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Birgit Sewekow: Ich über mich

Eine Hommage zum 65. Geburtstag der Malerin und Bildhauerin

 

Von B. John Zavrel

 

 

Birgit Sewekow bei ihrer Ansprache an die Gäste des Festaktes im Museum Europäische Kunst Schloss Nörvenich (NRW, Bundesrepublik Deutschland). Die authentische Rede gehört zu Künstler-Aussagen der Kategorie: Ich über mich.

Foto: Patrick Bodenstein

 

 

 

Bonn/Növenich (bpb) Die Europäische Kultur Stiftung (Deutschland) hat die Malerin und Bildhauerin Birgit Sewekow mit einer Jahresausstellung 2011 zum 65. Geburtstag geehrt. Beim Festakt im Museum Europäische Kunst auf Schloss Nörvenich (Kreis Düren, NRW) mit EKS-Präsident John G. Bodenstein, dem früheren Vize-Kultur-Staatsminister von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem Bildhauer Kurt Arentz hat die Künstlerin selbst über ihr Schaffen sowie die Motivation für ihre künstlerische Arbeit gesprochen.

Das Internet-Bulletin „PROMETHEUS" veröffentlicht den schriftlichen Text der Rede als Dokumentation im vollen Wortlaut.

 

Ausstellung Birgit Sewekow im Museum Europäische Kunst in Schloß Nörvenich am 15.Mai 2011 um 14.00 Uhr

 

1.Begrüßung

Guten Tag, meine Damen und Herren; ich begrüße Sie herzlich zur Ausstellungseröffnung und freue mich, dass Sie so zahlreich gekommen sind. Zuerst danke ich dem Schlossherrn, Herrn Bodenstein, dass ich nunmehr zum 3. Mal hier eine Einzelausstellung haben kann. Mein Dank gilt Herrn Prof. Schäfer für seine Rede, Herrn Lajos Tar für seine musikalische Darbietung und sehr herzlich meinem Mann für die immerwährende Hilfe und Unterstützung.

Ich beginne mit einigen allgemeinen Bemerkungen zu meiner Malerei und Bildhauerei. Anschließend stelle ich einige Werke kurz vor.

 

2. Zur Malerei:

Sie hat mich &endash; unterstützt und inspiriert durch meine Eltern &endash; von Kindheit an beschäftigt. Sie hat mich durch meine verschiedenen Lebensabschnitte begleitet und mit zunehmender Intensität meinen Lebensinhalt erweitert und bereichert.

Malerei ist für mich die abstrahiert gegenständlich gefasste Sprache geistiger und gefühlsmäßiger Auseinandersetzung mit Vielfalt und Schönheit des Lebens, der Natur und Kultur jenseits aller Vergänglichkeit.

Charakteristisch für meinen Malstil ist meines Erachtens die völlig freie Wahl der Farben unabhängig vom Augenschein. Dabei kommt jedem Gegenstand im Bild, jedem Inventar eine seinen Rang charakterisierende Farbe zu. Der Struktur des Aufbaus entsprechen Farbklänge; Akkorde fügen sich zu einer Farbsymphonie.

Der malerische Duktus zeigt inneres Feuer und Lebensengagement.

 

 

Themen der Bilder: Landschaften, Gebäude, Akte, Tiere, Stillleben, Porträts, allegorische Darstellungen.

Themen der Plastiken: Statuen, Torsi und Porträtköpfe.

Techniken: Öl, Acryl, Aquarell, Pastelle in Kreide und Öl, Tusche, Rötel sowie Mischtechniken werden für Gemälde und Graphik (Monotypien) auf verschiedenen Trägern (Leinwand, Papier, Druckplatten, Marmor) genutzt. Die Wahl der Technik für ein Werk richtet sich nach den malerischen Zielen, dem angestrebten Bildausdruck. Meine Plastiken modelliere ich in Ton, von denen dann ein Bronzeguss erstellt wird.

