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Streit in der Ausländer-Diskussion in Deutschland

Deutsche „Ureinwohner" gegen Ausländer aus „anderen Kulturkreisen"

 

Von B. John Zavrel

 

Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte in der aktuellen Diskussion: Deutschland bleibt auch in Zukunft ein Ausländer freundliches Land. Die Regierungschefin um Versöhnung der streitenden Gruppe bemüht. Immer mehr Deutsche vermissen jedoch von ihr ein klares Wort zu den aktuellen Problemen und deren Lösung. Unser Foto zeigt die CDU-Politikerin bei einer Rede vor dem US-Kongress in Washington.

Foto: History-Archive

 

 

Washington/Berlin (bpb) Großes Geschrei in der Ausländerdiskussion in Deutschland. Der im Oktober 2010 ausgebrochene neue Streit über den „zu großen Anteil" der Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland dringt bedrohlich über den Atlantik bis in die USA. Verstärkt wurde er nach Warnungen in Publikationen nun aktuell durch offene Äußerungen des Bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU). Der populäre Politiker wurde so verstanden, dass er gegen den Zuzug von Moslem nach Deutschland sei. Menschen aus solchen Kulturkreisen könnten sich in der von christlich-abendländischen Kultur geprägten Gesellschaft nicht eingliedern. Sie wollten es auch gar nicht und sprechen nach vielen Jahrzehnten nicht einmal deutsch.

Der Ausländeranteil an der Bevölkerung in Deutschland beträgt nach statistischen Schätzungen rund zehn Prozent. Genaue aktuelle Zahlen werden nicht veröffentlich.

Unter den Ausländern haben türkische Staatsbürger den höchsten Anteil. Gegen die zur Integration nicht bereiten Ausländer-Familien richtet sich die Hauptkritik und die „Wut des Volkes".

Das Übel sitzt jedoch in der seit Jahren von Sozialdemokraten, Grünen und auch von FDP-Politikern sowie evangelischen Kirchenkreisen propagierte „multikulturellen Gesellschaft". Die Mehrheit der „Ur-Deutschen" ist jedoch gegen eine Vermengung der Kulturen zu einem Einheitsbrei. Die großen Unterschiede der Religionen könnten nicht auf einen Nenner gebracht werden. Jeder solle vielmehr seine Tradition pflegen. Durch die Beschönigung des Multi-Kulti-Konzepts durch Politiker aller im Parlament vertretenen Parteien wächst im Verborgenen, (sozusagen „under cover") die Wut von Deutschen gegen Ausländer bedrohlich an.

 

Regierungschefin Merkel will versöhnen

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich in die öffentliche Kontroverse versöhnend eingeschaltet. Das ist keine leichte Aufgabe!

Warum?

Deutschland hat es durch seine über 60 Jahre zurückliegende „Nazi-Vergangenheit" sehr schwer, in Ausländerfragen Kompetenz zu üben. Selbst jede berechtigte Ablehnung von Ausländern könnte den Vorwurf provozieren: „Das sind die alten Nazis, die ausländische Rassen hassen". Das ist jedoch aus der Sicht von Historikern falsch. „Die alten Nazis sind tot. Neue Nazi Gruppen können nicht an die unselige Tradition Adolf Hitlers anknüpfen".

Die Wut enttäuschter und arbeitsloser deutscher Menschen ist sehr ernst zu nehmen. Die politische Entwicklung der mit den USA seit 1945 eng verbundenen Bundesrepublik kann letztlich negative Auswirkungen auf die transatlantischen Beziehungen haben. Das demokratische Deutschland ist seit Adenauers Zeiten ein treuer und verlässlicher Verbündeter der USA. US-Präsident Barak Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel sollten bei ihrem nächstmöglichen Treffen auch das Thema Ausländerfeindlichkeit und Rassenhass erörtert, wird von Politik-Beratern gefordert.

 

Argumente gegen moslemische Ausländer und Türken

Die in Deutschland in den Medien veröffentlichten Argumente richten sich vor allem gegen Türken und Araber. Kritisiert wird die liberale Haltung in Deutschland gegenüber dem Bau von Moscheen. „In der Türkei dürften dagegen keine katholischen Gottesdienste öffentlich gehalten werden", empören sich Christen. „Unsere Glaubensbrüder und Schwestern werden in der arabischen Welt sogar verfolgt und unterdrückt!", wird behauptet.

Ferner geht es um viel Geld und Kosten für Ausländer, die jeden deutschen Steuerzahler stark belasten. Millionen Ausländer in Deutschland sind Empfänger von Sozialhilfe oder öffentlicher Finanzunterstützung, ohne zu arbeiten. Ausländer die Arbeiten, werden wiederum pauschal beschimpft, dass sie „den Deutschen Arbeit und Brot" wegnehmen.

In den kontroversen Argumenten sind zweifelsohne auch Wahrheiten enthalten. Deutsche Politiker verstehen es offensichtlich nicht, dem Volk alle Fakten zu vermitteln.

Und so gilt es als ein Glück, dass es den Deutschen trotz schlechterer Wirtschaftslage (wie in den USA) noch so gut geht, dass keiner gewillt ist, gegen die amtliche Politik auf den Straßen zu demonstrieren.

Dafür nutzen tausende die Chance, anonym in Internet-Foren ihre Meinungen zu sagen. Die übelsten Beschimpfungen und erschreckenden nationalen Töne, die man dort lesen kann, sollen an dieser Stelle nicht wiedergegeben werden.

 

Zu den eher harmlosen Eintragungen gehören Bemerkungen wie folgt:

„Scheiss Multi-Kulti !"

„Das Volk soll auf die Straße" und „Seehofer hat soooooooooo recht".

„Ich mag keine (kulturelle) Vielfalt, die auf Beleidigungen mit Kartoffel, N a z i, scheiß Deutsche(r), auf Moscheen, Kopftuchmädchen, Schwimmanzügen, Burka, Vollverkleidung, Drogenhandel, Kriminalität, Prostitution, Dönerbuden, Parallelgesellschaft, Aggression, Sympathie mit Islamisten ..... basiert", schrieb ein Forumteilnehmer als Pauschalvorwürfe gegen Ausländer.

 

Die Bürgerbeschimpfung gegen Bundeskanzlerin Merkel und die Regierungspolitiker hält unvermindert an. Überwiegend gelobt wird dagegen Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). Er sprach sich für einen Einwanderungsstopp aus bestimmten Kulturkreisen aus. Ferner forderte er: Die Integrationsverweigerer müssen wir aber härter anpacken." Dazu gehörten das Erlernen der deutschen Sprache, Akzeptanz der demokratischen Grundwerte der Bundesrepublik Deutschland sowie die Bestreitung des eigenen Lebensunterhalts.

Inzwischen schlagen die angegriffenen Ausländer zurück. So hat die Türkische Gemeinde in Deutschland von CSU-Chef Horst Seehofer eine Entschuldigung verlangt wegen seiner Forderung nach einem Zuwanderungsstopp für Türken und Araber. "Die jüngsten Aussagen Seehofers sind diffamierend und nicht hinnehmbar", sagte der Vorsitzende Kenan Kolat in einem Interview mi der "Berliner Zeitung" zur Begründung.

 

 

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PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 160, October 2010