Rote Rosen auf dem Sarg von Leni Riefenstahl bei der Feier am Freitag, 12. September 2003 in München. Gespielt wurde Musik von Richard Wagner aus der Oper Tannhäuser und aus Riefenstahl-Filmen. Ein Porträtbild von Eugene Spiro erinnerte an die Verstorbene. Sie hatte die Einzelheiten der Feier selbst festgelegt: Es wurden keine Einladungen verschickt. Es sollte kommen, wer sie mag.
München/Berlin (bpb) Die Regisseurin Leni Riefenstahl ist tot. Die bewunderte und umstrittene Künstlerin starb zwei Wochen nach ihrem 101. Geburtstag am Montagabend, 8. September 2003, in ihrem Haus am Starnberger See. Frau Riefenstahl war die bekannteste Filmregisseurin der Welt. Dazu trugen u.a. ihre Filme bei, die sich im Dritten Reich im Auftrag von Adolf Hitler schuf. Lebenslang und über ihren Tod hinaus wird die ungewöhnliche Frau wegen ihrer Nähe zur NS-Führung kritisiert. Die Regisseurin, Schauspielerin und Tänzerin betonte bis zum Lebensende, sie habe ausschließlich der Kunst gedient .
Unter den über 500 Trauergästen sah man unter anderen auch Medienunternehmer Leo Kirch, die bayerische TV-Moderatorin Antje-Katrin Kühnemann und den Präsidenten der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO), Steffen Kuchenreuther. Leni Riefenstahl hat ausdrücklich gewünscht, nach ihrem Tod verbrannt zu werden. Diese Entscheidung wurde ihr von Kritikern als Treue zum Führer vorgehalten, dessen Leichnam nach dem Freitod ebenfalls verbrannt wurde. Auch Hitlers engste Sekretärin Gerda Christian (Dara) erhielt vor einigen Jahren eine Feuerbestattung. Die Asche der getreuen Gefolgin Hitlers wurde im nordischen Meer" in verstreut.
Eingeschlafen um 22.50 Uhr
Riefenstahls langjähriger Kameramann Horst Kettner berichtete, sie sei gegen 22.50 Uhr sanft eingeschlafen. «Ihr Herz ist einfach stehen geblieben.» Riefenstahl hatte vor wenigen Monaten eine Krebsoperation. Seit Jahren litt sie unter ständigen Schmerzen.
Der Tod der weltberühmten Filmemacherin ist mit Bestürzung aufgenommen worden. Politiker und Kulturschaffende würdigten sie als bedeutende Künstlerin. Die deutsche Kulturstaatsministerin von Bundeskanzler Gerhard Schröder, Christina Weiss, sagte in Berlin, in Riefenstahls Lebensweg sei auf tragische Weise die Verbindung von Kunst und Politik sichtbar geworden. Niemand werde Riefenstahl absprechen, dass sie mit ihrem Talent filmische Mittel gefunden habe, die inzwischen zum ästhetischen Kanon gehörten.
Der bayerische Kunstminister Hans Zehetmair würdigte Riefenstahls ästhetische Vorstellungen als «bahnbrechend».
Der ehemalige Präsident des Goethe-Instituts, Hilmar Hoffmann, bezeichnete Riefenstahl als eine Künstlerin, die mit ihren Filmen vielen Regisseuren der Welt ein ästhetisches Vorbild gewesen sei. Während andere Filmschaffende der NS-Zeit nach dem Krieg weiter hätten arbeiten dürfen, sei Riefenstahl in Acht und Bann geblieben. In den USA und in Frankreich gelte sie als großes Vorbild im Bereich Dokumentarfilm. Für Riefenstahl selbst habe immer die Ästhetik im Vordergrund gestanden. «Der Schönheitsbegriff war für sie wichtiger als die politischen Folgen dieser Idealisierung.»
Das Schicksal der Verstorbenen gleicht nach Ansicht von Zeitzeugen in vielen Dingen dem Bildhauer Arno Breker. Weltweit als bedeutendster Künstler der klassischen Tradition im XX. Jahrhundert verehrt, wird der 1991 verstorbene Bildhauer in Deutschland von Kunsthistorikern, Museen und Politikern bekämpft. Dies hat jedoch die Bewunderung der Menschen für Breker und die Begeisterung der jungen Generation für die Werke des Künstlers weltweit nicht geschwächt. Bücher und Filme von und Über Breker und Riefenstahl finden großes Interesse.
Copyright 2003 West-Art, Prometheus 89/2003