 

Wesentliches künstlerisches Ziel ist, in vertiefter Auseinandersetzung mit Themen Zyklen zu schaffen, die meine Empfindungen und Erkenntnisse hierzu ausdrücken, wie zu(r)/ von

Religion (z.B. Christus-/ Totentanz-Zyklus),

Mythologie (z.B. Gilgamesch als ältestem verschrifteten Mythos)

Weltliteratur ( z. B. Faust-, Dante-, Don Quichote-Zyklus)

Historische Persönlichkeiten (z.B. Alexander d. G., Martin-Luther)

Reisen in viele Länder der Erde einschließlich Deutschland zu bedeutenden Stätten (z. B. südindische Tempel, Kölner Dom u. a. heilige Orte) samt Schönheiten der Natur und des jeweiligen Kulturraumes. Besonders sollen Stimmungen und Lichtverhältnisse charakterisierter Sehenswürdigkeiten deutlich werden.

Archäologische Grabungen (Qatna, Tell Sheh Hamed, Insel Elephantine), an denen mein Mann und ich teilgenommen haben

Aber auch: Waldspaziergänge, Wege, Gärten sowie Akte.

 

3. Zur Ausstellung

Die Ausstellung umfasst etwa 200 Werke aus den Jahren 2001-2011. Die Gemälde, Aquarelle und Graphiken befinden sich in den Räumen des Schlosses sowie im Rittersaal. Die Hängung folgt entsprechend der Gliederung der Ausstellung. Siehe Informationsblatt: Landschaften, Stillleben, Reiseimpressionen, Akte, Bauwerke, Dante- und Don Quichote-Zyklus sowie Radierungen, Farblinolschnitte und übermalte Photos, Bilder auf Marmor). Die Skulpturen sind auf verschiedene Räume verteilt. Zu den Zyklen gibt es in den Ausstellungsräumen positionierte Erläuterungen.

 

4. Erläuterungen einiger Werke

 

4.1 Landschaften

Hier im Saal sind Ölgemälde aus den Jahren 2003-2010 ausgestellt. Ihnen gemeinsam ist die

- völlig freie Wahl der Farben

- meine Liebe zur Natur ausdrückende Darstellung der Pflanzenwelt.

4.1.1Angkor, die größte und großartige Tempelanlage der Welt, habe ich wiederholt mit meinem Mann besucht und die an den archäologischen Bereich heranreichende subtropische, mit Palmen durchsetzte Landschaft auch als besonders reizvolles Motiv empfunden. Der Betrachter wird unausweichlich in die mit sich fast versteckenden roten Häusern akzentuierte, mit Wegen und Pfaden durchsetzte Landschaft hineingezogen. Der Blick wird auf einen überwachsenen sich schräg in den Bildraum ziehenden Bachlauf geführt, den eine rotorangefarbene Brücke überspannt. Grün-, Blau- und Beigetöne dominieren.

4.1.2 Lichter Nachmittag: Das großformatige Ölgemälde zeigt eine von Spazierwegen durchzogene baumbestandene Landschaft, in stimmungsvolles Nachmittagslicht getaucht. Die rechte Bildhälfte gestaltet ein sich vom Vorder- in den Mittelgrund schlängelnder Bachlauf. Der Hintergrund ist von durchlichteten Hügeln gesäumt. Jede Wegwahl ist reizvoll. Dies wird auch durch die unterschiedlichen Farbschwerpunkte angedeutet: Links dominieren hellere Töne, rechts dunklere.

4.1.3 Porquerolles: Die landschaftlich schöne Insel an der Cote Azur, Toulon vorgelagert, lädt ein zum Wandern und Verweilen in der waldreichen Mittelmeerlandschaft. Im Vordergrund des Gemäldes dominieren durch Winde schräg stehende Kiefern. Diese sind Teil einer von Wiesen und Waldstücken durchsetzten Landschaft. Der Hintergrund zeigt das am Horizont in den Himmel übergehende Mittelmeer. Die Farben spiegeln einen Tag im gleißenden Sonnenlicht wieder. Sie assoziieren eine gewisse damals empfundene Leichtigkeit des Seins.

