie von Mensch und Tier. Bei ihm konnte ich dann im Abendkurs zeichnen.

Meine Ausbildung bei Arno Breker endete im Juli 1943, als ich zum Arbeitsdienst und anschließend zur Wehrmacht eingezogen wurde.

 

Charles Despiau und viele Franzosen kamen ins Atelier

Das Atelier Arno Brekers im Käuzchensteig war für mich jungen Burschen damals riesig. Es war etwa 13 Meter hoch. Dorthin kamen öfters Diplomaten aus dem Ausland. Sie durften sich zwanglos umsehen und über die Arbeiten informieren.

Dabei war Breker immer sehr gastfreundliche. Seine Frau Miminah, eine Griechin, hat alles organisiert. Einmal waren französische Künstler eingeladen, so auch Aristide Maillol und sein Künstlerfreund Charles Despiau. Maillol kam nicht zu uns ins Atelier, jedoch Despiau mit Begleitern. Sie guckten mir bei der Arbeit zu und redeten wohlwollend auf mich ein. Das tat besonders auch Despiau, wie ich später erfuhr. Leider verstand ich kein Wort davon, was der große französische Bildhauer zu mir sagte.

 

Plötzlich stand der Dichter Hauptmann unter uns

Auch an Gerhart Hauptmann erinnere ich mich noch. Er war 1942 gerade von Arno Breker porträtiert worden und kam danach, ebenfalls mit größerer Begleitung. Plötzlich stand der Literaturnobelpreisträger mitten unter uns. Er gab jedem von uns die Hand und meinte zu mir: "Eine solche Umgebung möchte ich auch in meiner Jugend gehabt haben!" Anschließend lud uns Hauptmann alle zur Abendaufführung seines Stückes "Weland" mit Heinrich George ins Schillertheater Berlin ein.

 

Gerhart Hauptmann in Arno Breker's studio.

 

Ein andermal, daran erinnere ich mich auch noch gut, hielt Professor Breker im großen Atelier-Raum im Käuzchensteig eine Ansprache. Wegen der vielen Gäste war er auf ein Podest gestiegen. Er sagte unter anderem: "Es sind ja so große Sachen geplant für die Umgestaltung der Reichshauptstadt, dass man auf den Gedanken kommen könnte: da stimmt doch etwas nicht. Doch in Wriezen (in den Ateliers von Arno Breker nord-östlich von Berlin im Oderbruch) ist bereits so manches davon tatsächlich entstanden."

 

Groß war die Fürsorge Arno Brekers für seine Schüler und Gehilfen. So sorgte er des öfteren dafür, dass nach Festessen mit Diplomaten auch immer etwas für uns abgefallen ist. Überhaupt hat Breker seine Schüler ernsthaft betreut. Mir insbesondere hat er sehr viel Gutes getan und mich ganz besonders gefördert.

 

The great French pianist Alfred Cortot's portrait-bust by Breker.

 

In dem großen Atelier im Käuzchensteig hatte Arno Breker an dem einen Ende ein so genanntes Privatatelier. Dort hat er berühmte Leute empfangen. Der Architekt Albert Speer und der Architekt Wilhelm Kreis gehörten dazu. Ich selbst sah Breker in diesem Privatatelier nur einmal, und zwar als er das Portrait des französischen Musikers Alfred Cortot modellierte. Ich durfte an einem Tag dabei sein. Geduldig erklärte mir Breker an dieser Arbeit, wie man immer Profile sehen müsste. Breker hat dort auch nach Aktmodellen modelliert.

Die menschliche Gestalt hat Arno Breker vollständig beherrscht."

 

(Manfred Welzel, Bildhauer. Stuttgart, im März 2000)

(© Prometheus, 82/2002)

 

 

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Nr. 82, Spring 2002