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John F. Kennedy: Ich bin ein Berliner

Vor 50 Jahren hielt US-Präsident Kennedy eine visionäre Rede für die Demokratie und gegen den Kommunismus

By B. John Zavrel

 

Präsident John F. Kennedy wurde bei seinem Besuch 1963 in der Bundesrepublik zuerst von Bundespräsident Heinrich Lübke in der Bundeshauptstadt Bonn empfangen. Das Bild zeigt die Staatsmänner gemeinsam mit Bundeskanzler Konrad Adenauer (Bild Mitte), US-Außenminister Dean Rusk und Bundesaußenminister Gerhard Schröder vor der Villa Hammerschmidt in Bonn. Für Kennedy waren es zuerst „Deutschlands alte Männer". Dazu gehörte auch Bundeswirtschaftsminister und späterer Kanzler Ludwig Erhard. Doch bei seinem Abflug war Kennedy bewusst geworden, dass diese christdemokratischen Deutschen zu den verlässlichsten und mutigsten Verbündeten der USA gehörten.

Foto: History Archive

 

Berlin/Washington (bpb) In unserem Zeitalter 2013 mit seinen globalen Verflechtungen und nicht klar erkennbaren Standorten über Freund und Feind ist es gut, sich bedeutender Staatsmänner zu erinnern, die großartige Leistungen für die Menschheit bewirkten. Dazu gehört zweifelsohne US-Präsident John F. Kennedy, der 1963 in Westberlin eine visionäre Rede für die Demokratie und gegen den damals die Welt tödlich bedrohenden Kommunismus hielt.

,Es war am 26. Juni 1963, als Kennedy im Rahmen seines Deutschlandbesuchs für acht Stunden in die in Ost und West geteilte ehemalige deutsche Hauptstadt kam. Hier standen sich die beiden militärischen Großmächte USA und die Sowjetunion mit ihrem kommunistischen Machtbereich Osteuropa hautnah gegenüber. Für die USA war somit die Freiheit vor allem auch im eingekesselten Berlin zu verteidigen.

Mit Kennedy kam erstmals ein US-Präsident in die durch die kommunistische Sperrmauer geteilte Stadt. Kennedys Fahrt vom Flughafen zum Rathaus Schöneberg glich einem Triumphzug. Seine Rede, die er dort später hielt, ging in die Geschichte ein. Und das wegen des berühmten Satzes: „Ich bin ein Berliner". Mit dieser Form der Solidaritätserklärung bekannte sich Kennedy für die USA dazu, die Freiheit des geschrumpften restlichen Landesteils zu erhalten.

Ein Amerikaner in Berlin

Als Kennedy im Sommer 1963 nach Westberlin kam, galt sein Gesundheitszustand als labil. Außerdem hatte er schwere politische Sorgen. So sah er die transatlantischen Beziehungen gestört: Dazu trugen nach seiner internen Ansicht auch dazu bei, dass der französische Präsident Charles de Gaulle und der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer gerade den Elysée-Vertrag abgeschlossen hatten. Die USA befürchteten dadurch einen Verlust der Einflussnahme auf Deutschland. Dies traf jedoch nicht zu. In der deutschen Öffentlichkeit wiederum wurde Kritik laut, dass die USA zu wenig für deutsche Interessen eintreten und nichts Effektives gegen den Mauerbau der Kommunisten getan habe.

 

Vergessen und vergeben

Doch als der Präsident vor dem Schöneberger Rathaus sprach, war das wohl für alle Berliner vergessen. Mit seinen Solidaritätsbekundungen begeisterte er die Bürger. Es wurden Tränen der Freude, der Trauer und der Treue vergossen. Kennedy verbreitete Hoffnung und gab den verängstigten und bedrohten Deutschen ein Gefühl der Sicherheit und des Zusammenhalts mit dem „großen Bruder USA". Viele sahen in Kennedy den charismatischen Führer einer großen Demokratie. Kennedys Botschaft lautete: Berlin ist ein Teil Amerikas. Er geißelte die Unmenschlichkeit des kommunistischen Systems. Die Klarheit und Schärfe seiner Worte schürten Emotionen. Den Satz „Ich bin ein Berliner" , der später in allen Geschichtsbüchern auftauchen sollte, hatte sich der US-Präsident selbst überlegt. Er war ihm ein Herzensanliegen. Er hatte ihn vor seiner Rede in Lautschrift notiert und entsprechend geübt.

