Home | Alexander Order | Latest News


Kurt Arentz ist ein Meister des Porträts

Laudation zum 75. Geburtstag des Bildhauers 2009

 

Von Prof. Dr. Hermann Schäfer

 

Prof. Dr. Hermann Schäfer, Historiker. Er war Gründungspräsident des Museums Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (HDG) in der Bundeshautstadt Bonn, das Bundeskanzler Helmut Kohl initiiert hatte. Prof. Schäfer hat das Museum fast zwei Jahrzehnte erfolgreich geführt und es zur meistbesuchten zeitgeschichtlichen öffentlichen der Bundesrepublik gemacht. Die von Schäfer geführte Institution gilt international als ein Vorbild und als Maßstab für ähnliche Einrichtungen im Ausland. Im Anschluss war Prof. Dr. Schäfer Vize-Staatsminister der Bundesregierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel im Bundeskanzleramt Berlin. Das Foto zeigt Prof. Schäfer mit dem früheren US-Präsidenten George Bush im Rahmen eines Berlin-Besuchs.

Copyright: Photograph Marco/Bonn

 

 

Berlin/Bonn/Nörvenich (bpb) Kurt Arentz (geboren am 30. Mai 1934 in Köln) gilt es heute zu ehren. Es gilt auch, sein künstlerisches Schaffen zu betrachten und zu bewundern.

Ich habe K. A. kennen gelernt vor über einem Jahrzehnt, und wir sind uns seitdem an unterschiedlichsten Orten begegnet--nicht zuletzt auch in seinem Atelier, wo ich auch die Entstehungsweise seiner Kunst und seinen Stil besser kennengelernt habe.

Ich verdanke Ihnen, lieber Herr Bodenstein, diese Bekanntschaft mit dem Künstler, und dafür bin ich ihnen bis heute dankbar. Nicht nur aus diesen Gründen bin ich sehr gerne Ihrer Einladung gefolgt, hier und aus diesem Anlass zu sprechen.

Diese Ausstellung im Museum Europäische Kunst Schloss Nörvenich zeigt einen guten Einblick in das künstlerische Wirken des Meisters. Lassen Sie uns vorab der Europäischen Kultur Stiftung (EKS) danken, dass Sie die Ausstellung in diesem Museum Europäische Kunst veranstaltet.

Bereits im Vorfeld hat diese Präsentation großes Interesse gefunden. So kam der amtierende US-Botschafter, John M. Koenig, bereits am Monatsanfang von Berlin nach hier, um die von Kurt Arentz gestalteten Büsten, vor allem auch die der US-Präsidenten Ronald Reagan und Bill Clinton zu sehen. Sie, Herr John G. Bodenstein, haben als EKS-Präsident den ranghohen Diplomaten durch Ausstellung und Schloss geführt. Auch dieser Besuch ist als ein Zeichen der Wertschätzung für die Stiftung und Ihr Museum hier im Schloss zu Nörvenich zu betrachten.

Da wir alle wissen, dass Sie dies alles ganz ohne öffentliche Förderung zustande gebracht haben und weiterführen, wollen wir Ihnen an dieser Stelle kräftig danken. Dieser Applaus bringt Ihnen zwar keinen Geldregen, aber er möge doch &endash; wie bei Künstlern &endash; ein wenig auch Lohn und Anerkennung für viel, viel höchst engagierte Arbeit sein. Machen Sie weiter so, liebe Familie Bodenstein, das wünschen sich Ihre Gäste am heutigen Tag.

 

Nun zu unserem Jubilar Kurt Arentz:

In Deutschland haben viele Menschen, viele Feuilletons, viele Kritiker ein gebrochenes Verhältnis zur Tradition, zur Porträtkunst, und zwar sowohl in der Malerei als auch der Bildhauerei, seitdem der Nationalsozialismus aus Statuen Heldenverehrung machte. In anderen Ländern ist dies ganz anders. Und so brauchte, wer sich der Portraitkunst verschrieb, in Deutschland auch mehr Mut als in anderen Ländern. Kurt Arentz hatte und hat diesen Mut.

Über diese und andere Probleme der Bildhauerei wurde viel diskutiert, geschrieben, auch über Kurt Arentz. Lassen Sie mich daher auf neue Aspekte eingehen, die in dieser Ausstellung sichtbar werden.

Beim Betrachten der Exponate wird deutlich, auf welchem künstlerischen Fundament Kurt Arentz aufbaut: Es ist die christlich-abendländische Kultur und es ist die klassische Tradition in der bildenden Kunst.

