Home | Alexander Order | Latest News


 „Schlaraffia" hat 150. Geburtstag: Pflege von Tradition, Sprache und Freundschaft

Das Bekenntnis zur Herkunft macht auch gute US-Staatsbürger aus

 

Von B. John Zavrel

 

Nicht nur das Zeremoniell der „Schlaraffen" ist der Zeit adeliger Herrschaft nachempfunden. So wird der Tagungsort „Burg" genannt und der Raum der Zusammenkünfte „Rittersaal". Das Bild zeigt den Rittersaal im Burg Bisonia in Buffalo, New York.

 

New York/Washington (bpb) Die Vereinigung „Schlaraffia", eine weltweit deutschsprachige Organisation zur Pflege von Freundschaft, Kunst und Humor, begeht am 10. Oktober 2009 ihren 150. Geburtstag. Gegründet wurde sie seinerzeit von Franz Thomé mit einer Gruppe von Künstler und Freunden der Kunst, Musik und Literatur in Prag. Ihre Gruppen sind im 21. Jahrhundert auf allen Kontinenten zu finden. Eine lange Tradition hat „Schlaraffia" auf dem amerikanischen Kontinent. In den USA mit über 52 Millionen Bürgern deutschstämmiger Herkunft, gibt es eine Vielzahl kleiner, jedoch aktiver Gruppen. Eine von ihnen ist „Schlaraffia" in Buffalo.

Die USA sind weltweit das Land, das die meisten Einwanderer aus Europa hat. Unter den vielen ethnischen Gruppen gelten die Immigranten deutscher Herkunft als ein Bevölkerungsteil, der sich gut in das demokratische System der Vereinigten Staaten eingefügt hat. So verhalten sich glücklicherweise auch die Neuankommenden.

Deutsche haben sich immer schon durch ihre ererbten und anerzogenen Tugenden Fleiß, Pünktlichkeit, Arbeitsamkeit und Verlässlichkeit ausgezeichnet. In der amerikanischen Geschichte haben viele deutsche Pioniere einen guten Namen. Dazu gehört auch der verstorbene Deutsch-Amerikaner Wernher von Braun. Er hat mit aus Deutschland stammenden Kameraden der US-Weltraumfahrt zu großen Triumphen und letztendlich auch zur ersten Landung auf dem Mond verholfen. Ganz Amerika ist heute noch stolz darauf.

Neben diesen weltbekannten „Stars" sind jedoch in gleicherweise die Bürger von großem Wert, die durch Treue und Redlichkeit der amerikanischen Gesellschaft dienen. Dazu gehört zweifelsohne auch die unpolitische Organisation „Schlaraffia". Die Pflege der Muttersprache und Traditionen der Vorfahren steht nicht im Widerspruch zur Integration. Das Gegenteil ist der Fall. „Nur wer die Wurzeln seiner Herkunft kennt und respektiert, kann auch ein guter US-Bürger sein", hatte der frühere US-Präsident Ronald Reagan einmal auf einer Europa-Reise gesagt.

 

Schlaraffia ist kein Geheimbund und keine Matratze

Die Vereinigung „Schlaraffia", von der hier die Rede ist, darf weder mit einem Geheimbund verglichen noch mit einer in Deutschland sehr bekannten Matratzen-Marke „Schlaraffia" für Schlafkomfort verwechselt werden. Sie hat mit beiden Extremen nicht das Geringste zu tun. Sie ist vielmehr eine sehr offene Gemeinschaft, in der jeder ehrenwerte Mensch aufgenommen werden kann, der die Voraussetzungen erfüllt.

Freilich wirkt für den Außenstehenden manche Regel antiquiert und schwer verständlich. Klar ist jedoch was ein „Ritter" (Knight) ist. Diese höchste Stufe der Mitgliedschaft bei Schlaraffia ist über ein mehrstufiges System zu erreichen. Ein Ritter kann einen Interessenten an einer Mitgliedschaft als „Pilger" einführen. Der Ritter soll dabei als Pate dafür garantieren, dass der Mann o.k. ist. Nach einer Probezeit als Prüfling stimmt die ganze Mitgliedschaft über die Aufnahme des Bewerbers als „Knappe" ab. Der weitere Weg führt über den Stand des Junkers zum Ritter. Diese Auszeichnung wird mit einem Ritterschlag besiegelt.

Nicht nur das Zeremoniell der „Schlaraffen" ist der Zeit adeliger Herrschaft nachempfunden. So wird der Tagungsort „Burg" genannt und der Raum der Zusammenkünfte „Rittersaal".

 

Eule und Perlennadel als Symbole

Die Schlaraffen sind ein Männerbund. Der Inbegriff von Weisheit, Humor und Tugend ist für Schlaraffen der Uhu. Die Eule als Symbol findet sich in jeder Burg. Für Außenstehende sind Schlaraffen in Europa außerhalb ihrer Treffen an der "Rolandnadel" erkennbar. Das ist eine kleine weiße Perle, die am linken Revers getragen wird. Es gibt auch individuelle Anstecknadeln in einigen Gruppen. Autofahrer unter den Schlaraffen heften gerne einen Aufkleber mit einem Uhu-Kopf an den Wagen und signalisieren: Ich bin ein Schlaraffe!

Verbindungen der Schlaraffen haben in der Vergangenheit auch unter politischem Druckgelitten. In der NS-Zeit, wo private Idealvereine in Deutschland verboten waren, galten die Schlaraffen in Deutschland und Österreich dem Regime als suspekt. Ach in kommunistischen Regimen waren Schlaraffen-Vereinigungen verboten. Die geselligen Treffen konnten nur im Geheimen stattfinden. Auch in den USA wurden Schlaraffen-Vereinigung von Zeit zu Zeit „schief angesehen". Dies war auch während des Zweiten Weltkrieges der Fall, wo mancher Politiker US-Bürger deutscher Herkunft als „potentielle Spione" verdächtigte. All diese unbegründeten Auswüchse haben sich als völliger Unsinn erwiesen.

 

Weltweit gibt es 261 „Reiche"

Nach eigenen Angaben der Schlaraffen gibt es inzwischen über 260 lokale Vereine, die "Reyche" und "Colonien"genannt werden. Dort wird ausschließlich Deutsch gesprochen. Die Mitglieder müssen jedoch keine Deutsche sein, aber die Sprache beherrschen. Momentan bestehen Reyche unter anderem in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien, Spanien, Frankreich, Belgien, Schweden sowie in den USA und Kanada. Hinzu kommen Mexiko, Venezuela, Kolumbien, Ecuador, Brasilien, Argentinien, Thailand, Südafrika und Australien.. Die Gesamtzahl der Schlaraffen beträgt nach Schätzungen rund 11.000.

Deutsche in USA, die Interesse an einer Mitgliedschaft in diesem Traditionsverein „Schlaraffia" haben, sollen sich bitte melden bei zavrel@meaus.com . Sie erhalten Informationen und Adressen genannt.

 

© PROMETHEUS 148/2009

PROMETHEUS, Internet Bulletin - News, Politics, Art and Science. Nr. 148, October 2009