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Türkischer Regierungschef Erdogan bewirkte Hass und Misstrauen

Deutsche Bundeskanzlerin Merkel war dem Türken nicht gewachsen. Klare Gegenstimmen von Beckstein und Huber aus Bayern

 

Von bpb-Korrespondent Joe F. Bodenstein

 

Eine unangenehme Überraschung mit türkischen Forderungen in Berlin: Der türkische Ministerpräsident Erdogan (links) mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am 8. Februar im Bundeskanzleramt.

Foto: bpa/Berlin

 

 

Berlin/Ankara (bpb) Der türkische Ministerpräsident Recep T. Erdogan hat bei einem Deutschlandbesuch im Februar 2008 bewirkt, dass in der deutschen Bevölkerung die Ablehnung gegen Türken und andere Muslime in der Bundesrepublik gestiegen ist. Im Gegensatz zu beschönigenden Reden von Politikern der CDU und SPD denkt „das Volk" nämlich anders, als in den Medien dargestellt wird. Erdogan betrieb in einer Veranstaltung vor 16.000 türkischen Landsleuten in Köln Wahlkampf für sich in der Türkei. Er forderte die in Deutschland lebenden Türken auf, sich nicht zu assimilieren. Ihre Heimat und Kultur liege in der Türkei.

Außerdem verlangte Erdogan im Verlauf seines Besuchs in Anwesenheit von Bundeskanzlerin Angela Merkel die Einrichtung von rein türkischen Universitäten und Schulen in Deutschland. Von dieser Idee wurde die CDU-Kanzlerin überrumpelt. Sie war vorher über einen solchen Vorstoß nicht informiert. In gemeinsamen TV-Aufritten wirkte die deutsche Regierungschefin wie von Erdogan „an die Wand gespielt".

Dieses für Deutsche beleidigende Medienspektakel hat bei vielen Bundesbürgern den Eindruck erweckt: Die Bundeskanzlerin ist dem geschmeidigen und sprachgewandten türkischen Ministerpräsidenten nicht gewachsen gewesen. Glücklicherweise kamen die ersten Gegenstimmen von der Bayerischen Staatsregierung. Ministerpräsident Günther Beckstein und CSU-Vorsitzender Erwin Huber machten dem Türken sofort klar: So geht das nicht!

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Hartmut Koschyk, widersprach ebenfalls entschieden dem Gehabe des türkischen Ministerpräsidenten auf der Massenkundgebung der „Union europäischer türkischer Demokraten" in der Kölnarena am 10. Februar 2008. Koschyk bekräftigte: „Deutsch ist der Schlüssel zur Integration!" Er forderte Erdogan auf, seine Äußerungen in der Bundesrepublik auch in deutsch übersetzen zu lassen. „Eine öffentliche Großveranstaltung in Deutschland, die von der deutschen Öffentlichkeit nicht verstanden werden kann und soll, betont das Trennende und nicht das Miteinander", bedauerte Koschyk.

Unheilvoll für das deutsch-türkische Verhältnis wirkte sich aus, dass beim Besuch Erdogans in Deutschland in einem nur von Türken bewohnten Haus in Ludwigshafen Feuer ausbrach und dabei neun Türken ums Leben kamen. Erdogan forderte vor Ort die türkischen Medien und die Menschen zwar auf, nicht zu voreiligen Beschuldigungen über eine mögliche fremdenfeindliche deutsche Brandstiftung zu kommen. Die Praxis sah jedoch anders aus. Türkische Medien schürten den Verdacht des Fremdenhasses und beschimpften Deutsche über 60 Jahre nach Kriegsende wegen ihrer Nazi-Vergangenheit.

 

 

Ein angenehmerer Staatsgast als der Türke Erdogan: Bundeskanzlerin Angela Merkel empfängt nach Erdogans Abreise den israelischen Premierminister Ehud Olmert im Bundeskanzleramt. Die Gespräche verliefen auf einer besseren Wellenlänge. Wie die USA sagte die deutsche Regierungschefin Israel umfassende Hilfe im Nahost-Konflikt zugesagt. Deutschland unterstütze die Bemühungen für eine Zwei-Staaten-Lösung, sagte Merkel nach einem Treffen mit Olmert.

Foto: bpb-berlin

 

Ein Moslem-Politiker in USA--was wäre dann los ?

Auch in diplomatischen Kreisen in Berlin wird das „arroganten und ungebremste Verhalten" Erdogans in Deutschland als unmöglich betrachtet. Man stelle sich vor, ein moslemischer Regierungschef kommt in die USA, fordert dort im Beisein des US-Präsidenten moslemische Schulen und Universitäten und ruft Muslime auf, sich auf keinen Fall in die US-Gesellschaft integrieren zu lassen, sondern ihre eigene Sprache und Tradition zu pflegen. Im Falle des türkischen Regierungschefs Erdogan hätte man ihn vermutlich zum Verlassen der USA aufgefordert und eine Wiedereinreise in Frage gestellt.

