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Ehrung für jüdischen Mäzen James Simon

Mit seiner Hilfe wurde die Büste der schönen Nofretete gefunden

 

Von Dr. Ulrich Sewekow

 

 

Enthüllung des Bronzerelief James Simon durch die Hamburgische Kultursenatorin Frau Dr. Christa von Welck und dem Baden-Württembergischen Minister Prof. Dr. Wolfgang Reinhart MdL. Der Ururneffe des jüdischen Mäzens, Tim Simon, war mit seiner Familie aus den USA dabei.

© Photograph MARCO/Bodenstein

 

Berlin (bpb) Der bedeutende jüdische Mäzen James Simon wurde im Juni 2006 durch Privatinitiative mit einem Porträtrelief in Berlin geehrt. Der großherzige Gönner hatte finanziell Grabungen gefördert, die schließlich die heute weltberühmte Büste der schönen Königin Nofretete zu tage brachten. Konsul B. John Zavrel, Direktor für internationale Angelegenheiten der Europäischen Kultur Stiftung (EKS), würdigte die Initiatoren für den längst fälligen Schritt. „Simon ist ein großes Vorbild auch in der Gegenwart." EKS-Vorstandssprecher Joe F. Bodenstein erklärte zur Ehrung: „ Wenn wir heute noch solche Mäzene hätten, dann wäre es um Kultur, Kunst und die Bewahrung des Weltkulturerbes besser bestellt."

Dr. Ulrich Sewekow von der Deutschen Orient Gesellschaft (DOG), ein Bewahrer des Andenkens an James Simon, schrieb für das Internet-Bulletin PROMETHEUS folgenden Bericht:

 

James Simon (1851 &endash; 1932), der bedeutendste Berliner Mäzen zur Kaiserzeit, ist heute in seiner Heimatstadt nahezu völlig vergessen. Bis vor kurzem erinnerten nur einige kleine Tafeln, z. B. im Pergamonmuseum oder im alten Ägyptischen Museums in Charlottenburg, in dem bis vor kurzem auch die berühmte Büste der Nofretete zu besichtigen war, an den Menschen- und Kunstfreund. James Simon war ein reicher jüdischer Textilfabrikant mit großem sozialem und kulturellem Engagement. Er spendete regelmäßig ein Drittel seines Jahreseinkommens für das Wohl der armen Bevölkerung, in dem er beispielsweise Volksbadeanstalten baute, Krankenhäuser und Ferienheime gründete. Mit Hilfe von zahlreichen Vereinen engagierte er sich u.a. für den Schutz von Kindern und bedürftigen Ostjuden. Mit seinem Verein für Volksunterhaltung brachte er dem einfachen Volk durch Konzerte und populärwissenschaftliche Vorträge die Kultur nahe.

Am Geburtstag Friedrichs des Großen, dem 24. Januar 1898, gründet er mit anderen einflussreichen Herren die schon bald sehr erfolgreiche Deutsche Orient-Gesellschaft. Der Kaiser wird ihr Protektor. Simon lenkt und finanziert sie in enger Kooperation und Freundschaft mit Wilhelm von Bode, dem Generaldirektor der Kaiserlichen Museen. Seine erfolgreichste Grabungskampagne ist die ägyptische von 1911 in Tel el-Amarna, der im Sande verwehten Hauptstadt des Königs und monotheistischen Reformers Echnaton. Simon lässt sie vollständig auf eigene Rechnung durchführen. Sie bringt ihm üppige Funde: darunter die spektakulär gut erhaltene und bemalte Büste von Echnatons schöner Frau, der Königin Nofretete. Denn als Vertragspartner der ägyptischen Behörden steht Simon der deutsche Anteil der Fundteilung persönlich zu. 1920 schenkte er die Funde dem Museum und nicht nur die rund 5000 ägyptischen Fundstücke. Bereits in den Jahren davor hatte er den Museen einen Teil seiner Sammlungen, darunter die Renaissance-Sammlung und etwa 1500 japanischer Bilder und Farbholzschnitte, vermacht.

