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Elvis Presley und sein Dinner for Two

Wirtin Conrady servierte Rossäpfel a la Goetz von Berlichingen

 

Menü-Karte für Elvis Presley. Lukullische Engel ziehen einen Wagen mit Köstlichkeiten zum üppigen Festmahl. Die Karte wurde für das „Dinner for Two" 1959 verwendet. In fröhlicher Weinlaune markierte der Sänger darauf die Positionen: „Elvis" steht bei der Hauptperson auf dem Wagen und „Joe" steht beim Wagenlenker. Schließlich hat Elvis am unteren Bildrand noch „the pelvis" hinzugefügt. Diese Bezeichnung war in der Sängerkarriere von Presley erotisch als auch kritisch gemeint.

© EKS-Archive / Marco-VG

 

 

Memphis/Miltenberg (bbp) Elvis Presley hätte am 8. Januar 2008 seinen 73. Geburtstag begehen können. Zur Erinnerung an den "King" berichte ich über ein privates „Dinner for Two", das Presley während seines Deutschland-Aufenthalts von 1958 bis 1960 hatte. Gegeben wurde es von Elisabeth Conrady im alten Marstall zu Miltenberg am Rhein. Die Gastgeberin war eine damals hoch verehrte Dame mit Geist und Witz

Es war an einem Abend im Frühling 1959. Bei Elisabeth Conrady, der „Wirtin" des alten Marstalls in Miltenberg, traf ungewöhnlicher Besuch ein. Es war Elvis Presley mit seinem Freund Joe. Beide junge Burschen waren unter strengster Geheimhaltung zum „Dinner fort Two" geladen. Als Spezialität wurde ein Gericht serviert, das es damals nur im Marstall gab: Rossäpfel a la Goetz von Berlichingen". In den unveröffentlichten Erinnerungen „Summertime with Elvis" heißt es darüber unter anderem: Die Inhaberin des historischen Marstalls, Elisabeth Conrady, war diskret wie immer. Diese Eigenschaft war mit ein Grund für ihre besondere Beliebtheit. In ihrem Kreis wurde sie liebevoll „die Wirtin" genannt. Eine solche Bezeichnung war in vergangen Jahrhunderten gerne gebraucht worden für tüchtige, tapfere und mutige Frauen, die eine Gaststätte führten und mit derben Landsknechten und revolutionären Studenten auskommen mussten.

„Wirtin" Conrady hatte ihre rustikale Hausmannskost dem berühmten Ritter Gottfried Goetz von Berlichingen zu Homberg (1480-1562) gewidmet. Er hatte im schwäbischen Bauernkrieg seine Taten vollbracht und auch im Odenwald (Amorbach, Buchen) sein Unwesen getrieben. Im Alten Marstall in Miltenberg hat er auch genächtigt. Die der Tradition bewusste Besitzerin des Baudenkmals hatte sich für die Präsentation der alten, einfachen Speise etwas Besonderes ausgedacht.

Das Gericht selbst bestand im Wesentlichen aus drei Hauptzutaten: Fleisch, Sauerkraut und Kartoffel. Das Fleisch wurde zu Hack gemacht, mit mancherlei Gewürzen und Eiern vermengt, dann zu runden Kugeln geformt und im Rindersud gekocht. Das Sauerkraut wurde mit Indigrienzien und einem Schuss Weißwein gekocht. Die geschälten Kartoffeln wurden gestampft sowie mit Butter und Salz vermengt.

Serviert wurde die Speise in einer von Hand geschmiedeten Kupfer-Casserole mit Deckel. Darin war das Sauerkraut in eine hellbraune Bratensauce gebettet. Darauf kamen dann die äpfelförmigen Klöße. Das Topfgericht wurde schließlich auf einer echten Mistgabel mit kurzem Stiel serviert.

Elvis war erstaunt und höchst erfreut, über die rustikale Art. „Es erinnert mich an das Leben von Cowboys" scherzte er. Frau Wirtin kredenzte reichlich Wein. Er war in Boxbeuteln und kam aus den besten Lagen entlang des Flusses Main. Erst zur Geisterstunde nach Mitternacht ging es ins Gästezimmer. Als die jungen Herren am anderen Morgen erstaunt aufwachten, fragten lachten beide: „Wie kamen wir bloß hier her ?"

Zur Erklärung über die historische Persönlichkeit Götz von Berlichingen ist anzumerken: der kampflustige Adelsmann ging in die deutsche Geschichte auch als „der Ritter mit der eisernen Hand" ein. Eine im Krieg verlorene Hand wurde durch eine eiserne Konstruktion ersetzt. Der berühmte Dichter Johann Wolfgang von Goethe setzte dem Ritter im Schauspiel „Götz von Berlichingen" (1737) ein literarisches Denkmal. Im Theaterstück wird Götz auch das so genannt Götz-Zitat von 1715 zugeschrieben, das er im Streit mit einem Offizier gesagt haben soll: „Sag deinem Hauptmann: Vor Ihrer Kaiserlichen Majestät hab ich, wie immer, schuldigen Respekt. Er aber, sag's ihm, er kann mich im Arsche lecken!"

Seit Goethes Schauspiel wird im Streit von Menschen, die der deutschen Sprache kundig sind, immer wieder einmal indirekt dieses Zitat verwendet. Wenn sich verschiedene Parteien zanken, dann ist oft zu hören: „Götz von Berlichingen." Damit will man die Verachtung gegenüber dem anderen ausdrücken, ohne das derbe und in der feinen Gesellschaft verachtete Wort selbst in den Mund zu nehmen."

 

 

© PROMETHEUS 127/2008

PROMETHEUS, Internet Bulletin - News, Politics, Art and Science. Nr. 127, January 2008