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Der Kampf gegen das Rauchen: Deutschland und USA sind vorbildlich

Deutsche Krebshilfe und WHO zum Welt-Nichtrauchertag . Gerd Nettekoven: Keine Werbung für Tabak

Von Parlamentskorrespondent Joe F. Bodenstein

 

Das Führungs-Team im bürgerfreundlichen Kampf gegen das Rauchen 2016 in Berlin: Von links nach rechts sind zu sehen: Gerd Nettekoven (Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutschen Krebshilfe, Bonn), Dr. Wolfgang Pabel (Stellvertretender Vorsitzender und Pressesprecher des Bundeselternrates, Oranienburg), Dr. Martina Pötschke-Langer (Vorsitzende des Aktionsbündnis Nichtrauchen e.V.in Bonn und zugleich Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention und des WHO-Kollaborationszentrums für Tabakkontrolle im Deutschen Krebsforschungszentrum, Heidelberg) sowie Professor Dr. Reiner Hanewinkel (Geschäftsführer des Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung, Kiel). Auf einer internationalen Pressekonferenz in Berlin berichteten sie über die tödlichen Gefahren des Rauchens. Dabei wurde deutlich, dass Deutschland und die USA führend in der Aufklärung über die Schädlichkeit des Rauchens sind. „Wir haben in unserem Bereich viel geleistet, doch alle gesteckten Ziele zum Gesundheitsschutz der Menschen leider noch nicht erreicht", sagte Krebsexperte Gerd Nettekoven.

Foto: Peter-Paul Weiler /Marco-VG

 

 

Berlin/Bonn (bpb) Im Jahrzehnte langen Kampf „gegen die tödliche Sucht des Rauchens" haben Gesundheitsorganisationen in den Industriestaaten im Zusammenwirken mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zwar beachtliche Erfolge erzielt, das Ziel eines „vollkommenen Gesundheitsschutz" der Menschen jedoch noch nicht erreicht. Auf einer internationalen Pressekonferenz in Berlin zum Welt-Nichtrauchertag am 31. Mai 2016 mit der „Stiftung Deutsche Krebshilfe" und ihrer Partner-Organisationen wurde deutlich, dass Die USA und Deutschland offensichtlich die umfangreichste Aufklärung gegen das Rauchen aller Art leisten.

 

Stoppt Tabakwerbung jetzt!

Die Deutsche Krebshilfe forderte auf der Pressekonferenz gemeinsam mit dem Aktionsbündnis Nichtrauchen e.V. (ABNR) für die Bundesrepublik Deutschland umfassendes Tabakwerbeverbot. „Für krebserregende Tabakprodukte darf es keine Werbung geben", bekräftigte Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe. „Rauchen und Passivrauchen führen zu Lungenkrebs und vielen anderen Krebsarten, die alle tödlich enden können." Der Deutsche Bundestag steht nun in der Verantwortung, weitere Werbeverbote zu beschließen. "Obwohl Rauchen verheerende Folgen für die Gesundheit hat, können Tabakprodukte derzeit auf verschiedene Arten beworben werden: unter anderem als Außenwerbung, durch das Bewerben von Tabakprodukten am Verkaufsort, über Kinowerbung ab 18 Uhr sowie die kostenlose Produktabgabe bei Veranstaltungen", kritisierte Nettekoven.

Die entsprechenden Gesetzesabsichten der schwarz-roten Bundesregierung unter Regierungschefin Angela Merkel kommen besorgten Gesundheitspolitikern „zu langsam voran". Um den Missstand zu ändern, will die Regierung für Tabakerzeugnisse, aber auch für elektronische Zigaretten insbesondere ab 2020 die Außenwerbung abschaffen und bestehende Werbeverbote im Kino ausweiten. Den Beschluss darüber kann jedoch nur der Deutsche Bundestag fassen.

 

Regierungs-Absichten werden begrüßt

Das Aktionsbündnis Nichtrauchen, in dem neben der Deutschen Krebshilfe weitere zehn bundesweit wirkende gemeinnützige Gesundheitsorganisationen vertreten sind, begrüßen den Vorstoß der Bundesregierung, Tabakwerbeverbote weiter zu verschärfen. „Angesichts der dramatischen Folgen des Rauchens sind die von der Bundesregierung auf den Weg gebrachten Maßnahmen sinnvoll, aber immer noch vergleichsweise zurückhaltend", kritisierte die ABNR-Vorsitzende Dr. Martina Pötschke-Langer. Die Gesundheitspolitikerin beklagte im Haus der Bundespressekonferenz im Regierungsviertel Berlin: „Es ist nicht nachvollziehbar, warum staatliche Präventionskampagnen vom Tabakkonsum abraten, die Tabakindustrie jedoch ihre Produkte weiter bewerben darf." Alle gesetzlichen Lücken, die das Bewerben von Tabakprodukten bislang noch erlauben, sollten geschlossen werden." Nach Angaben der Tabakindustrie gab diese bereits im Jahr 2013 bundesweit über 200 Millionen Euro allein für Marketing-Aktivitäten aus.