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Original-Zitate aus der historischen Rede

Das amtliche Bulletin der deutschen Bundesregierung von 1963 in Bonn (Nr. 110) hatte damals zeitnah folgende Zitate aus der Rede von John F. Kennedy veröffentlicht, die er vor dem Schöneberger Rathaus hielt:

"Meine Berliner und Berlinerinnen!

Sie leben auf einer verteidigten Insel der Freiheit. Aber Ihr Leben ist mit dem des Festlandes verbunden, und deswegen fordere ich Sie zum Schluss auf, den Blick über die Gefahren des Heute hinweg auf die Hoffnung des Morgen zu richten, über die Freiheit dieser Stadt Berlin, über die Freiheit Ihres Landes hinweg auf den Vormarsch der Freiheit überall in der Welt, über die Mauer hinweg, auf den Tag des Friedens in Gerechtigkeit. Die Freiheit ist unteilbar, und wenn auch nur einer versklavt ist, dann sind alle nicht frei.

Aber wenn der Tag gekommen sein wird, an dem alle die Freiheit haben und Ihre Stadt und Ihr Land wieder vereint sind, wenn Europa geeint ist und Bestandteil eines friedvollen und zu höchsten Hoffnungen berechtigten Erdteils, dann können Sie mit Befriedigung von sich sagen, dass die Berliner und diese Stadt Berlin 20 Jahre lang die Front gehalten haben. Alle freien Menschen, wo immer sie leben mögen, sind Bürger dieser Stadt Westberlin, und deshalb bin ich als freier Mann stolz darauf sagen zu können: Ich bin ein Berliner!"

Ich bin stolz, heute in Ihre Stadt zu kommen als Gast Ihres hervorragenden Regierenden Bürgermeisters (Willy Brandt, SPD), der in allen Teilen der Welt als Symbol für den Kampf und den Widerstandsgeist gilt.

Ich bin stolz, auf dieser Reise die Bundesrepublik Deutschland zusammen mit ihrem hervorragenden Herrn Bundeskanzler (Konrad Adenauer, CDU) besucht zu haben, der während so langer Jahre die Politik bestimmt hat nach den Richtlinien der Demokratie, der Freiheit und des Fortschritts.

Ich bin stolz darauf, heute in Ihre Stadt in der Gesellschaft eines amerikanischen Mitbürgers gekommen zu sein, General Clay, der hier tätig war in der Zeit der schwersten Krise, durch die diese Stadt gegangen ist, und der wieder nach Berlin kommen wird, wenn es notwendig werden sollte.

 

Alle sollen nach Berlin kommen

Vor 2000 Jahren war der stolzeste Satz, den ein Mensch sagen konnte, der: "Ich bin ein Bürger Roms!" Heute ist der stolzeste Satz, den jemand in der freien Welt sagen kann: "Ich bin ein Berliner!" Wenn es in der Welt Menschen geben sollte, die nicht wissen, worum es heute in der Auseinandersetzung zwischen der freien Welt und dem Kommunismus geht, dann können wir ihnen nur sagen, sie sollen nach Berlin kommen. Es gibt Leute, die sagen, dem Kommunismus gehöre die Zukunft. Sie sollen nach Berlin kommen! Und es gibt wieder andere in Europa und in anderen Teilen der Welt, die behaupten, man könne mit den Kommunisten zusammenarbeiten. Auch sie sollen nach Berlin kommen! Und es gibt auch einige wenige, die sagen, es treffe zwar zu, dass der Kommunismus ein böses und ein schlechtes System sei; aber er gestatte es ihnen, wirtschaftlichen Fortschritt zu erreichen. Aber lasst auch sie nach Berlin kommen!