Verbunden mit der Antike geht Arentz seinen eigenen Weg der Interpretation. Das gilt für das Porträt, das gilt in gleichem Maße für seine Darstellung der Tierwelt. Beide Bereiche tragen unverkennbar die Handschrift des gestaltenden Bildhauers. Und diese Handschrift ist es, die Form und Wirkung eines Kunstwerkes in unserem Gedächtnis unverkennbar bewahren, die einen Gestalter zum Künstler werden lässt.

 

Der Erkennungswert in der Kunst

In der bildenden Kunst klassischer Tradition ist der Erkennungswert einer Darstellung von eminenter Bedeutung. Dies trifft in besonderem Maße für Bildnisbüsten, für Porträts zu. Auf diesem Gebiet hat Kurt Arentz eine hohe Meisterschaft erzielt. Zu Recht wird er auch meines Erachtens heute zu den bedeutendsten zeitgenössischen Gestaltern von Porträtbüste gezählt. Und mehr noch: Kurt Arentz hat tatsächlich mehr Bildnisse prominenter Politiker und führender Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Kirche, Medien, Kunst und Kultur geschaffen, als jeder andere Bildhauer der Gegenwart.

Sie haben alle schon von der berühmten Kanzlergalerie im Bundeskanzleramt gehört. Auch davon, dass mancher Kanzler das Bild des von ihm einmal selbst ausgewählten Künstlers später nach der Realisierung nicht mehr gerne sah, ja in einem Fall sogar überarbeiten ließ. Ich komme auf die Kanzlergalerie nochmals zurück.

Weniger bekannt, aber meines Erachtens viel bedeutender, ist die Galerie unserer Bundespräsidenten. Sie findet sich im Bundespräsidialamt Berlin. Dort in der sogenannten „Ehrenhalle der Bundespräsidenten" steht die Bronzebüste „Roman Herzog". Kurt Arentz hat sie geschaffen, Roman Herzog hatte ihn darum gebeten. Sie entstand als staatlicher Auftrag an Kurt Arentz. Übergeben wurde sie seinerzeit im Schloss Bellevue von Bundespräsident Johannes Rau in Anwesenheit des Altbundespräsidenten Roman Herzog, geladener Ehrengäste wie Bundespräsident a. D. Richard von Weizsäcker und Konsul John B. Zavrel, dem Direktor für internationale Beziehungen der Europäischen Kultur Stiftung Nörvenich. Es war eine bewegende Feierstunde für alle die dabei sein durften.

Weitere von Kurt Arentz geschaffene Portraits verschiedener Politiker finden Sie im Berliner Abgeordnetenhaus. Dort erinnern vier Bronzen an demokratische Politiker, die sich um die geteilte Stadt Berlin und jetzige Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland verdient gemacht haben.

 

Internationale Beachtung

Die Porträtkunst von Kurt Arentz findet seit langem internationale Beachtung und Anerkennung. So sind Büsten der US-Präsidenten Bill Clinton, George Bush (sen.) und Ronals Reagan in offiziellen US-Sammlungen. Zu Bush und vor allem Ronald Reagan haben sich sogar freundschaftliche Bande zwischen Bildhauer und Präsidenten entwickelt nach der persönlichen Übergabe der Porträts in den USA. Der mit Deutschland besonders verbundene Ronald Reagan hat außerdem eine Darstellung der von Arentz modellierten Weißkopf-Seeadler LIBERTY und FREEDOM in seiner Sammlung. Immerhin ist der Weißkopf-Seeadler das Wappentier der United States of America. Ich habe sie übrigens in der Presidential Library von Ronald Reagan seinerzeit selbst bewundern können.

Aus der Vielzahl der Porträts möchte ich noch auf einige hinweisen, die an öffentlichen Plätzen stehen oder sich in angesehenen Sammlungen befinden. Da ist zum Beispiel das Porträt des berühmten Kardinals Frings aus Köln. Das Denkmal für den legendären Kirchenmann der Nachkriegszeit steht an einem öffentlichen Platz in der Domstadt und findet große Zustimmung in der Bevölkerung.

Die Porträts von Konrad Adenauer und Charles de Gaulle, von denen heute hier Exemplare im Foyer des Museums zu sehen sind, erinnern auch vor dem Rathaus in Leverkusen an die beiden großen Staatsmänner, die nach 1945 die deutsch-französische Versöhnung eingeleitet und vollzogen haben.

Besonders hervorheben möchte ich auch das Porträt von Papst Benedikt XVI. Es ist das erste Bildnis dieses „deutschen Papstes" auf dem Stuhl Petri, das von einem deutschen Bildhauer geschaffen wurde.