In Deutschland sind etwa acht Millionen der Bevölkerung legale und illegale Ausländer. Das entspricht etwa zehn Prozent. Die meisten von ihnen, über 25 Prozent, sind Türken. Diese explosive Entwicklung des türkischen Bevölkerungsanteils war nie so geplant. Als nämlich Türken nach Kriegsende 1945 in die (westliche) Bundesrepublik als „Gast-Arbeiter" kamen, so sollten diese nach 2-5 Jahren wieder in die Heimat zurückkehren.

tatsächlich haben die aus ärmsten Verhältnissen stammenden Türken das Leben in Deutschland attraktiver gefunden als in ihrer rückständigen Heimat. Sie ließen rasch ihre kinderreichen Familien nachkommen. Dies hat zu einer großen finanziellen Belastung des deutschen Sozialsystems bis in die Gegenwart geführt. Heute lebt in Deutschland schon die 4. Generation. Viele von ihnen sprechen immer noch nicht deutsch, weil sie es gar nicht lernen wollen.

 

Aktuelle Lage des deutsch-türkischen Verhältnisses

Das provokative Auftreten von Ministerpräsident Erdogan hat in der deutschen Bevölkerung alte Ressentiments bestärkt: die Türken, die sich nicht eingliedern wollen, sollen schnellstens zurückkehren. Niemand hält sie in Deutschland.

Anders als die offiziellen Äußerungen von Regierungspolitikern darzustellen versuchen, hält sich in der Bevölkerung der Eindruck: Die muslimischen Türken wollen einen Staat im Staat bilden, der zunehmende Bau von Moscheen in Deutschland widerspricht dem religiösen christlich-abendländischem Empfinden.

Im Übrigen wird die Ansicht vertreten: Türken kaufen vorwiegend nur bei Türken ein, die Bedeutung der Steuerzahlung türkischer Geschäfte wird gering geschätzt, weil „die Türken alles über das Ausland abwickeln". Die Türken unterdrücken Frauen und schlafen bevorzugt mit deutschen Mädchen. Ihre eigenen Frauen sind tabu.

Äußerungen von Ministerpräsident Erdogan zur religiösen Toleranz, zu Respekt vor Sprache und Kulturen sowie zur Zusammenarbeit wirken in der deutschen Bevölkerung eher unglaubwürdig. Als Gegenargument wird genannt: In der Türkei werden die Kurden unterdrückt, es gibt keine Religionsfreiheit sondern vielmehr eine „Christen-Verfolgung". Die katholische und evangelische Kirche dürfe keine öffentlichen Gottesdienste abhalten.

 

Kein Beitritt zur EU in Sicht

Erdogan hat mehr Hass als Vertrauen bewirkt, heißt es. Das öffentliche Verhalten und das politisch-muslimische Denken der Türkei schließt einen Beitritt zur Europäischen Union und ihrer transatlantischen Wertegemeinschaft aus. Die Türkei sei mit drohendem religiösen Fanatismus ein unzuverlässiger Partner für den Westen und die USA.

Erdogan habe ganz aktuell der traditionellen deutsch-türkischen Freundschaft geschadet. Nachteile haben bedauerlicherweise nun die vorbildlichen Bundesbürger türkischer Herkunft, die es durch Leistung und Intelligenz zu höchsten Positionen und auch als Abgeordnete in den Deutschen Bundestag, die Parteien und Länderparlamente geschafft haben.

Trotz allem Unmut über Erdogan gaben sich führende deutsche Politiker souverän und versöhnlich. Der bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) sprach von nationalistischen und unerfreulichen Tönen. Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck sagte, Integration bei Beibehaltung der eigenen Kultur sei kein Verstoß gegen die Menschenwürde. Nicht einverstanden sei er aber mit der Äußerung Erdogans zur Assimilation.

 

Türkische Partei in Deutschland ?

Beckstein warnte nachdrücklich vor Tendenzen zur Gettobildung in Deutschland mit Unterstützung der Türkei: "Da müssen wir noch einmal sehr offen und ernst mit der türkischen Regierung reden."

Auch mit seinem Vorstoß nach türkischsprachigen Schulen und Universitäten in Deutschland stößt Erdogan weiter auf Ablehnung. Bundeskanzlerin Merkel sagte, sie habe keine Einwände gegen deutsch-türkische Gymnasien und Türkisch als Fremdsprache. Es gehe jedoch nicht an, "dass türkische Lehrer jetzt nach Deutschland kommen, um mit den hier lebenden türkischstämmigen jungen Leuten Unterricht zu machen".

Bayerns Europaminister Markus Söder (Berlin) hielt Erdogan vor, ihm gehe es einzig darum, Politik von Ankara aus zu machen. Er halte es für möglich, dass Erdogan mit seinen Äußerungen den Weg für eine türkische Partei in Deutschland bereiten wolle", sagte der CSU-Politiker der Zeitung "Die Welt". Die Integrationsprozesse würden damit aber in die gegenteilige Richtung laufen, warnte Söder.

 

 

© PROMETHEUS 128/2008

PROMETHEUS, Internet Bulletin - News, Politics, Art and Science. Nr. 128, February 2008