Demokratie und Verantwortung

Ein Leben in der Freiheit ist nicht leicht, und die Demokratie ist nicht vollkommen. Aber wir hatten es nie nötig, eine Mauer aufzubauen, um unsere Leute bei uns zu halten und sie daran zu hindern, woanders hinzugehen. Ich möchte Ihnen im Namen der Bevölkerung der Vereinigten Staaten, die viele Tausende Kilometer von Ihnen entfernt auf der anderen Seite des Atlantik lebt, sagen, dass meine amerikanischen Mitbürger sehr stolz darauf sind, mit Ihnen zusammen selbst aus der Entfernung die Geschichte der letzten 18 Jahre teilen zu können. Denn ich weiß nicht, dass jemals eine Stadt 18 Jahre lang belagert wurde und dennoch lebt mit ungebrochener Vitalität, mit unerschütterlicher Hoffnung, mit der gleichen Stärke und mit der gleichen Entschlossenheit wie heute Westberlin.

Die Mauer ist die abscheulichste und die stärkste Demonstration

für das Versagen des kommunistischen Systems. Die ganze Welt sieht dieses Eingeständnis des Versagens. Wir sind darüber keineswegs glücklich, denn, wie Ihr Regierender Bürgermeister gesagt hat, die Mauer schlägt nicht nur der Geschichte ins Gesicht, sie schlägt der Menschlichkeit ins Gesicht. Durch die Mauer werden Familien getrennt, der Mann von der Frau, der Bruder von der Schwester, Menschen werden mit Gewalt auseinander gehalten, die zusammenleben wollen.

Was für Berlin gilt, gilt für Deutschland: Ein echter Friede in Europa kann nicht gewährleistet werden, solange jedem vierten Deutschen das Grundrecht einer freien Wahl vorenthalten wird. In 18 Jahren des Friedens und der erprobten Verlässlichkeit hat diese Generation der Deutschen sich das Recht verdient, frei zu sein, einschließlich des Rechtes, die Familien und die Nationen in dauerhaftem Frieden wieder vereint zu sehen im guten Willen gegen jedermann." (Ende der Zitate)

 

John F. Kennedy bei einer Truppenparade auf dem Fliegerhorst in Hanau bei Frankfurt/Main. Auf diesem Foto erkennt man das Fahrzeug, das der US-Präsident in Europa dabei hatte. Es handelt sich um den Präsidenten-Wagen, in dem Kennedy spätern in Dallas die tödlichen Schüsse trafen.

Foto: Military-Archive

 

Auf seinem Deutschlandbesuch kam Kennedy am 23. Juni 1963 um 9.50 Uhr auf dem Regierungsflughafen Bonn/Wahn an. Er besuchte unter anderem die Orte Köln, Bonn, Hanau, Wiesbaden Berlin. Von Westberlin flog er am 26 Juni um 17.15 Uhr nach Irland weiter.

Der Berlin-Besuch des Präsidenten galt als der Höhepunkt seiner Europareise. Dieser Besuch erregte weltweite Aufmerksamkeit. Die Menschenmengen und der begeisterte Zuspruch für den US-Präsidenten gehörte rückblickend zu den höchst beeindruckenden Auftritten in seinem ganzen Leben. Nach seiner Verabschiedung durch Bundeskanzler Konrad Adenauer und den Regierenden Bürgermeister Willy Brandt in Berlin zeigte sich Kennedy sehr bewegt. Im Kreis von Beratern sagte Kennedy während des Abfluges über Berlin: "So einen Tag wie heute werden wir nie mehr erleben."

28.5.2013

 

 

 

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PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 190, June 2013