Und schließlich wird bald schon auch eine Büste des israelischen Staatsmannes Shimon Peres in Jerusalem ihren offiziellen Platz finden.

 

Episode aus dem Bundeskanzleramt

Meine Damen und Herren, all diese Bildnisse, die Kurt Arentz schuf, zeichnen sich aus durch Naturtreue. Sie sind von hohem Wiedererkennungswert. Und das ist es, was die meisten Menschen auch von einem solchen Werk erwarten.

Hier möchte ich eine wahre „Episode" erzählen, die Bundeskanzler Willy Brandt betrifft: Nach Ende der Kanzlerschaft von Brandt wurde der bekannte Künstler Georg Meistermann beauftragt, ein Porträt des ersten SPD-Kanzlers zu malen. Als dies dann fertig gestellt und in der „Galerie der Kanzler" im Bonner Kanzleramt aufgehängt war, schien Brandts späterer Amtsnachfolger Helmut Kohl geschockt gewesen zu sein. Und er wusste dass es Brandt selbst auch nicht gefiel. Der Maler hatte den früheren Regierungschef nämlich wenig ansprechend dargestellt (und um es vorsichtig zu sagen) eher gespenstisch und düster als menschlich. Brandt war wirklich kaum zu erkennen und manche Betrachter spotteten, das Bild stelle einen Apokalyptischen Reiter dar.

Kanzler Helmut Kohl, bekannt für seine raschen und entschlossenen Entscheidungen, ließ das Bild entfernen. Ein anderer Künstler lieferte bald darauf eine realistische Darstellung „Kanzler Brandt". Dieses Bild hängt heute noch im Bundeskanzleramt Berlin.

Wer aber das (nicht nur meines Erachtens) viel beeindruckendere Bild des tatsächlich großen Künstlers Georg Meistermann sehen möchte, muss in die Nordrhein-Westfälische Landesvertretung gehen. Dort hat nämlich das Meistermann-Portrait von Willy Brandt „Asyl". So hörte ich Johannes Rau wiederholt schmunzelnd erzählen. Emigrant im Dritten Reich, hat Willy Brandt heute in Deutschland Asyl in Nordrhein-Westfalen. Johannes Rau ließ sich das Wort auf der Zunge zergehen.

 

Einfühlsamer Gestalter des Menschlichen Antlitzes

Verehrte Damen und Herren, eine solche Episode wird es im Zusammenhang mit der Porträtkunst von Kurt Arentz gewiss nicht geben. Und dies ist meist auch der Wunsch der Porträtierten ebenso wie in Ihrem Sinne, verehrter Kurt Arentz.

Sie sind ein einfühlsamer Gestalter des menschlichen Antlitzes. Sie formen ein Bildnis des Menschen nicht nur so, wie dieser Mann oder diese Frau tatsächlich aussieht. Sie modellieren in das Bildnis vielmehr auch die Seele, die Psyche und manches vom verborgenen Wesen dieser Gestalt.

Dies alles macht unter anderem den tieferen Wert Ihrer Porträtkunst aus. Die Bildnisse geben Zeugnis von Menschen und erinnern an ihre Existenz über das Ende der irdischen Zeit hinaus. Und in diesem Sinne stehen Sie in einer langen Tradition seit der Zeit der Antike, deren Plastiken uns alle doch unbestritten in Museen und Sammlungen besonders faszinieren.

Bei dieser festlichen Stunde, hier auf Schloss Nörvenich, im Kreis von Freunde der Kunst, im Kreis Ihrer Freunde, lieber Herr Arentz, ist es unser aller Anliegen, dem Kurt Arentz, dem Bildhauer und dem Menschen, herzliche Gratulation und beste Wünsche auszusprechen.

Bleiben Sie gesund und schaffensfroh, noch viele, viele Jahre!

Setzen Sie Ihren Beitrag zur Bildenden Kunst im 21. Jahrhundert erfolgreich fort. Dies wünschen wir Ihnen von Herzen, wenn wir Ihnen heute gratulieren: Zum Geburtstag ebenso wie zu dieser Ausstellung.

Und Ihnen, verehrter, lieber Herr Bodenstein, danken wir dafür, dass Sie uns allen ermöglicht haben, Kurt Arentz und seiner Frau heute im Rahmen dieser Ausstellung zu gratulieren und seine Werke zu sehen. Darauf sind wir neugierig und das wollen wir tun - nach einem kräftigen Applaus, der Dank und Glückwunsch für Sie beide ist! Ich danke Ihnen! (June 14, 2009)

 

 

© PROMETHEUS 148/2009

PROMETHEUS, Internet Bulletin - News, Politics, Art and Science. Nr. 148, October 2009