 

Benennung einer Straße scheitert an den Behörden

Die langjährigen Bemühungen der Deutschen Orient-Gesellschaft und anderer Institutionen, in Berlin eine Straße nach ihm zu benennen, scheiterten bislang am Widerstand der Behörden, zuletzt mit der Begründung, dass die Frauenquote bei den Straßennamen noch nicht erfüllt sei. Ein Freundeskreis um Bernd Schultz, dem Geschäftsführer der Kunstgalerie und des Auktionshauses Villa Griesebach, hat sich seit kurzem ebenfalls dieses Ziel gesetzt. Wenn gleich dieses noch nicht erreicht wurde, so wurde am 16. Juni 2006 an prominenter Stelle James Simon geehrt. An der Stelle in der Tiergartenstraße 15a, an der früher die Villa der Familie Simon stand und heute die Baden-Württembergischen Landesvertretung ihr Domizil hat, wurde ein Bronzerelief mit seinem Kopfes samt einer Würdigung seiner Taten enthüllt, welches von dem Künstler Johannes Grützke geschaffen wurde. Würdigende Worte sprachen Minister Prof. Dr. Wolfgang Reinhart MdL, Bevollmächtigter des Landes beim Bund, Prof. Dr. Peter-Klaus Schuster, Generaldirektor der Staatlichen Museen, der ägyptische Botschafter Mohamed Al-Orabi, und Tim Simon, der Ururneffe des jüdischen Mäzens. Er war eigens wegen des Anlasses mit seiner Familie aus den USA nach Berlin gekommen. Durch die Korrespondenz mit DOG-Schatzmeister Dr. Sewekow ist er erst auf die Ehrung seines berühmten Verwandten aufmerksam geworden. Anwesend waren ebenfalls zwei Urenkelinnen aus Baden-Württemberg. Die Enthüllung nahmen der Minister und die Hamburgische Kultursenatorin Dr. Karin von Welck vor. Die Feier war verbunden mit einer kleinen Ausstellung mit Repliken von Porträts aus der Amarna-Zeit, die an Simons Förderung der Ausgrabung erinnern soll, welche dem Ägyptischen Museum neben der berühmten Königin viele andere Hauptwerke bescherten.

 

 

New generations of the Simon Dynasty met in Berlin. In the middle, with a baby in his arms, is Tim Simon from USA. The others came from Germany, to take part in honoring his ancestor, the patron James Simon.

© Marco-VG/Bodenstein

 

 

Die DOG ehrte ihren Gründer durch Anwesenheit des Vorsitzenden Prof. Hans Neumann, des Vorstandsmitgliedes Dr. Ulrich Sewekow, des ehemaligen Vorsitzenden und Ehrenmitgliedes Prof. Johannes Renger, des ehemaligen Vorsitzenden Prof. Gernot Wilhelm sowie des Ehrenmitgliedes Dr. Eva Strommenger.

Der Freundeskreis um Bernd Schultz bereitet die Gründung einer James-Simon-Stiftung vor, die einen hochdotierten Preis für beispielhaftes Mäzenatentum in unserer Zeit vergeben will. Der Freundeskreis regt außerdem an, dass die Stiftung Preußischer Kulturbesitz dem geplanten Eingangsgebäude der Museumsinsel, das vom Architekten David Chipperfield errichtet werden soll, den Namen James-Simon-Galerie zu widmen.

Die Weltwirtschaftskrise ging an der Firma Gebrüder Simon nicht spurlos vorüber. James Simon musste einen Teil der Kunstwerke verkaufen, um die Arbeitsplätze zu erhalten. Sie ging 1929 in Konkurs. 1927 zog er aus der Villa in der Tiergartenstraße in eine Wohnung in die Bundesallee 23. Auch an diesem Ort erfuhr James Simon zeitgleich eine nachträgliche Ehrung. Am 22. Mai 2006 wurde an dem Haus in der Bundesallee vom stellvertretenden Bezirksbürgermeister Klaus-Dieter Gröhler und dem Vorsitzenden des Verbandes der Berliner Stadtführer, Dr. Wolther von Kieseritzky eine Gedenktafel enthüllt. Es handelt sich um eine von der Königlich-Preußische Porzellanmanufaktur hergestellte ca. 50 x 40 cm große Porzellantafel, die wurde vom Verband der Berliner Stadtführer gestiftet wurde. Hauptredner war Prof. Dr. Dietrich Wildung, Direktor des Ägyptischen Museums.

So erfährt der größte Berliner Mäzen und einer der großen Berliner Bürger durch private Initiativen eine würdige, aber verspätete Ehrung, die ihm das offizielle Berlin bislang noch verwehrt.

Von DOG-Mitglied Dr. Olaf Matthes ist in der Reihe „Bürgerlichkeit, Wertewandel, Mäzenatentum", (hrsg. von T. W. Gaethgens u.a.) folgendes Buch über James Simon erschienen: James Simon, Mäzen im wilhelminischen Zeitalter, Bostelmann & Siebenhaar Verlag Edition Fannei und Walz, Berlin, 2000.

 

 

© PROMETHEUS 109/2006

PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science. Nr. 109, JULY 2006