 

Am Schicksal der internationalen Fußball-Legend Johan Gruyff (1947-2016) bewahrheitete sich die bittere Erkenntnis: „Krebs kann jeden von uns treffen ", ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Herkunft und Wohlstand. Der Niederländische Fußballspieler mit einer langen Karriere in Amsterdam, Spanien und den USA (Los Angeles, Washington) war nach Aufzeichnung in Wikipedia schon als Jugendlicher Kettenraucher. 1991 erlitt er einen Herzinfarkt und hatte eine Bypass-Operation. Er stellte das Rauchen ein und beteiligte sich an Anti-Raucher-Kampagnen. Im Oktober 2015 wurde die Erkrankung Gruyffs an Lungenkrebs bekannt. Er starb am 24. März 2016 mit 68 Jahren in Barcelona. Das Archiv-Bild zeigt den einstigen Star-Fußballer bei einem öffentlichen Auftritt mit einer Fangemeinde von Kindern.

Foto: Sport-Archive

 

Warnung vor Verführung der Jugend zum Rauchen

Das Problem beim Eindämmen des die Gesundheit schädigenden Rauches ist letztlich das Verhalten der Raucher selbst. Daher fördern die Deutsche Krebshilfe und ihre Partner die Prävention, um vor allem Kinder, Schüler und Jugendlichen vor der Einstiegsdroge zu schützen.

„Tabakkonzerne orientieren ihre Werbemaßnahmen insbesondere an den Lebensgewohnheiten und Bedürfnissen junger Konsumenten: Freiheit, Selbstverwirklichung und Abenteuerlust gehören zu den Werbebotschaften, mit denen junge Menschen gekonnt ins Visier genommen werden. Weltweit unterstütz die Filmindustrie und auch Hollywood diese Illusionen. Auch indirekte Tabakwerbung im Fernsehen schaffe „positive Einstellungen gegenüber dem Rauchen und erhöht den Tabakkonsum", schilderte Professor Reiner Hanewinkel, Geschäftsführer des Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung (IFT-Nord). „Dies gilt insbesondere für Kinder und Jugendliche."

Auch der Bundeselternrat, der die Interessen von acht Millionen Minderjährigen vertritt, fordert das Verbot von Tabakwerbung: „Aus Elternsicht ist nicht zu akzeptieren, dass der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gesundheitsrisiken hinter den Vermarktungsinteressen der Tabakindustrie sowie der Hersteller und Vertreiber von E-Zigaretten zurücktreten soll", sagt Wolfgang Papel, Pressesprecher und stellvertretender Vorsitzender des Bundeselternrats.

Das Motto des Welt-Nichtrauchertag 2016 lautet : „Kein Platz für giftige Botschaften. Stoppt Tabak-Werbung jetzt!". Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, stellen die Deutsche Krebshilfe und das Aktionsbündnis Nichtrauchen e.V. kostenlos ein aktuelles Plakat zum Welt-Nichtrauchertag sowie Broschüren und Flyer für Aktionen und Informationsveranstaltungen bereit. Das Plakat und alle weiteren Materialien können bestellt oder heruntergeladen werden unter: www.weltnichtrauchertag.de .

 

Hintergrundinformation: Zahlen, Daten, Fakten

Krebsexperten in den USA und in Deutschland sind der Meinung, dass Tabakkonsum „das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko" ist. In Deutschland raucht etwa jeder vierte Erwachsene. Die Raucherquote bei den 12- bis 17-Jährigen liegt bei 7,8 Prozent. Zigarettenrauchen führt laut Statistik jährlich zu mehr Todesfällen als Aids, Alkohol, illegale Drogen, Verkehrsunfälle, Morde und Selbstmorde zusammen. Jedes Jahr sterben etwa 121.000 Menschen in der Bundesrepublik Deutschland vorzeitig an den Folgen des aktiven Rauchens sowie mindestens 3.300 Menschen an den Folgen des Passivrauchens. Die tabakbedingten Unkosten für das Gesundheitssystem und die Volkswirtschaft betragen in Deutschland fast 80 Milliarden Euro jährlich. Eine ähnliche unbefriedigende Situation wird aus anderen Industriestaaten und der EU gemeldet.

 

(5. Juni 2016)

 

 

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PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 226, June 2016