 

4.2 Reisezyklen

Nacherlebt sind Reisen durch den vorderen und mittleren Orient, z. B. Ägypten, Jordanien, Syrien, Türkei, Persien, Indien, Kambodscha, Vietnam sowie Europa. Die Aquarelle sind z. T. vor Ort entstanden.

 

4.3 Akte

Einen Schwerpunkt meiner Malerei bilden seit 2003 Akte. Diese entstehen alle nach dem stehenden Akt, z. gr. T. in der Kunstakademie Düsseldorf (Akte oft Studenten der Folkwang-Akademie).

 

Auf der Einladung ist ein Beispiel wiedergegeben: „Träumendes Mädchen". Sie sehen die Darstellung des Körpers in völlig freier Farbwahl. Die Dargestellte ist in sich gekehrt, nachdenkend, in sich ruhend. Sie fügt sich harmonisch in den sie umgebenden Bildraum ein. Dies kommt durch Farbwahl und Linienführung zum Ausdruck. Rot- und Grüntöne in verschiedenen Farbwerten dominieren in den Körperfarben, im Kontrast akzentuiert von Royalblau und Gelbtönen. Der Körper setzt sich ab gegen den gestreiften Sessel. Farben nach-mittäglichen Lichts unterstreichen die versonnene Stimmung.

 

 

Das Bronzeporträt „Goethe" in der Interpretation von Birgit Sewekow. Die Künstlern erläutert die im Museum ausgestellten Arbeit Prof. Dr. Hermann Schäfer. Er hielt die Laudatio beim Festakt.

Copyright: Foto Patrick Bodenstein

 

 

4.4 Plastiken

Seit etlichen Jahren entstehen als weiterer künstlerischer Schwerpunkt Plastiken. Damit erfülle ich mir einen langgehegten Wunsch, Gedanken und Empfindungen auch dreidimensional auszudrücken. Themen: Statuen, Torsi und Porträtköpfe. Die Statuen und Torsi, in verschiedensten Positionen, sind oft nach dem stehenden Modell gearbeitet.

 

Der Stil ist expressionistisch. Die Oberfläche der Plastiken ist bewegt, als Ausdruck innerer Bewegtheit der Dargestellten. Ziel ist, das Typische der Bewegung zu erfassen und den fruchtbaren Moment zu charakterisieren, aus dem heraus der weitere Bewegungsvorgang erkennbar wird. Die Plastiken sollen anhand der Gestik das Lebensgefühl ausdrücken sowie Anmut und Grazie beschreiben. Absichtlich haben die Statuen kein Gesicht. Kopf, Hände und Füße sind nicht ausformuliert. Sie muten floral an und weisen auf die Einbettung des Menschen in die Natur hin. Die Gestaltung des Kopfes und der Glied-maßen folgt aus der Bewegungsrichtung sowie dem Bewegungsablauf des Körpers und soll den Blick auf die Bewegungsachsen konzentrieren. Trotz dieser Selbstbeschränkung in der Gestaltung wirken die Plastiken nicht unvollständig, sondern in sich stimmig.

 

Ein Beispiel ist die in der Einladung abgebildete Venus, ein Torso. Auf einem Sockel positioniert, zeichnet sie sich durch eine stark gedrehte Wirbelsäule aus. Dadurch werden ihre Weiblichkeit sowie ihre Ausstrahlung betont. Sie erscheint dem Betrachter zugewandt und sprechend. Die floral wirkenden angedeuteten Extremitäten unterstreichen die Lebendigkeit. Eine lebhafte Patina der Venus - Grautöne mit Blattgoldsplittern - erweckt die Assoziation eines geborgenen archäologischen Fundes. Dazu trägt der in Grautönen gehaltene Sockel bei.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit (Ende).

 

 

 

Copyright 2011 PROMETHEUS

PROMETHEUS, Internet Bulletin for Art, News, Politics and Science, Nr. 166, May, 2011